Sozialverträglicher Klimaschutz Heizkosten runter durch Klimageld? Was es für gerechten Klimaschutz braucht
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30. Januar 2025, 16:41 Uhr
Alle, die mit Auto und Verbrennungsmotor unterwegs sind, haben sicher aufgegeben, an der Zapfsäule auf niedrigere Zahlen zu hoffen. Schuld ist der CO2-Preis, der das teuer macht, was dem Klima und damit der Menschheit schadet. Ein probates Mittel, da sind sich Fachleute einig. Einzig die Frage, wie gerade Einkommensschwache den Klimaschutz bezahlen sollen, ist ungeklärt. Eine neue Studie hat den Ist-Zustand in Deutschland analysiert und sagt: Ein künftiges Klimageld ist keine alleinige Lösung.
Wir müssen uns nicht darüber unterhalten, dass der Klimawandel eine ziemlich ungerechte Angelegenheit ist. Er trifft die am härtesten, die ihn weder verzapft haben noch imstande sind, die Suppe selbst auszulöffeln. Das gilt für den Globalen Süden, das gilt aber auch inländisch. Wenn schon der Klimawandel nicht gerecht ist, beim Klimaschutz böte sich zumindest die Gelegenheit, ihn für alle Menschen gleichsam tragbar zu gestalten. Etwa die Mehrbelastungen durch den notwendigen CO2-Preis.
"Aber das ist aus unserer Sicht noch nicht ausreichend und da stehen wir noch eher am Anfang", so die Einschätzung der Klimaökonomin Sonja Peterson vom Kieler Institut für Weltwirtschaft. Nicht falsch verstehen: Sonja Peterson findet es richtig, Energieträger, die Mensch und Klima schaden, zu bepreisen.
Klimaschutz: Viel Luft nach oben bei sozialer Gerechtigkeit
Rein fachlich gibt es gegen dieses Werkzeug auch nichts einzuwenden. Nur ist da in Sachen Fairness noch Luft nach oben: In Zusammenarbeit mit der Uni Kiel hat Peterson den Ist-Zustand der Gerechtigkeitsfragen in der deutschen Klimapolitik analysiert. Und allerhand Belege für das eigentlich Erwartbare gefunden:
"Also vielleicht nicht überraschend, besonders betroffen sind Menschen, die in Häusern wohnen, die schlecht saniert sind und eine Ölheizung haben, die dann eben besonders hohe Kosten durch so einen CO2-Preis hätten." Ältere Menschen zum Beispiel. Oder eben Menschen, die auf ein Fahrzeug angewiesen sind, sich aber ein E-Auto genauso wenig leisten können wie eine klimagerechte Sanierung ihres Zuhauses.
CO2-Kosten: Wer weniger hat, muss mehr vom Weniger abgeben
"Man kann vielleicht so grob sagen, die ärmsten zehn Prozent müssten einen doppelt so hohen Anteil ihres Einkommens für CO2-Kosten ausgeben wie reiche Haushalte." Oder, anders formuliert: Wer ohnehin wenig hat, muss von dem Wenigen mehr abgeben. Als vielversprechende Lösung gilt nach wie vor das Klimageld, mit dem gerade Einkommensschwächere etwas vom CO2-Preis zurückbekommen sollen. Sonja Peterson rät aber, das Klimageld zu besteuern, damit für Einkommensschwache unterm Strich mehr übrig bleibt.
Ohnehin ist nach wie vor völlig unklar, wie eine Umsetzung in Deutschland aussehen soll. Eigentlich stand das Klimageld im Koalitionsvertrag der Ampel, scheiterte aber an einem Auszahlungsmechanismus, der erst jetzt gefunden wurde. In Österreich ist man da schon weiter. Außerdem gibt es ein Kommunikationsproblem, wie Sabine Preuß und Team am Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung in Karlsruhe in einer Untersuchung unter besonders Betroffenen herausgefunden haben.
Ohne bessere Aufklärung ist die Klimageld-Idee offenbar zu schwer zu verstehen: "Das hat am schlechtesten abgeschnitten in der Bewertung, weil viele tatsächlich gesagt haben, na ja, das ist ja irgendwie rechte Tasche, linke Tasche, ich zahle erst was und dann kriege ich es wieder zurück", so Preuß. Höhere Preise auf fossile Technologien funktionieren aber auch dann, wenn Verbraucherinnen und Verbraucher Geld zurückbekommen. Ohne dass der CO2-Preis Einkommensschwächere zu sehr belastet, wirken die hohen fossilen Energiepreise gewissermaßen mahnend und regen in der Fläche dort, wo es möglich ist, zum Umdenken an.
Bessere Förderpolitik – und Klimageld, auch wenn es nicht verstanden wird
Trotzdem sehen Einkommensschwache das Geld aus der CO2-Bepreisung in staatlichen Klimainvestitionen besser angelegt, zum Beispiel bei Erneuerbaren, oder bei privaten Investitionen – Stichwort E-Auto. Aber selbst da treffe es häufig die falschen, sagt Klimaökonomin Sonja Peterson: "Also, die wenigsten ganz Armen haben ein Haus, an dem sie eine Wallbox installieren können und schon gar nicht die Mittel, dann in ein E-Auto zu investieren."
Neben einer besseren, zielgerichteten Förderpolitik, niedrigen Strompreisen und einer bedachten Umsetzung des Klimagelds, müsse Peterson zufolge die Infrastruktur schneller ausgebaut werden. Das betreffe etwa den Nahverkehr sowie Rad- und Fußwege, um eine gerechte Teilhabe in Sachen Mobilität auch für Einkommensschwache zu ermöglichen. Da ist die Formel wieder einfach: Wenn die viel zitierte unterbezahlte Pflegekraft zur Unzeit mit einem Verbrenner zum Dienst ausrücken muss und ein klimagerechtes öffentliches Verkehrsangebot genauso wenig zur Verfügung steht wie finanzielle Mittel, auf einen E-Flitzer zu upgraden – ja nun.
Soziale Gerechtigkeit durch kommunale Wärmeplanung und Infrastrukturausbau
Viel Potenzial sieht Peterson auch in der kommunalen Wärmeplanung: "Vielleicht auch eine zentralisierte Wärmeversorgung, die sozusagen die einzelnen Menschen ein Stück weiter entlastet, ihre eigenen Investitionen tätigen zu müssen." Auch ein Senken der Strompreise begrüßt die Klimaökonomin: "Das ist auch eine sinnvolle Maßnahme, auch davon profitieren ärmerer Haushalte stärker und es unterstützt eben gleichzeitig auch die Transformation zu klimaneutralen Technologien, die häufig strombasiert sind."
Die Ideen liegen also auch abseits des Klimagelds auf dem Tisch. Und ob nun Fernwärme oder Nahverkehr – das Praktische daran ist: Einkommensstarke müssten nichts hergeben – profitieren würden trotzdem alle. Und der ganze Klimaschlamassel würde sich nicht mehr ganz so ungerecht anfühlen.
Dieses Thema im Programm: ARD Audio | SWR Umweltnews | 29. Januar 2025 | 17:00 Uhr
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