Griff nach den Sternen Weltraumstandort Jena: Wie Thüringer den Jupiter, den Klimawandel und die Quantenkommunikation erforschen
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13. Oktober 2023, 17:29 Uhr
Photonics Days in Jena: Beim Treffen von Raumfahrtindustrie und Wissenschaft zeigt sich, dass Mitteldeutschland weiterhin ein zentraler Standort ist für die Forschung im und aus dem Weltraum.
Mitteldeutschland ist ein Raumfahrt-Standort und wer durch Jena fährt, merkt das auch. Es gibt ein Planetarium, den Ernst-Abbe-Platz, das Zeiss-Werk und beispielsweise Apotheken, die nach Carl Zeiss benannt sind. Abbe und Zeiß schufen gemeinsam mit Otto Schott die Grundlagen der modernen Optik. Und in der Albert-Einstein-Straße tauschen schlaue Köpfe ihr Wissen rund um Lichtteilchen (Photonik) und optische Instrumente aus, denn am Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF wird hochmoderne Technik entwickelt, die in den Weltraum fliegt.
Hier wurde auch das Miri-Instrument (Mid Infrared Instrument) für das Weltraumteleskop James Webb entwickelt. Das Nasa-Weltraumteleskop ist aktuell das wohl spektakulärste Instrument der Astronomie. Und Miri spielt dabei eine zentrale Rolle: Mit ihm lassen sich selbst kleine und lichtschwache Objekte im infraroten Bereich untersuchen. Wenn auf einem der Jupitermonde beispielsweise eine Kerze brennen würde, könnten Forschenden dies dank der Technik aus Jena erkennen.
Gegenüber vom IOF tagten am 12. und 13. Oktober 2023 die Photonics Days Jena – eine Veranstaltung, bei der junge Talente und ihre innovativen Entwicklungen im Bereich der Optik und Photonik gefördert und geehrt werden sollen.
Wer sich für Photonik interessiert, ist in Jena richtig aufgehoben, erklärt Andreas Tünnermann in seiner Begrüßungsrede. Er ist der Leiter des Fraunhofer-Instituts IOF. "Jena ist der Geburtsort von Ernst Abbe" und 2023 sei ein wichtiges Jahr, weil Abbe vor 150 Jahren die Mikroskopie revolutionierte. Ihm gelang es, die Bildentstehung im Mikroskop allgemeingültig zu formulieren und konnte damit neuartige optische Instrumente zur Vermessung der Leistungsfähigkeit von Mikroskopen entwickeln.
Forschung aus Jena wird gefördert
Der Applied Photonics Award ehrt aktuelle Forschende für hervorragende wissenschaftliche Arbeiten, auch die von Studierenden. So wurde Manuel Klockow für seine Bachelor-Arbeit "Evaluating Diffractive Neural Network Architectures" ausgezeichnet und Valeriia Sedova für seine Masterthesis "Modeling of photoresist for grayscale lithography application". Die beste Doktorarbeit des Jahres hat nach Meinung der Jury Vincent Hahn abgeliefert. "On 3D Laser Micro- and Nanoprinting: Faster, Finer, and More Affordable" ist Titel der Arbeit.
Zudem wurden zwei Sonderpreise verliehen: Der Jury-Award für angewandte Quanten-Technologien ging an Philipp Reuschel (Vector magnetometry based on polarimetric optically-detected magnetic resonance) und Tobias Weitz erhielt den Jury-Preis für grundlegende Forschungsarbeiten in einem wichtigen Zukunftsfeld der Informationsgesellschaft (Lightwave electronics in graphene).
Von Jena zum Jupiter: Das Gala-Instrument der europäischen Juice-Mission
Zwischendurch bekamen die Gäste einen Einblick in die IOF-Forschung im Raumfahrtsektor. Henrik von Lukowicz zeigte beispielsweise, welcher Beitrag aus Jena gerade auf dem Weg zum Jupiter ist. Das Gala-Instrument der Juice-Mission ist wohl das "wichtigste und interessanteste Instrument an Bord der Raumsonde – auf jeden Fall das teuerste", so der Forscher.
Mit der Juice-Mission sollten die Eismonde des Jupiters untersucht werden. Könnte dort Leben entstanden sein? Die Sonde soll Hinweise darauf finden, das Gala-Instrument dabei helfen. Gala steht für Ganymede Laser Altimeter (engl. Ganymed Laser-Höhenmesser) und soll eine Oberflächen-Topografie-Karte des Jupitermonds Ganymed erstellen. Gala könne auch "flüssiges Wasser nachweisen", so Henrik von Lukowicz gegenüber MDR WISSEN. Wenn sich dieses "unter der Oberfläche befindet, würden die Gezeitenkräfte die Oberfläche deformieren".
Wo es flüssiges Wasser gibt, kann es auch Leben oder weitere Bausteine für dessen Entstehung geben. "Die Eismonde des Jupiters sind der Erde sehr ähnlich. Insbesondere Ganymed weist nämlich neben potenziell flüssigen Wasser auch ein Magnetfeld auf, was ansonsten neben dem Merkur nur noch die Erde hat. Er hat auch eine Atmosphäre – und somit die wichtigsten Grundlagen für die Existenz von Leben", sagt von Lukowicz.
Die Klima-Offensive aus dem Weltraum heraus
Doch im Weltraum lassen sich nicht nur ferne Himmelskörper untersuchen, sondern auch die globale Klimaentwicklung auf der Erde dokumentieren. Falk Eilenberger arbeitet an einem solchen Projekt, die CO2m-Mission, die die europäische Raumfahrtbehörde Esa ab Ende 2025 starten will. Zwar beträgt der Kohlendioxid-Anteil (CO2) in der Erdatmosphäre nur 0,04 Prozent. Doch das reicht aus, um das Klima kräftig zu erwärmen im Vergleich zu der Zeit vor der Industrialisierung, als der CO2-Anteil nur rund 0,02 Prozent betrug.
"Die Erde ist von einer Atmosphäre umgeben und diese Atmosphäre sorgt dafür, dass die Erde nicht so kalt wie der kalte Weltraum wird", erklärte Eilenberger. "Einen ganz wichtigen Anteil dafür tragen Wasser und Kohlendioxid bei. Und je mehr Kohlendioxid wir in diese Atmosphäre blasen, desto dicker sozusagen wird diese wärmende Decke. Dann wird es eben viel wärmer auf der Erde. Das ist für die Umwelt und auch für uns Menschen natürlich ein Problem."
Für die CO2m-Mission hat das IOF einen Sensor entwickelt, der die Konzentration von Stickstoffdioxid, Methan und Kohlendioxid messen soll. Zudem soll der Sensor die natürlichen Quellen von den vom Menschen verursachten Treibhausgasen unterscheiden können.
Eines der Probleme bei der Entwicklung war, dass der Sensor in eine vorgefertigte Hülle eingebaut werden musste. Normalerweise hätte man das Sensorglas mit einer Temperatur von 200 Grad Celsius hergestellt. Doch da man es mit anderen Elementen gemeinsam erhitzen musste, kam es zu Bruchstellen. Das Team musste somit nach einer neuen Lösung suchen und fand letztendlich heraus, dass 140 Grad Celsius zur Fertigstellung ausreichten.
Ausflug in die Quantenwelt Jenas und warum der Standort so wichtig für die Raumfahrt ist
Daniel Heining stellte schließlich per Videocall zugeschaltet Cubenik vor. Eine Satellitenmission, die mit Quantentechnologie Lichtsignale von der Erde zu einem Satelliten und zurück übertragen soll. Das soll die Kommunikation deutlich sicherer machen, unter anderem weil ein Abfangen fremder Übertragungen dazu führt, dass die Empfänger diese Eingriffe sofort bemerken können.
Besuch vom Vorstand des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt DLR gab es ebenfalls. Anke Kaysser-Pyzalla berichtete in ihrem Vortrag über die Mitgestaltung der zukünftigen Raumfahrt am DLR. MDR WISSEN erzählt sie, dass sich der Standort Jena "durch die Vielzahl von wichtigen Industrieunternehmen" im Raumfahrtbereich auszeichnet. Ebenso durch das "erfolgreiche Fraunhofer-Institut, das bei fast jeder wichtigen Mission dabei ist und auch durch unser Institut als DLR, als Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt hier in Jena." Besonders in allen Gebieten der Photonik ist der mitteldeutsche Standort sehr erfolgreich aufgestellt.
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