Farbige Illustration eines Planeten, ähnlich eines Gasriesen wie Jupiter; rotbraune Struktur wie langgezogene Wolken. Auf dem dunklen Hintergrund Sterne, bunte Wolke.
Farbige Illustration eines Planeten, ähnlich eines Gasriesen wie Jupiter. Könnte so vielleicht Planet Neun aussehen? Bildrechte: ESO/M. Kornmesser

Sonnensystem Die Suche nach Planet Neun: Hat P9 vielleicht etliche Monde?

14. Februar 2023, 12:12 Uhr

Was wäre eigentlich, wenn der mysteriöse, besagte und bisher unentdeckte Planet Neun in unserem Sonnensystem eigentlich Monde hätte? Immerhin befindet er sich in einer Region mit etlichen Felsbrocken. Ein Astronom aus China hat sich auf die Suche nach einer Antwort auf seine Hypothese gemacht. Und vielleicht ist Planet Neun doch ein Schwarzes Loch.

Bis vor wenigen Jahren hatte unser Sonnensystem noch neun Planeten, doch Pluto hatte diesen Titel verloren und wurde zum Zwergplaneten degradiert. Einen neunten Planeten soll es dennoch in unserem Sonnensystem geben – davon sind viele Astronominnen und Wissenschaftler überzeugt. 

Denn wie sollen sonst die merkwürdigen Bahneigenschaften von manchen transneptunischen Objekten – das sind Himmelskörper, deren mittlere Umlaufbahn um die Sonne größer als die des Eisplaneten Neptun – erklärt werden? Diese Gesteinsbrocken befinden sich in der Scheibenregion zwischen der inneren Oort’schen Wolke und dem Kuipergürtel.  

Der Kuiper-Gürtel und die Oort’sche Wolke erklärt

Die Oort’sche Wolke befindet sich hinter der Heliosphäre, dem Bereich, bis zu dem der Sonnenwind und das Magnetfeld der Sonne reichen und noch wirksam sind. Bei der Oort’schen Wolke soll es sich um eine kugelförmige Ansammlung astronomischer Objekte handeln, die sich im äußeren Bereich unseres Sonnensystems befinden. Es sollen zwischen einhundert Milliarden und einer Billionen Objekte sein. Nachweisen konnten Forschende die Oort’sche Wolke jedoch bisher noch nicht.  

Die Entfernung zwischen der Oortschen Wolke und dem Inneren des Sonnensystems sowie zwei der nächstgelegenen Sterne wird in astronomischen Einheiten gemessen. Die Skala ist logarithmisch: Jede angegebene Entfernung ist zehnmal weiter entfernt als die vorhergehende Entfernung. Der rote Pfeil zeigt die Position der Raumsonde Voyager 1 an, die die Oortsche Wolke in etwa 300 Jahren erreichen wird.
Die Entfernung zwischen der Oort'schen Wolke und dem Inneren des Sonnensystems sowie zwei der nächstgelegenen Sterne wird in astronomischen Einheiten gemessen. Die Skala ist logarithmisch: Jede angegebene Entfernung ist zehnmal weiter entfernt als die vorhergehende Entfernung. Der rote Pfeil zeigt die Position der Raumsonde Voyager 1 an, die die Oort'sche Wolke in etwa 300 Jahren erreichen wird. Bildrechte: NASA, JPL-Caltech

Anders sieht es mit dem Kuiper-Gürtel aus. Es ist eine relativ flache, aber ringförmige Region mit schätzungsweise 70.000 Objekten ab einem Durchmesser von 100 Kilometern. Der Kuiper-Gürtel erstreckt sich hinter der Neptunbahn in einem Sonnenabstand von 30 bis 50 AE. Die Abkürzung steht für Astronomische Einheit. Eine AE entspricht dem durchschnittlichen Abstand zwischen Erde und Sonne mit circa 149,6 Millionen Kilometern. 

Neptun befindet sich in einer Sonnen-Entfernung von 30 AE, demnach circa 4.495 Millionen Kilometer. Der Kuiper-Gürtel soll sich bis zu einer Entfernung von 7.480 Millionen Kilometern erstrecken. Die Heliosphäre soll bis zu 120 AE weit reichen, was 17.952 Millionen Kilometern entspricht. Die Oort’sche Wolke soll dagegen einen Abstand zur Sonne von bis zu 100.000 AE haben – also um die 14.960.000 Millionen Kilometern. 

Eine schematische Darstellung von der Jupiterbahn, dem Kuipergürtel, der Umlaufbahn von Sedna und der Oortsche Wolke im Vergleich.
Eine schematische Darstellung der Jupiterbahn, des Kuipergürtels, der Umlaufbahn von Sedna und der Oortschen Wolke im Vergleich. Bildrechte: NASA, JPL-Caltech, R. Hurt

Warum soll es Planet Neun geben?

Bisher konnten Astronominnen und Astronomen sechs transneptunische Objekte mit einer ungewöhnlichen Umlaufbahn ausmachen. Es sind allesamt Kandidaten für den Zwergplanetenstatus, die die Sonne in einem Abstand von mehr als 250 AE (37.400 Millionen Kilometer) umkreisen. 

  • (90377) Sedna hat einen mittleren Durchmesser von circa 995 Kilometern und wurde am 14. November 2003 entdeckt. Innerhalb von circa 11.530 Jahren umrundet Sedna die Sonne einmal.
  • 2012 VP113 ist ungefähr 574 Kilometer groß und wurde am 5. November 2012 entdeckt. Eine Sonnenumrundung dauert bei diesem Kandidaten 4.136 Jahre.
  • (474640) Alicanto haben Forschende am 6. November 2004 entdeckt. Sein Durchmesser ist nicht bekannt. Für eine Umrundung der Sonne benötigt er 5.700 Jahre.
  • (523622) 2007 TG422 braucht für eine Sonnenumrundung 10.280 Jahre. Entdeckt wurde das circa 330 Kilometer große Objekt am 3. Oktober 2007.
  • 2013 RF98 benötigt 6.556 Jahre für eine Umrundung der Sonne und wurde am 12. September 2013 entdeckt. Sein Durchmesser ist nicht bekannt. 
  • 2010 GB174 wurde am 12. April 2010 entdeckt und braucht 6.200 Jahre für eine Umrundung der Sonne. Auch sein Durchmesser ist noch nicht eindeutig geklärt.

Schematische Darstellung: Sechs ursprüngliche und acht zusätzliche ETNO-Objekte mit aktuellen Positionen in der Nähe ihres Perihels in lila, mit der hypothetischen Umlaufbahn von Planet Neun in grün.
Schematische Darstellung: Sechs ursprüngliche und acht zusätzliche transneptunische Objekte mit aktuellen Positionen in der Nähe ihres Perihels in lila, mit der hypothetischen Umlaufbahn von Planet Neun in grün. Bildrechte: Tomruen

Die Umlaufbahnen der sechs Himmelskörper weisen merkwürdige Eigenschaften auf, da sie vermutlich von den Gravitationskräften eines massereichen Himmelskörpers beeinflusst werden. Deshalb vermuten Forschende einen weiteren Planeten in unserem Sonnensystem, den Planeten Neun. 

Ist Planet Neun wirklich ein Planet?

Doch dieser muss kein Planet sein. Er könnte auch ein kleines, aber sehr massereiches Schwarzes Loch sein. Das würde zumindest erklären, warum ihn Astronominnen und Astronomen einfach nicht entdecken können. Ein solches Schwarzes Loch würde nicht nur kein Licht aussenden, es wäre auch extrem klein und damit praktisch unmöglich zu entdecken – selbst wenn es Licht reflektieren könnte. 

Klar ist, dass sich in einer Entfernung von 400 bis 800 AE – also 59.840 Millionen bis 119.680 Millionen Kilometern, ein Objekt befinden muss, das fünf- bis zehnfach so viel Masse wie die Erde haben muss. Ein solcher Himmelskörper könnte die Gravitationsstörung verursachen, die bei anderen Objekten wie den sechs Zwergplanet-Kandidaten nachgewiesen wurden. 

Diagramm eines Schwarzen Lochs mit einer Masse von 5 Erdmassen aus einem Papier von 2019, in dem über die Natur von Planet Nine spekuliert wird. Ein Schwarzes Loch dieser Masse hätte einen Durchmesser von etwa 9 Zentimetern.
Diagramm eines Schwarzen Lochs mit einer Masse von 5 Erdmassen aus einem Papier von 2019, in dem über die Natur von Planet Neun spekuliert wird. Ein Schwarzes Loch dieser Masse hätte einen Durchmesser von etwa 9 Zentimetern. Bildrechte: Jakub Scholtz, James Unwin

Verrückte Idee: Hat Planet Neun vielleicht Monde?

Der Astronom Man Ho Chan von der Pädagogischen Universität Hongkong kam nun auf die Idee, dass der besagte Planet Neun – der auch ein Schwarzes Loch sein kann – vielleicht Monde hat. Die Region zwischen dem Kuiper-Gürtel und der Oort’schen Wolke wäre ideal dafür, denn beide Regionen sind mit etlichen Gesteinsbrocken gefüllt. 

Zudem sind Monde im äußeren Sonnensystem alles andere als eine Seltenheit. Einige von ihnen können – wie es bei der Erde und unserem Trabanten war – von ihrem Mutterkörper selbst entstanden sein. In vielen anderen Fällen hat die Schwerkraft des Planeten die vorbeiziehenden Gesteinsbrocken einfach eingefangen und festgehalten. 

In unserem Sonnensystem haben nur der Merkur und die Venus keine Monde. Die Erde hat nur einen Mond. Alle anderen Planeten haben mehrere Monde. Jupiter hat sogar 92 Monde, denn vor Kurzem wurden bei dem Gasriesen zwölf weitere natürliche Satelliten bestätigt. Damit ist Jupiter der Rekordhalter. Aber auch einige nicht-planetarische Körper haben Monde wie Pluto mit seinen fünf Monden Styx, Charon, Nix, Kerberos und Hydra. Sogar einige Asteroiden haben Monde. Warum dann nicht auch der besagte und unbestätigte Planet Neun? 

"In diesem Artikel zeigen wir, dass die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass Planet Neun große transneptunische Objekte einfängt, um ein Satellitensystem in der verstreuten Scheibenregion zu bilden", schreibt Chan. 

Planet Neun: Keine Monde wären ungewöhnlich

Bei seinen Berechnungen kam der Astronom zu dem Schluss: Es wäre merkwürdig, wenn Planet Neun keine Monde hätte. Seinen Berechnungen zufolge sollte ein Objekt mit der Masse von Planet Neun im Durchschnitt 20 transneptunische Objekte mit einem Durchmesser von 140 Kilometern oder mehr einfangen.

Satelliten, die von einem Planeten eingefangen werden, haben meist unregelmäßige, elliptische Bahnen. Das bedeutet, dass sich die auf den Mond einwirkenden Gravitationskräfte ändern, je weiter er sich dem Planeten nähert oder sich von ihm entfernt. Die Gravitationskräfte würden den Mond strecken, wenn dieser dem Mutterkörper am nächsten kommt. 

Diese ständig wechselnden Belastungen erhitzen den Mond von innen. Und die Wärme wird als Wärmestrahlung abgeleitet. Zwar können die Forschenden die Monde nicht direkt beobachten. Jedoch kann die abgeleitete Wärmestrahlung mittels Radiosignalen sichtbar gemacht werden. 

"Wenn P9 ein dunkles Objekt ist und über ein Satellitensystem verfügt, kann unser Vorschlag die potenziellen thermischen Signale, die von den Satelliten ausgesendet werden, direkt beobachten", so Chan. Auf diesem Weg könnte vielleicht auch Planet Neun endlich lokalisiert werden. Zudem hilft diese Methode herauszufinden, "ob Planet Neun ein dunkles Objekt ist oder nicht."

Links/Studien

Dieses Thema im Programm: 3sat | nano | 10. Februar 2020 | 18:30 Uhr

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