Amputation bei Verwundung: Eine Ameise beißt einer verletzten Artgenossin ein Bein ab. Danach versorgt sie die Wunde durch Belecken.
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WISSEN-NEWS Ameisen amputieren verletzte Gliedmaßen von Artgenossen

04. Juli 2024, 10:58 Uhr

Die Florida-Holzameisen behandeln ihre Artgenossen je nach Verletzungsgrad unterschiedlich bis hin zu einer Amputation von Gliedmaßen. Die Methoden ähneln dabei denen der menschlichen Medizin und weisen eine große Erfolgsrate auf.

Ein deutsch-schweizerisches Forschungsteam berichtet über medizinische Maßnahmen bei Ameisen, mit denen sie ihren Artgenossen das Leben retten. Die Florida-Holzameisen (Camponotus floridanus) amputieren vorsorglich Gliedmaßen, um das Leben verwundeter Artgenossinnen zu retten. Bei bestimmten Verletzungen an den Beinen beißen sie diese komplett ab. 

Der rabiate Eingriff verhindert, dass sich lebensgefährliche Wundinfektionen im Körper der Ameisen ausbreiten. Rund 90 Prozent der amputierten Tiere überleben die Behandlung. Trotz des Verlusts eines ihrer sechs Beine können sie danach ihre Aufgaben im Nest wieder im vollen Umfang übernehmen.

Amputiert wird jedoch nur bei verletztem Oberschenkel – egal, ob die Wunden steril oder mit Bakterien infiziert sind. Befinden sich die Wunden dagegen am Unterschenkel, wird niemals amputiert. Stattdessen treiben die Ameisen in solchen Fällen einen höheren Aufwand bei der Pflege der Verwundeten und lecken die Wunden intensiv aus. Vermutlich befreien sie sie damit auf mechanischem Weg von Bakterien. Auch diese Therapie ist mit einer Überlebensrate von rund 75 Prozent relativ erfolgreich. 

Amputationen am Unterschenkel haben keinen vergleichbaren Effekt

Um herauszufinden, warum die Ameisen bei Unterschenkelverletzungen keine Amputationen anwenden, hat das Forschungsteam diese selbst bei verwundeten Ameisen (bei denen die Unterschenkel bakteriell infiziert waren) vorgenommen. Die Überlebensrate nach der Amputation lag bei nur 20 Prozent.

Computertomografische Untersuchungen zeigten, dass im Oberschenkel der Ameisen viele Muskeln sitzen, deren Aktivität für die Zirkulation des Ameisen-Blutes sorgt, der Hämolymphe. Ameisen besitzen kein zentral pumpendes Herz wie Menschen, sondern mehrere über den Körper verteilte Herzpumpen und Muskeln, die diese Funktion übernehmen.

Im Unterschenkel dagegen liegen keine Muskeln, die für die Zirkulation der Hämolymphe relevant sind. Ist er verwundet, dringen die Bakterien zügig in den Körper vor. Das Zeitfenster für eine erfolgreiche Amputation ist dann eng, die Chance auf Rettung gering.

Die in der Studie untersuchte Ameisenart Camponotus floridanus kommt im Südosten der USA vor. Die rotbraunen Tiere werden mit bis zu 1,5 Zentimeter Körperlänge relativ groß. Sie nisten in verrottendem Holz und verteidigen ihr Nest energisch gegen rivalisierende Ameisenvölker. Kommt es zu Kämpfen, besteht Verletzungsgefahr. Diese Art besitzt keine Metapleuraldrüse – mit dieser Drüse produzieren andere Ameisenarten ein antibiotisch wirksames Sekret, das sie auf infizierte Wunden auftragen.

Links/Studien

Die Studie wurde am 2. Juli 2024 in der Fachzeitschrift Current Biology veröffentlicht: Wound-dependent leg amputations to combat infections in an ant society (Wundabhängige Beinamputationen zur Bekämpfung von Infektionen in einer Ameisengesellschaft).

pk

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | 02. Juli 2024 | 12:50 Uhr

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