Zwei Männer in weißen Laborkitteln halten eine mehrere Meter lange, schmale und sehr dünne Solarfolie in die Kamera.
Forschende der Universität Swansea mit der neue entwickelten Solarfolie. Bildrechte: Swansea University

Photovoltaik Solarzellen kommen künftig von der Rolle – und aus dem 3D-Drucker

06. April 2023, 10:37 Uhr

Wie praktisch wäre es, wenn man Autos, Smartphones oder ganze Gebäude einfach mit Solarzellen ummanteln könnte. Dann könnten sich künftig Akkus einfach ständig wieder aufladen. So abwegig, wie das erstmal klingt, ist es gar nicht. Die Wissenschaft arbeitet bereits intensiv an sogenannten Solarfolien, die nur wenige Millimeter dick sind. Nun ist es einem britischen Team gelungen, neuartige Solarzellen mit dem 3D-Drucker herzustellen. Aber auch bei uns gibt es vielversprechende Projekte.

Wird die Solarzelle bald zur Meterware auf der Rolle? Aktuelle Forschungsarbeiten und aufstrebende junge Unternehmen lassen das vermuten. Denn sie arbeiten an sogenannten Solarfolien – also Solarmodulen, die sehr dünn und sehr flexibel sind. Häufig sind sie nicht so effizient wie klassische Photovoltaik-Module, aber sie punkten dafür mit anderen Vorteilen. Denn mithilfe von Solarfolien können zum Beispiel Flächen ausgestattet werden, die bisher überhaupt nicht für die Installation von Solarpanelen infrage gekommen sind.

Solarzellen aus dem 3D-Drucker

Damit sich solche Solarfolien oder Solarmatten effizient herstellen lassen, arbeiten Forschende weltweit daran, sie mit Druckverfahren herzustellen. Unter anderem läuft derzeit ein DFG-Forschungsprojekt unter der Leitung der TU Chemnitz, das Druckverfahren für sogenannte organische Solarzellen entwickeln soll.

An der britischen Universität Swansea ist Forschenden der 3D-Druck von Solarmodulen jetzt erstmals gelungen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dort haben einen Weg zur Herstellung vollständig druckbarer Perowskit-Solarzellen entwickelt. Um die Solarfolie tatsächlich drucken zu können, mussten die Forschenden der Universität zufolge die korrekte Mischung Lösungsmittel zum Beschichten finden. Denn bisher musste eine erste Druckschicht aufwändig bearbeitet werden. Die neue Mischung trockne dagegen einfach als Film, ohne die darunter liegende Schicht aufzulösen. "Diese innovative Schicht kann kontinuierlich und kompatibel mit den darunter liegenden Schichten bei niedriger Temperatur und hoher Geschwindigkeit aufgetragen werden", sagt Erstautor David Beynon.

Es eröffnet die Idee eines Herstellungsprozesses, bei dem an einem Ende eine Solartinte hinzugefügt wird und am anderen eine Solarzelle entsteht.

Prof. Trystan Watson, Universität Swansea

Die Entwicklung ist vielversprechend: Wenn sich voll funktionsfähige Perowskit-Solarzellen schnell produzieren lassen, wird die Massenfertigung nicht nur einfacher, sondern auch wirtschaftlicher. Damit könnten die neuartigen Dünnschichtsolarzellen kommerziell erfolgreich werden, glauben die Forschenden. Die nächste Herausforderung sei nun, so Photovoltaik-Professor Trystan Watson, zu beweisen, dass die Solarmodule auch funktionieren. "Um dies zu erreichen, müssen wir anfangen, etwas herzustellen, das wirklich wie ein Solarpanel aussieht." Denn bisher hat das Team erst einmal 20 Meter des flexiblen Substrats gedruckt. Aus diesem Material sollen nun die Solarpanele gebaut und an Gebäuden installiert werden.

Perowskit Perowskit ist ein Mineral und gilt als aussichtsreiches Material für eine neue Generation von Solarzellen. Forschende gehen davon aus, dass die Perowskit-Solarzelle in der Lage sein wird, die obere thermodynamische Grenze des photovoltaischen Wirkungsgrads zu erreichen, die bei 34 Prozent liegt.

Dresdner Solarfolie in Serienproduktion

Während die Perowskit-Solarzellen noch erforscht werden, sind Folien aus sogenannten organischen Solarzellen bereits in der Serienproduktion: Unter anderem das Dresdner Unternehmen Heliatek produziert und entwickelt mittlerweile Solarfolien auf einer Fläche von 5.000 Quadratmetern. Unternehmenssprecher Stephan Kube zufolge befindet sich Heliatek derzeit in einer Anlaufphase, in der das Produktionsvolumen Schritt für Schritt erhöht werde. Parallel dazu würden die Folien und das Produktionsverfahren noch weiterentwickelt. Das sei komplex und nehme Zeit in Anspruch, so Kube.

Produktfoto einer sehr dünnen Solarmatte.
Von der Rolle: Die ultradünne Solarfolie HeliaSol Bildrechte: Heliatek GmbH

Heliatek könne die weltweit sehr große Nachfrage mit dem aktuellen Produktionsvolumen "bei weitem" noch nicht bedienen. Deshalb würden zunächst strategische Kunden aus der Industrie beliefert. Die leichten Folien seien nämlich ganz besonders für Industriekunden interessant, die oft gar keine schweren Panele auf ihren Dächern oder an den Fassaden installieren können, erläutert Kube. In Zukunft sollen die ultra-leichten, flexiblen und extrem dünnen Solarfolien auch an Privatpersonen verkauft werden.

Aufsicht auf Solarmodul-Folien, die auf gewölbten Dächern von drei Lagerhäusern auf einem Hafengelände angebracht sind.
Heliatek-Solarfolien auf gewölbten Dächern im Hafen von Barcelona Bildrechte: COMSA

Die Heliatek-Folien werden weltweit installiert: Zuletzt sind etwa im Hafen von Barcelona 509 Quadratmeter Solarfolie auf gewölbte Dächer aufgebracht worden und auch die Fassade vom Samsung Advanced Institute of Technology in Südkorea hat 147 Quadratmeter Heliatek-Folie bekommen. Insgesamt sind dem Unternehmen zufolge mehr als 30 Pilotprojekte auf der ganzen Welt realisiert worden.

Link zur Publikation

Beynon, David et. al.: All-Printed Roll-to-Roll Perovskite Photovoltaics Enabled by Solution-Processed Carbon Electrode. In: Advanced Materials, 15. Februar 2023. https://doi.org/10.1002/adma.202208561.

(kie)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 20. März 2023 | 19:00 Uhr