Szene aus Weihnachten bei Hoppenstedts: Vater Hoppenstedt und Mutter Hoppenstedt bringen Geschenke, die sie unter den Baum mit schiefen Kerzen legen. 3 min
"Naturfrisch und umweltfreundlich" Bildrechte: Radio Bremen/Screenshot "Weihnachten bei Hoppenstedts", erweitert durch generative KI (Adobe Firefly)
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Nordmanntanne oder Plastikbaum – das ist fast schon eine Frage des Glaubens. Plastik ist wiederverwendbar – aber auch nachhaltig? Also: Ein für allemal, was ist denn nun besser? von Florian Zinner

MDR AKTUELL Sa 14.12.2024 07:47Uhr 02:51 min

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Weihnachtsbaum-Ökobilanz Plastiktanne oder natürlicher Nordmann? Das ist besser für Klima und Umwelt

14. Dezember 2024, 10:00 Uhr

Nordmanntanne oder Plastikbaum – das ist nicht nur eine Jahresendfrage, sondern fast schon eine des Glaubens. Plastikverfechtende argumentieren, dass so natürliche Bäume weiterleben dürfen. Auf der anderen Seite passt Plastik überhaupt nicht zum Thema Umwelt- und Klimaschutz. Also: Ein für allemal, was ist denn nun besser?

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Es ist die wohlweislich gemütlichste Zeit des Jahres, aber diese Zahlen tragen nun wirklich so gar keine Gemütlichkeit in sich: Mehr als ein Drittel der Deutschen möchte dieses Jahr keinen Weihnachtsbaum aufstellen. Das ergab zumindest eine Erhebung des Meinungsforschungsinstituts YouGov. Und eine ähnliche Untersuchung vor zwei Jahren hat gezeigt: Von denen mit Baum wählt ein Drittel die Plastikvariante. Was sich abermals als Ungemütlichkeitskriterium abtun lässt, könnte pragmatische Gründe haben – oder an der Hoffnung liegen, den nachhaltigeren Festschmuck getroffen zu haben.

Welche Ökobilanz haben Weihnachtsbäume?

Niels Jungbluth bevorzugt zumindest einen echten Baum – und zwar direkt aus dem Wald. Mit seinem Schweizer Beratungsbüro ESU erstellt er Ökobilanzen für Unternehmen, Organisationen und Behörden. Und für Weihnachtsbäume. "Also in der Ökobilanz schaut man sich den gesamten Lebenszyklus von Produkten an, um die Umweltbelastungen zu bilanzieren und auszuwerten", erklärt Jungbluth. Für den Weihnachtsbaum ist es dabei nicht nur wichtig zu betrachten, wie er gewachsen ist oder hergestellt wurde. Sondern auch, was danach passiert ist. Vor allem der Transport bis in die Weihnachtsstube zahlt erheblich auf die Ökobilanz mit ein.

"Bei den angebauten Plantagenbäumen sind zum Beispiel auch Pestizide ein relevanter Faktor und Dünger, der eingesetzt wird. Oder bei Plastikbäumen sind es dann zum Beispiel die Rohstoffe wie Erdöl, die in das Plastik gehen, die in der Bilanz auch mit berücksichtigt werden." Jungbluth und sein Team kommen zu dem Ergebnis, dass der Waldbaum aus der Region in der Regel eine umweltfreundliche Variante ist, weil er mit kurzen Transportwegen und ohne Pflanzenschutz auskommt. Letztendlich ist aber jeder Baum und feiertägliche Anwendungsfall individuell zu bewerten. Das wissen auch die Schweizer Ökobilanzierenden und haben ihren Rechner deshalb öffentlich zugänglich gemacht – für alle, denen beim wilden Zahlenschubsen in der Tabellenkalkulation nicht schwindelig wird.

Weihnachtsbaum mieten?

Aus dieser Tabelle geht auch hervor, dass die brilliante Idee, einen Baum im Topf zu mieten, mit einer besonderen Klimabelastung einhergeht: nämlich die Lagerung in einer Lagerhalle. Den Plastikbaum verteufeln möchte Niels Jungbluth hingegen nicht: "Wenn man ihn dann eben auch wirklich lange benutzt, kann das durchaus auch eine mögliche Option sein." Wie lange der künstliche Baum in Gebrauch sein muss, ist stark von Faktoren wie Produktionsort und Material abhängig. In Jungbluths Weihnachtsbaumrechner – eigentlich der einer Kollegin – ist "von wenigen Jahren" die Rede. Das britische Beratungsunternehmen Carbon Trust legt Zahlen vor, die darauf schließen lassen, dass die Plastiktanne mindestens zehn Jahre lang genutzt werden müsste. Eine kanadische Untersuchung kam indes vor einigen Jahren zu dem Schluss, dass es bis zu zwanzig Jahre Nutzungsdauer sein sollten. Hut ab, wenn ein Plastikbaum dann noch die ästhetische Grundvoraussetzung liefert.

Alternativer Weihnachtsbaum: Metall, Pappe, Holz

Für experimentierfreudige Festtagsfreunde gibt es aber noch weitere Varianten, die auf einen Versuch ankommen. Etwa die Möglichkeit, auf ein Metallbäumchen umzustellen. Umstellen, weil das hinsichtlich Klimabilanz eine Entscheidung für die kommenden Jahrzehnte sein dürfte. Gerade in der Stahlindustrie fallen erhebliche Emissionen an. Wie hoch die sind, hängt selbstverständlich von der Größe des Bäumchens und des Materialeinsatzes ab. Besser abschneiden dürfte da die Variante aus Pappe eines Pappmöbelherstellers. Lässt sich bei Bedarf auch grün anstreichen. Fast schon ein Geniestreich ist ein Holzgestell, das sich Jahr für Jahr mit frischem Grünschnitt bestücken lässt. Dafür braucht's zwar Geduld und Spucke und ein Taschenmesser, aber der Geberbaum darf immerhin weiterwachsen. In der Wohnstube riecht es mitunter trotzdem nach Harz.

Keine positive Klimawirkung von Weihnachtsbäumen

Auch wenn sie von der Ökobilanz her ganz gut abschneiden, sollte die klimapositive Wirkung der natürlichen Bäume nicht überschätzt werden, sagt Niels Jungbluth. "Die CO2-Speicherung sehen wir als sehr gering an. Der Baum wächst hier nur ungefähr zehn Jahre." Und wird danach verbrannt oder kompostiert, was das gespeicherte CO2 wieder freisetzt. Um dem Klimawandel etwas entgegenzusetzen, wäre aber eine sichere Speicherung über hunderte Jahre erforderlich. (Pflanzenkohle aus gebrauchten Weihnachtsbäumen – mit Verlaub, das wär's.)

Niels Jungbluth betont, dass der Baum für ein klimafreundliches Fest auch gar nicht so entscheidend ist: "Viel wichtiger ist, was drunter liegt. Also die Geschenke, die da drunter liegen, verursachen in der Regel wahrscheinlich deutlich höhere Umweltbelastungen." Hier lohne es sich besonders, auf nachhaltige und langlebige Geschenkideen zu setzen. Auch bei einem Weihnachtsessen mit erheblichem Fleischanteil sei die Umweltbelastung höher als durch den Baum. Und wenn der dann noch möglichst lange steht: Umso besser. Immerhin stellt ihn fast die Hälfte der Deutschen mit Weihnachtsbaum schon vor dem eigentlichen Fest auf, manche sogar schon vor dem ersten Advent. Alternativ eben lange stehen lassen und noch den ganzen Januar Spaß unter der Nordmanntanne haben.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 14. Dezember 2024 | 07:47 Uhr

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