Atlantischer Lachs im Wasser.
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Wiederansiedlung Lachse in Elbe und Rhein: Einmal Nordatlantik und zurück

26. November 2024, 15:57 Uhr

In der Sächsischen Schweiz hat mit etwas Verspätung die neue Saison des Lachsaufstiegs begonnen. Erwachsene Lachse kehren aus dem Nordatlantik in die Laichgründe zurück, in denen sie selbst Brütlinge waren. Normalerweise beginnt das schon im Oktober, in diesem Jahr wahrscheinlich aufgrund geringerer Niederschläge aber später. Seit 1994 laufen die Bestrebungen, den Atlantischen Lachs in der Elbe und ihren Nebenflüssen wieder heimisch zu machen.

Mehr als 40 Jahre lang ging gar nichts. Die Elbe war für ihren einstigen Charakterfisch kein lebenswerter Ort mehr. Seit 1950 wurde kein Lachs mehr in der Elbe gesichtet. An eine Wiederansiedlung war erst nach 1990 zu denken, als die Wasserqualität spürbar besser wurde. Und seit 1994 folgten Taten durch sächsische und tschechische Behörden. 30 Jahre sind seitdem vergangen. Ist die Wiederansiedlung des Lachses eine Erfolgsgeschichte? Ja und nein. Ja, weil sie prinzipiell funktioniert. Nein, weil die Lachspopulation noch längst nicht stabil ist.

In der Sächsischen Schweiz gibt es ein kleines Gewässer, das einen passenderen Namen nicht haben könnte: Lachsbach. Dieser entsteht aus dem Zusammenfluss von Sebnitz und Polenz und fließt dann unter dem Namen Lachsbach nur drei Kilometer weit, bevor er in die Elbe mündet. Aber in genau diesem kleinen Lachsbach prüft das Sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) kontinuierlich, wie das Wiederansiedlungsprogramm läuft.

Staatsminister Frank Kupferr setzt mit Gunther Ermisch und Matthias Pfeifer Lachsbrütlinge in die Polenz bei Hohnstein aus.
Alljährlich werden sächsische Flüsse im Frühjahr mit Hunderttausenden Lachs-Brutfischen besetzt. Hier eine entsprechende Aktion an der Polenz im Jahr 2014 mit dem damaligen Staatsminister Frank Kupfer. Bildrechte: IMAGO / Sylvio Dittrich

Hunderttausende kleine Lachs-Brutfische werden jährlich in einigen kleinen sächsischen Flüssen ausgesetzt, auch in der Polenz und der Sebnitz. Aber man freut sich tatsächlich über jeden einzelnen, der Jahre später zurückkommt. Denn die Reise eines Lachses ist lang und beschwerlich. Erst flussabwärts bis in die Nordsee, dann geht's in den Nordatlantik, wo sich die Tiere vor den Küsten Grönlands, Islands und Norwegens vor allem an Heringen gütlich tun und immer weiter wachsen. Erst nach einigen Jahren im Ozean macht sich so ein Wildlachs dann auf den Heimweg in sein Laichhabitat, um sich im November oder Dezember im seichten Kies flussaufwärts fortzupflanzen – wenn er denn all die Strapazen und Gefahren bis dahin überlebt hat.

In diesem Jahr gab es erst am vergangenen Freitag den ersten Rückkehrer des Jahres im sächsischen Lachsbach: einen Rogner (Weibchen), 62 Zentimeter lang und eineinhalb Kilogramm schwer. Aber auch so ein einzelner Fisch ist Grund zur Freude, denn seit den Dürrejahren 2018 und 2019, lassen sich die jährlichen nachweislichen Ozean-Heimkehrer im Lachsbach an ein bis zwei Händen abzählen.

Normalerweise wird der erste Heimkehrer im Lachsbach schon früher im Herbst begrüßt. In der Regel beginnt der Aufstieg bereits Ende Oktober und erreicht Mitte November den Höhepunkt. Ein möglicher Grund für den späten Zeitpunkt können laut den Experten vom Landesamt die geringen Niederschlagsmengen im Oktober und November sein. Trotzdem bestehe noch Hoffnung, dass der erste Heimkehrer des Jahres eine gute, wenn auch verspätete Lachssaison einläutet.

In den 30 Jahren des Wiederansiedlungsprogramms sind nun immerhin schon mehr als 1.000 Lachse in die Elbe und ihre verschiedenen Nebenflüsse zurückgekehrt. Aber diese Zahl genügt noch längst nicht, um eine stabile Population zu gewährleisten. Deshalb wird es auch in den kommenden Jahren regelmäßig neuen Besatz geben. Möglichst aus eigenen gesammelten Brutbeständen, aber wenn die nicht ausreichen wie im vergangenen Frühjahr, dann notfalls wieder mit Fisch-Nachwuchs aus Dänemark oder Schweden.

Wiederansiedlung der Lachse auch am Rhein

Frisch ausgebruetete atlantische Lachse liegen in einer Hand.
Brütlinge des Atlantischen Lachses (Salmo salar) kurz vor dem Besatz. Nur einer von mehr als 3.000 wird als erwachsener Fisch zurückkehren. Bildrechte: IMAGO / Winfried Rothermel

"Manchmal wünsche ich mir, die Lachse könnten Bücher schreiben, so viele Geschichten hätten die uns zu erzählen." Das sagt Sven Wohlgemuth vom Wildlachszentrum Rhein-Sieg, der dort hilft, den Lachsbestand im Rhein und seinen Nebenflüssen zu verbessern. Was er damit meint, ist die beschwerliche Reise so eines deutschen Wildlachses: 3.000 bis 5.000 Kilometer legen sie auf ihrem Weg zurück – vorbei an Haien, Robben, Wehren und rotierenden Schiffsschrauben. Nur einer von mehr als 3.000 Junglachsen schafft es zurück.

Aber auch hierzulande ist noch längst nicht alles lachsgerecht, nur manche Hindernisse wie Wehre und Wasserkraftanlagen wurden mit Fischtreppen ausgestattet, um den Lachsen den Aufstieg in ihre Laichgebiete zu ermöglichen. Aber eben nicht überall herrscht "freie Fahrt" für die Lachse. Dazu kommt ein Trockenheitsproblem: In den Dürrejahren 2018 und 2019 brachen die Zahlen der heimkehrenden Lachse überall in Deutschland massiv ein und konnten sich seitdem nicht erholen.

In diesem Jahr wurden in Nordrhein-Westfalen, wo deutschlandweit die meisten Lachse aufgegriffen werden, bisher nur 72 Rückkehrer gezählt. "Die Wasserstände sind seit 2018 einfach viel zu niedrig", erklärt Wohlgemuth. Niedriges Wasser erschwere nicht nur die Wanderung, sondern mache die Fische auch anfälliger für Raubfische und Kormorane, die an Engstellen wie Fischtreppen dann leichteres Spiel haben.

Fachleute halten eine langfristige Ansiedlung für möglich

Die Situation sei dennoch nicht aussichtslos, sagt der Fischökologe Christian von Landwüst von der Bundesanstalt für Gewässerkunde. Langfristig könne man den Lachs definitiv wieder in Deutschland ansiedeln, aber dafür müssten die bestehenden Anstrengungen deutlich intensiviert werden. Statt Fischtreppen brauche es eine vollständige Durchgängigkeit der Gewässer: Wehre müssten zurückgebaut werden und weite zusammenhängende Flussstrecken frei werden für die Wanderung.

Doch warum überhaupt der ganze Aufwand? "Es geht dabei natürlich nicht nur um den Lachs", sagt Fischwirtschaftsmeister Wohlgemuth vom Wildlachszentrum Rhein-Sieg. "Alles, was wir für den Lachs machen, kommt auch anderen Fischarten zugute." Renaturierte Gewässer förderten die gesamte aquatische Lebensgemeinschaft. Und auch die Gesellschaft profitiere unmittelbar: Aus intakten Lachsgewässern lasse sich nicht nur sauberes Trinkwasser gewinnen, sondern sie schützten auch vor Hochwasser. Auenlandschaften etwa wirken als Pufferzonen und speichern überschüssiges Wasser.

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | 26. November 2024 | 11:30 Uhr

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