Der leuchtende, heiße Stern Wolf-Rayet 124 (WR 124) ist im Zentrum des zusammengesetzten Bildes des James Webb Weltraumteleskops zu sehen, das Licht aus dem nahen und mittleren Infrarot kombiniert.   Hintergrundsterne und Hintergrundgalaxien bevölkern das Sichtfeld und blicken durch den Gas- und Staubnebel, der von dem alternden massereichen Stern ausgestoßen wurde und sich über 10 Lichtjahre im Weltraum erstreckt. An der Struktur des Nebels lässt sich die Geschichte der vergangenen Massenauswürfe des Sterns ablesen. Der Nebel besteht nicht aus glatten Schalen, sondern aus zufälligen, asymmetrischen Auswürfen. Helle Gas- und Staubklumpen erscheinen wie Kaulquappen, die auf den Stern zuschwimmen, mit Schwänzen, die hinter ihnen herausströmen und vom Sternwind zurückgeblasen werden.
Der leuchtende, heiße Stern Wolf-Rayet 124 (WR 124) ist im Zentrum des zusammengesetzten Bildes des James Webb Weltraumteleskops zu sehen, das Licht aus dem nahen und mittleren Infrarot kombiniert. Bildrechte: NASA, ESA, CSA, STScI, Webb ERO Production Team

Astronomie Supernova: Weltraumteleskop entdeckt einen Stern, der kurz vor der Explosion steht

17. April 2024, 16:30 Uhr

Das Weltraumteleskop James Webb hat einen Stern entdeckt, der kurz vor seiner Supernova steht. Dabei durchläuft WR 124 eine seltene Phase, indem er zum Wolf-Rayet-Stern wird, bevor er explodiert. Was das genau bedeutet, wann sich diese Explosion ereignet, was eine Supernova überhaupt ist, was danach kommt und ob unsere Sonne in einer Supernova endet? Lesen Sie ruhig weiter, wir verraten es Ihnen.

Ein Stern, der sogar am Tag zu sehen ist, strahlend hell, und das teilweise sogar für mehrere Wochen oder Monate: das ist eine Supernova, eine gigantische Explosion im Universum, die das Ende dieses Sterns besiegelt. Nun hat das Weltraumteleskop James Webb einen solchen Stern entdeckt, der kurz vor einer solchen unfassbar hellen und heftigen Explosion steht. 

Am 14. März 2023 veröffentlichte die amerikanische Raumfahrtbehörde Nasa die neuesten Bilder und Video von James Webb Weltraumteleskop. Sie zeigen einen seltenen Wolf-Rayet-Stern, der etwa 15.000 Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Pfeil liegt. WR 124 ist etwa 30-mal massereicher als unsere Sonne und hat bereits Gas und Staub im Wert von zehn Sonnenmassen ins Weltall abgestoßen.

"Massive Sterne durchlaufen ihre Lebenszyklen und nur einige von ihnen durchlaufen eine kurze Wolf-Rayet-Phase, bevor sie zur Supernova werden. Das macht Webbs detaillierte Beobachtungen dieser seltenen Phase für Astronomen so wertvoll“, heißt es bei der Nasa. Weiter heißt es, das Wolf-Rayet-Sterne dabei sind, ihre äußeren Schichten abzustoßen. Das führt zu ihren charakteristischen Halos aus Gas und Staub. Aber was ist das eigentlich alles? Eine Supernova? Ein Wolf-Rayet-Stern?

Wolf-Rayet-Sterne: Die freigelegten Fusionskerne im Universum

Ein Wolf-Rayet-Stern befindet sich bereits am Ende der Lebensspanne eines massereichen Sterns und hat seinen Kern bereits freigelegt. Der jetzt wasserstoffarme Stern WR 124 schleudert seit etwa 10.000 Jahren seine Hülle mit hoher Geschwindigkeit von sich weg und erreicht eine Oberflächentemperatur von 35.000 Grad Kelvin – bei dieser Größenordnung ist der Unterschied in Grad Celsius nur marginal. 

Das Weltraumteleskop Hubble hat diese Aufnahme vom Stern WR 124 gemacht.
Das Weltraumteleskop Hubble hat diese Aufnahme vom Stern WR 124 gemacht. Die erste Aufnahme stammt aus 1998, wurde aber am 17. August 2015 in überarbeiteter Form erneut veröffentlicht. WR 124 und der Nebel M1-67, der ihn umgibt, befinden sich im Sternbild Schütze und sind 15.000 Lichtjahre entfernt. WR steht dabei für Wolf-Rayet, was superheiße Sterne sind, die sich durch einen heftigen Massenauswurf auszeichnen. Bildrechte: ESA, Hubble & NASA, Judy Schmidt

Die meisten bislang entdeckten WR-Sterne haben eine Masse von zehn bis 265 Sonnen und stellen Sterne wie unsere Sonne damit in ihren Schatten. Zudem übertrifft ihre Oberflächentemperatur die Werte fast aller anderen Sterne. Auf ihnen kann es zwischen 30.000 und 120.000 Grad Kelvin heiß werden. Somit sind WR-Sterne an der Oberfläche fünf- bis zwanzigmal so heiß wie unsere Sonne. Die restliche Lebensdauer eines solchen Sterns sollte nach Simulationsberechnungen bei ungefähr 500.000 Jahren liegen, bevor es dann zur Supernova kommt.

Was ist eine Supernova?

Bei einer Supernova handelt es sich um ein schnell eintretendes helles "Aufleuchten eines massereichen Sterns am Ende seiner Entwicklung durch eine Explosion", heißt es am Max-Plack-Institut für Radioastronomie. Der Großteil des Sterns wird damit vernichtet beziehungsweise komplett in Energie umgesetzt. 

Dabei wird der Stern millionen-, teilweise auch milliardenfach heller und kann zeitweise so hell wie eine ganze Galaxie strahlen: "Eine Supernova strahlt damit innerhalb weniger Wochen oder Monate so viel Energie aus wie unsere Sonne in zehn bis 100 Millionen Jahren." Jedoch gibt es zwei Typen von Supernovae. 

Beim Typ I handelt es sich um einen Stern mit einer geringen Masse von bis zu acht Sonnenmassen. Zu einer Supernova kann es aber nur kommen, wenn es sich um ein Doppelsternsystem handelt. Wenn ein ausgebrannter Weißer Zwergstern wieder genug frisches Brennmaterial von seinem Begleitstern bekommt, kann dieser wieder seine Fusionsprozesse aktivieren. Meistens handelt es sich beim Begleitstern um einen Roten Riesen. Doch diese Kernfusion ist so energiereich, dass der gesamte Stern mit einer Supernova explodiert. 

Was sind Rote Riesen? Bei einem Roten Riesen handelt es sich um einen Stern am Ende seiner Lebensdauer, dem bereits der Wasserstoff zur Kernfusion ausgegangen ist. Deswegen bläht er sich auf. Seine Oberflächentemperatur liegt meistens zwischen 3.300 und 4.750 Grad Kelvin – die Oberflächentemperatur unserer Sonne liegt bei 5.780 Grad Kelvin. Aufgrund ihrer Ausdehnung und der damit verbundenen großen Oberfläche ist ihre Strahlkraft größer und sie sind sehr helle Objekte. 

Beim Typ II einer Supernova hat ein Roter Riese seinen Vorrat an Brennmaterial bereits verbraucht. Deswegen kann er sich nicht mehr länger stabil halten und seine eigene Schwerkraft wird ihm zum Verhängnis und führt zum Kollaps. Dabei setzt er enorm viel Energie frei und kann sogar die Helligkeit seiner eigenen Galaxie mit dieser Supernova überstrahlen.

Roter Riese füttert Weißen Zwerg (künstlerische Darstellung)
Roter Riese füttert Weißen Zwerg (künstlerische Darstellung) Bildrechte: superbossa.com/MPP

Was im Zentrum übrig bleibt, ist entweder ein Schwarzes Loch oder ein Neutronenstern, den wir als Pulsar beobachten können. Damit gehört die Supernova vom Typ II zu den energiereichsten bekannten Prozessen im Zusammenhang mit einem Stern.

Was ist ein Neutronenstern? Ein Neutronenstern entsteht am Ende der Lebenszeit eines Sterns und ist gerade einmal 20 bis 24 Kilometer im Durchmesser groß. Er besteht überwiegend aus Neutronen, daher der Name, und ist das dichteste Objekt ohne Ereignishorizont in unserem Universum, das wir bis jetzt kennen. Er ist etwas dreifach so dicht wie ein Atomkern. Zudem haben sie ein starkes Magnetfeld und rotieren sehr schnell – teilweise mit einem Viertel der Lichtgeschwindigkeit.

Wird unsere Sonne irgendwann in einer Supernova enden?

Bereits seit 4,5 Milliarden Jahren erhellt unsere Sonne das umliegende Universum. Doch irgendwann wird auch sie jeglichen Brennstoff in ihrem Inneren aufgebraucht haben. Forschende gehen davon aus, dass dieser Brennstoff für insgesamt zehn bis 13 Milliarden Jahre ausreichen wird. Somit wird unsere Sonne – auf der es gerade ganz schön stürmt – noch mindestens weitere fünf Milliarden Jahre existieren und Kernfusion betreiben.

Eine Supernova wird zwar nicht das Ende unserer Sonne sein, einen großen Knall wird es trotzdem geben. Sobald der Wasserstoff im Kerninneren aufgebraucht ist, wird sich die Sonne zunächst zu einem Roten Riesen aufblähen. Dabei wird sie sich vermutlich auf etwa das Hundertfache ihrer ursprünglichen Größe ausdehnen und alles in seiner Umgebung verschlingen – die inneren Gesteinsplaneten sind damit futsch. Unsere Sonne wird dann für weitere Jahrmillionen rot leuchten. 

Bis eine gewaltige Schockwelle den Stern durchlaufen wird. In mehreren großen Eruptionen stößt die Sonne dann ihre äußere Hülle ab. Bis zur Hälfte der Sternenmasse wird zu diesem Zeitpunkt ins All hinausgeschleudert. Was übrig bleibt, ist ein weißer und glühender Kern aus Kohlenstoff, Sauerstoff und etwas Helium. Dieser Kern wird die ungefähre Größe der Erde haben. 

Somit endet die Sonne als Weißer Zwerg und wird wohl für die nächsten rund 10.000 Jahre vor sich hin glühen. Wobei das Glühen auf die Ionisierung mit dem hinausgeschleuderten Material, dem leuchtenden Nebel zurückzuführen ist. "Die Sonne ist einer der masseärmsten Sterne, die noch einen planetarischen Nebel produzieren können", erklären Albert Zijlstra und sein Team in ihrer Studie zum Ende der Sonne.

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Ansicht der Sonne mit der im Stile eines Wasserzeichens eingefügten Zahl Zehn. 12 min
Was wissen wir über unsere Sonne? Bildrechte: MDR

"Auch Sterne mit weniger als 1,1 Sonnenmassen erzeugen noch schwache planetarische Nebel", erklärt Zijlstra. Unser Heimatstern wird demnach nicht einfach verlöschen, sondern doch einen schwach leuchtenden Gas- und Staubring hinterlassen – bis der Weiße Zwerg dann irgendwann als kalter und dunkler Himmelskörper enden wird. 

Warum enden manche Sterne in Supernovae und andere nicht?

Damit ein Stern in einer Supernova explodiert, muss dieser verdammt massereich sein. Mindestens die fünffache Masse unserer Sonne muss dafür vorhanden sein. Da WR 124 ungefähr 30-fach so massenreich wie unsere Sonne ist, erfüllt er die Kriterien für eine Supernova definitiv – unsere Sonne eben nicht. 

Was bedeutet der Begriff Supernova eigentlich?  Den Begriff Supernova prägte übrigens der dänische Himmelsforscher Tycho Brahe. 1572 beobachtete er einen auftauchenden Lichtfleck im Sternbild Cassiopeia. Diesen bezeichnete er mit den lateinischen Begriffen "stella nova", zu Deutsch "neuer Stern". Die Pluralformen sind übrigens Supernovä – jedoch überwiegend Supernovae geschrieben –, Supernovas und Supernoven.

Sterne mit mehr als etwa 25 Sonnenmassen brechen vermutlich nicht zu einem Neutronenstern, sondern einem Schwarzen Loch zusammen. Kleiner Exkurs: Das ist nicht die einzige Möglichkeit, wie ein Schwarzes Loch entsteht. Wenn zwei Neutronensterne oder ein Neutronenstern und ein Schwarzes Loch kollidieren, kann ebenfalls ein neues Schwarzes Loch entstehen.  

Das Schema zeigt die Lebenszyklen verschiedener Sterntypen. Sehr große Sterne explodieren in einer Supernova und werden dann zu schwarzen Löchern oder Neutronensternen. Sonnenähnliche Sterne werden orangene Riesen, werfen dann einen Teil ihrer Hülle ab und werden schließlich zu weißen Zwergen. Rote Zwerge verwandeln sich nach einer sehr langen Lebenszeit in weiße Zwerge. Und braune Zwerge verlieren irgendwann hegliche Aktivität.
Der Lebenszyklus von vier verschiedenen Größenklassen von Sternen. Bildrechte: ESA

Wenn die abgestrahlte elektromagnetische Energie einer Supernova extrem hoch ist, also eine 1 mit 45 Nullen, wird auch von Hypernova gesprochen. Dies passiert, wenn der zentraler Kernbereich zu einem rasch rotierenden Schwarzen Loch kollabiert. Dabei läuft das umgebende Gas in einer Akkretionsscheibe – eine um ein zentrales Objekt rotierende Scheibe, die Materie Richtung Zentrum transportiert – um das Schwarze Loch und heizt sich beim Einfall sehr stark auf. Gasjets werden nun senkrecht zur Scheibenebene ausgestoßen und erzeugen Gammablitze – ähnlich wie bei der Verschmelzung zweier Neutronensterne. Im Fall von WR 124 kann es statt einer Supernova somit auch zu einem langen Gammablitz kommen – andere Begriffe sind Gammastrahlenblitze, Gammastrahlenausbrüche oder auch Gammastrahlenexplosionen.

Was ist ein Gammablitz?

Bei einem Gammablitz handelt es sich um einen Energieausbruch mit einer großen Menge elektromagnetischer Strahlung. Dabei dauern sie nur wenige Sekunden bis maximal einige Minuten an. Jedoch gab es mit GRB 110328A bereits einen Gammablitz, der mehrere Wochen angedauert hat. Doch bereits vor dem Gammablitzausbruch kann es zu Vorausbrüchen kommen, die 100 Sekunden andauern können und Gammastrahlung mit einer circa 100-fach schwächerer Leuchtkraft als der des eigentlichen Gammablitzes abstrahlen. 

Gammablitz
Neue Beobachtungen des Hubble-Weltraumteleskops der NASA haben die Natur des gewaltigen Gammastrahlenausbruchs GRB 190114C durch die Untersuchung seiner Umgebung untersucht. Wie diese Abbildung zeigt, sind Gammastrahlenausbrüche die stärksten Explosionen im Universum. Sie emittieren den Großteil ihrer Energie in Form von Gammastrahlen, einem Licht, das viel energiereicher ist als das sichtbare Licht, das wir mit unseren Augen sehen können. Hubbles Beobachtungen deuten darauf hin, dass dieser spezielle Ausbruch eine so starke Emission aufwies, weil der kollabierende Stern sich in einer sehr dichten Umgebung befand, mitten in einer hellen Galaxie in 5 Milliarden Lichtjahren Entfernung. Bildrechte: NASA, ESA and M. Kornmesser

Ihr Licht verteilt sich dabei wie der Lichtkegel eines Leuchtturms in zwei engen, entgegengesetzten, kegelförmigen Bereichen mit einem Öffnungswinkel von wenigen Grad. Indem sich mit nahezu Lichtgeschwindigkeit ausbreitenden Gas der Supernovaexplosion entsteht der Gammablitz durch Stoßwellen. Die gesamte frei werdende Energiemenge ist ungefähr genauso stark wie eine Supernova.

Staubiges Universum: Bringt James Webb die Antwort auf viele Fragen?

Wie WR 124 nun enden wird, bleibt abzuwarten. Die Beobachtungen des Weltraumteleskops können über eine weitere entscheidende Frage Auskunft geben. Denn WR 124 schickt jetzt bereits – kurz vor seiner Supernova – Gas und Staub ins Weltall. Staub ist ein wesentlicher Bestandteil der Funktionsweise des Universums, heißt es bei der Nasa: "Er beherbergt die sich bildenden Sterne, sammelt sich, um bei der Bildung von Planeten zu helfen, und dient als Plattform für die Bildung und Verklumpung von Molekülen – einschließlich der Bausteine des Lebens auf der Erde." 

Dennoch gibt es mehr Staub im Universum, als die derzeitigen Theorien der Astronomen zur Staubbildung erklären können. Die Beobachtungen des James-Webb-Teleskops könnten laut den Nasa-Mitarbeitern Licht in diesen mysteriösen Staubhaushaltsüberschuss bringen. Denn kosmischer Staub lässt sich am besten im infraroten Wellenlängenbereich untersuchen, und genau darauf ist das James Webb spezialisiert.

Vor Webb hatten staubbegeisterte Astronomen einfach nicht genügend detaillierte Informationen, um Fragen der Staubproduktion in Umgebungen wie WR 124 zu erforschen. Außerdem konnten sie nicht sagen ob die Staubkörner groß und reichlich genug waren, um die Supernova zu überleben und einen bedeutenden Beitrag zum Gesamtstaubbudget zu leisten. 

Doch nun erhalten sie Daten zum Staubüberschuss und können den Staubwedel walten lassen. Das Licht brauchen sie dabei nicht anknipsen, das macht die Supernova von WR 124 ganz von alleine. 

Wann es so weit ist, können die Forschenden noch nicht beantworten. Es bleibt abzuwarten, vielleicht viele Tausend Jahre. Das Gute ist aber: Supernovae geschehen im gesamten Universum unentwegt. Astronomen schätzen, dass in unserer Galaxie durchschnittlich alle 100 Jahre eine Supernova explodiert – die nächste ist überfällig. 

Links/Studien

Farbige Illustration eines Planeten, ähnlich eines Gasriesen wie Jupiter; rotbraune Struktur wie langgezogene Wolken. Auf dem dunklen Hintergrund Sterne, bunte Wolke.
Home alone, und das zu Weihnachten! Diese künstlerische Darstellung zeigt ein Beispiel für einen Einzelgänger-Planeten, der von ESO-Forschenden in der Region Rho Ophiuchi entdeckt wurde. Bildrechte: ESO/M. Kornmesser