Vom Schwert durchbohrt Wie Dürer zum neuen Bauernkrieg-Denkmal in Mühlhausen inspirierte
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06. April 2025, 13:05 Uhr
In Mühlhausen ist am Samstag ein besonderes Denkmal enthüllt worden: An den Bauernkrieg vor 500 Jahren erinnert nun eine sieben Meter hohe Säule vor der Kirche auf dem Kornmarkt. Auf ihr sitzt ein Bauer mit Schwert im Rücken. Die Idee zu dieser Bronze-Skulptur lieferte kein geringerer als der Renaissance-Künstler Albrecht Dürer mit einer Skizze, die einem Passionsbild gleicht. Bis zur Realisierung des Kunstwerks brauchte es sechs Jahre, einen Spendenmarathon und viel Überzeugungsarbeit. Nun könnte es ein Wahrzeichen der Stadt in Thüringen werden, die 2025 auch die Landesausstellung zum Thema ausrichtet.
- In Mühlhausen ist am Samstag ein sieben Meter hohes Bauernkrieg-Denkmal auf dem Kornmarkt enthüllt worden.
- Die Idee dazu lieferte eine Skizze des Renaissance-Künstlers Albrecht Dürer (1471–1528), die einen Bauern mit Schwert im Rücken zeigt.
- Der Freundeskreis der Mühlhäuser Museen und private Spender überzeugten am Ende auch die Stadt von der Idee, deren Realisierung sechs Jahre dauerte.
Dieses Denkmal hat das Zeug zum Wahrzeichen, es wird ein wichtiger Ort sein, an dem sich Touristen fotografieren, meint Thomas T. Müller während eines Gesprächs mit MDR KULTUR im Vorfeld der Enthüllung am Samstag. Das Denkmal steht auf dem Kornmarkt vor der Kirche, in der sich heute das Bauernkriegsmuseum befindet. Als ehemaliger Direktor der Mühlhäuser Museen hatte der Historiker 2018 die Idee zu der Säule in Erinnerung an den Bauernkrieg, der vor 500 Jahren auch an Schauplätzen in Thüringen tobte.
Bauernkrieg: Landesausstellung 2025 in der Stadt
2025 wird an das Jubiläum mit einer großen Landesausstellung in der Stadt erinnert – daran, wie sich die deutschen Bauern gegen die Unterdrückung durch Adel und Kirche auflehnten, an die blutigen Auseinandersetzungen in ihrem Kampf um mehr Rechte und bessere Lebensbedingungen, der schließlich niedergeschlagen wurde. Einer seiner Anführer, der radikale Reformer Thomas Müntzer, wurde im Mai 1525 in Mühlhausen hingerichtet.
Dürer-Skizze inspiriert zu Denkmal in Mühlhausen
Wie sich Mühlhausen mit dem Thema auseinandersetzen könnte, hatte sich Müller in Vorbereitung auf das Jubiläum gefragt. Ein Zufall brachte ihn auf die Idee. Als er in Dürers Lehrbuch für Kunst und Geometrie blätterte, fand er die Skizze für eine Säule: Darauf sitzt ein Bauer gebeugt, mit den Ellenbogen auf den Knien, in derselben Pose wie in Dürers Holzschnitt "Christus in der Rast".
Der Bauer hat ein Schwert im Rücken. Zu seinen Füßen: ein Hühnerkorb, Getreideähren, Gerätschaften aus dem bäuerlichen Leben wie Heugabel und Dreschflegel, eine Milchkanne und ein Butterfass. Wie Dürer sich zum Bauernkrieg positioniert hat, ist nicht ganz klar. Es gibt jedoch Aufzeichnungen, in denen er den Kampf der leidenden Bauern mit der Passion Christi vergleicht.
Die sieben Meter hohe Säule ist auf dem Kornmarkt in Mühlhausen so aufgestellt, dass der darauf sitzende Bauer der Kirche den Rücken zuwendet. Diese Positionierung ist absichtlich gewählt, wie Müller betont, so wie das Schwert im Rücken deute sie auf den Verrat der Kirche an den Bauern.
Sechs Jahre Ringen um eine Idee und Spendenmarathon
Für seine Idee fand Müller im Freundeskreis der Mühlhäuser Museen mit dem Vorsitzenden Michael Scholl und im Rotary Club weit über Mühlhausen hinaus Unterstützung. In der Stadt musste laut Müller einiges an Überzeugungsarbeit geleistet werden. Dafür habe sich vor allem Michael Scholl engagiert. Schließlich beteiligte sich auch die Kommune mit 100.000 Euro an dem Vorhaben, das am Ende 250.000 Euro kostete.
Bei der Auswahl des ausführenden Künstlers hatte Müller sofort einen Kandidaten im Kopf: Timm Kregel aus Gorsleben im Kyffhäuserkreis, dessen Arbeiten er aus zuvor gemeinsam veranstalteten Ausstellungen kannte. Der Vorsitzende des Freundeskreises der Mühlhäuser Museen, Scholl, fand die Wahl "goldrichtig", auch weil Kregel als Generalist und speziell als Puppenbauer mit vielen Werkstoffen wie Metall oder Holz umgehen könne. An der Kunsthochschule Burg Giebichenstein in Halle habe er eine breite Ausbildung erfahren.
Kunst und Geschichte in Thüringen entdecken
Müller betont, dass sich Kregel komplett der Skizze Dürers habe unterordnen müssen und sich nicht in den Vordergrund drängen durfte. Die Herausforderung sei es gewesen, die originale, aber eben zweidimensionale Skizze aus Dürers Lehrbuch in eine dreidimensionale Skulptur zu verwandeln. Das bedeutete für Kregel: viel Studium von Originalwerken, um den Entwurf nach dem Vorbild anderer Renaissance-Plastiken aus der Zeit zu fertigen. Dafür reiste er bis nach Italien, etwa um sich Werke von Riemenschneider aus der Zeit anzuschauen. Timm Kregel stand von Anfang an 100 Prozent hinter dem Projekt und spricht von einer "unglaublichen Aufgabe" und einer "Riesen-Ehre". Akribisch arbeitete er vier Jahre an der Umsetzung.
Nun ist es vollbracht. Die sieben Meter hohe Säule aus Bronze wurde am Samstag auf dem Kornmarkt in Mühlhausen enthüllt. Kregel meinte, er sei sprachlos. Auch Michael Scholl vom Freundeskreis zeigte sich gerührt und erklärte im Gespräch mit MDR KULTUR, es sei gewaltig, dass es gelingen konnte, so viele unterschiedliche Menschen aus der ganzen Republik für die Realisierung zusammenzubringen. Obwohl anfangs viele in Mühlhausen noch dagegen gewesen seien, habe sich eine sachliche Debatte entwickelt. Sein Wunsch: "So sollten wir zukünftig alle miteinander umgehen."
Quelle: MDR KULTUR (Benjamin Voßler), Redaktionelle Bearbeitung: ks
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR aktuell | 05. April 2025 | 19:30 Uhr