Wahlplakate mehrerer Parteien zur Bundestagswahl 2025
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Bundestagswahl Ergebnisse der Parteien lassen sich zum Teil mit unterschiedlicher Wahlbeteiligung erklären

01. März 2025, 05:00 Uhr

Deutschlandweit gilt tendenziell: CDU/CSU und Grüne haben dort mehr Stimmen geholt, wo die Wahlbeteiligung höher war. AfD, Linke und BSW erzielten bessere Ergebnisse bei niedrigerer Wahlbeteiligung. Im Osten sind einige Trends allerdings komplett anders.

Mann mit Brille und Kopfhörern vor einem Mikrofon
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Jeder kennt wahrscheinlich mittlerweile die Deutschlandkarte mit den nach Zweitstimmen-Siegern eingefärbten Wahlkreisen. Im Osten dominiert Blau, im Westen Schwarz, hin und wieder gibt es ein paar wenige andere Farbtupfer aus Grün, Rot und Lila. Wenn man dazu noch mittels Hell- und Dunkelfärbung der Parteifarben abstuft, wie stark das Ergebnis der jeweils stärksten Partei in einem Wahlkreis war, sieht die Karte so aus.

Jetzt kann man das einfach abtun mit "im Osten wurde so gewählt, und im Westen so". Aber das ist nur ein Teil der Wahrheit, zumal nur die Zweitstimmen-Sieger abgebildet sind. Wie groß oder klein der Vorsprung vor den anderen Parteien jeweils war, ist zum Beispiel nur zu erkennen, wenn man jeden einzelnen Wahlkreis anklickt.

Bundestagswahl 2025: Wahlbeteiligung schwankte zwischen 73,5 und 88,1 Prozent

Es gibt aber noch eine andere Karte. Die der Wahlbeteiligung, welche mit insgesamt über 83 Prozent so hoch wie nie seit der Wiedervereinigung 1990 war. Aber es gibt eine Bandbreite von fast 15 Prozentpunkten: Die Wahlbeteiligung in den einzelnen Wahlkreisen schwankte zwischen 73,5 und 88,1 Prozent.

Und wieder sind große Teile des Ostens anders gefärbt als große Teile des Westens. Lässt sich das Wahlergebnis also auch mit der unterschiedlichen Wahlbeteiligung erklären? Zum Teil ja, mit statistischen Mitteln.

In der nächsten Grafik sind 2.093 kleine Kreuze zu sehen. Diese stehen für die einzelnen Ergebnisse der sieben stärksten Parteien der Bundestagswahl (CDU/CSU, AfD, SPD, B'90/Grüne, Die Linke, BSW, FDP) in jedem der 299 deutschen Wahlkreise. Je weiter rechts ein Kreuz ist, desto höher war die Wahlbeteiligung im jeweiligen Wahlkreis. Und je weiter oben ein Kreuz ist, desto höher war der Zweitstimmenanteil der jeweiligen Partei.

Auf den ersten Blick wirkt das sicher recht unübersichtlich. Aber wenn man in der Legende der Grafik den Mauszeiger oder Finger auf einen Parteinamen bewegt, werden die Ergebniskreuze dieser Partei hervorgehoben. Bei einigen Parteien lässt sich da schon ein gewisses Streuungsmuster in Abhängigkeit der Wahlbeteiligung erkennen.

Lineare Regressionsanalyse zeigt Zusammenhang zwischen Wahlbeteiligung und Wahlergebnis

Diese Punktstreuungen kann man in der Statistik einer einfachen linearen Regressionsanalyse unterziehen. Dabei wird eine Gerade bestimmt, die die Summe der quadrierten Abstände (Residuen) zwischen den Datenpunkten und der Geraden minimiert. Man kann diese Gerade gewissermaßen als Trendlinie der Punktwolke interpretieren. Je nachdem, wie stark sie ansteigt oder abfällt, lässt sich daran ablesen, wie sich eine Änderung der Wahlbeteiligung auf den Zweitstimmenanteil einer Partei auswirkt. Liegt die Steigung beispielsweise bei +1,55, bedeutet das: Mit jeder Erhöhung der Wahlbeteiligung um einen Prozentpunkt, geht laut Modell ein um 1,55 Prozentpunkte höherer Zweitstimmenanteil für diese Partei einher.

Doch was sagen solche Ergebnisse überhaupt aus, vor allem wenn die Streuung der Punktwolke sehr groß ist? Hier liefert das sogenannte Bestimmtheitsmaß eine wichtige Kennzahl. Es gibt an, zu welchem Prozentsatz die Varianz (Streuung) des Zweitstimmenanteils durch das Modell erklärt werden kann. Liegt das Bestimmtheitsmaß zum Beispiel bei 32,8 Prozent, so bedeutet das, dass 32,8 Prozent der Unterschiede in den Wahlergebnissen durch Unterschiede in der Wahlbeteiligung erklärbar sind, während die restlichen Faktoren (die in diesem Beispiel 67,2 Prozent ausmachen) unberücksichtigt bleiben.

In der folgenden Grafik können Sie jede einzelne Partei anklicken und sehen, wie einflussreich die Wahlbeteiligung auf das Wahlergebnis war. Vereinfacht gesagt: Aus statistischer Sicht profitierten CDU/CSU und Grüne deutschlandweit von höherer Wahlbeteiligung, AfD, die Linke und BSW dagegen von niedrigerer Wahlbeteiligung. Bei SPD und FDP waren so gut wie keine solchen Effekte messbar.

An den verschiedenen Werten des Bestimmtheitsmaßes sieht man jedoch schon, dass so eine statistische Erklärung nur ein kleiner Teil der Wahrheit ist. Zu knapp einem Drittel lassen sich so die unterschiedlichen Ergebnisse von CDU/CSU und BSW erklären, bei der AfD aber nur noch zu 20,4 Prozent, bei den anderen Parteien noch etwas weniger. Die Mehrheit der Gründe liegt also abseits solcher statistischen Betrachtungen.

Junge Menschen laufen an Wahlplakaten vorbei. 3 min
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Mancher Trend im Osten anders, vor allem bei der Linken

Als mögliche Gründe auf der Hand liegen dann eben doch wieder die Unterschiede zwischen Ost und West und alles, was damit zusammenhängt. Statistisch interessant ist dabei die Frage, ob die eben gezeigte lineare Regression in der nahezu ausschließlich "blau gefärbten" ostdeutschen Fläche (ohne Berlin) zu deutlich anderen Ergebnissen führt als in Gesamtdeutschland. Die Antwort lautet: Teilweise ja. Aber nicht unbedingt bei der AfD. Deren schlechteste Ergebnisse gehen auch im Osten mit hoher Wahlbeteiligung einher. Und das sogar mit etwas höherem Bestimmtheitsmaß als in Gesamtdeutschland.

Die größten Unterschiede sind folgende: Während unter gesamtdeutschen Blick für die Linke eher eine niedrige Wahlbeteiligung "gut" war, ist die Linke im Osten bei höherer Wahlbeteiligung stärker gewesen. Bei CDU/CSU sieht man deutschlandweit einen starken Trend, dass eine hohe Wahlbeteiligung bessere Ergebnisse brachte, im Osten ist bei der CDU aber überhaupt kein Trend nachweisbar, relativ gleichbleibende Ergebnisse mit geringer Streuung. Das BSW hatte im Osten wie im Westen eher dort gute Ergebnisse, wo die Wahlbeteiligung vergleichsweise niedrig war, im Osten sogar mit einem Bestimmtheitsmaß von 38,4 Prozent.

Auffällig ist außerdem noch eines: Im Osten tat eine hohe Wahlbeteiligung dem Ergebnis der Grünen noch deutlich besser als in Gesamtdeutschland. Ein Prozentpunkt mehr Wahlbeteiligung im Osten bedeutete 1,03 Prozentpunkte mehr bei den Zweitstimmen. Und das sogar mit dem "Rekordwert" beim Bestimmtheitsmaß: Zu 39,7 Prozent sind die Ergebnisunterschiede der Grünen im Osten mit der Wahlbeteiligung erklärbar. Zumindest aus statistischer Sicht.

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