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Bundestagswahl 2025 Leipzig wählt anders: So hat Ihre Nachbarschaft abgestimmt
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25. Februar 2025, 18:12 Uhr
Leipzig stimmt anders ab als das übrige Sachsen – besonders bei dieser Bundestagswahl. Rot zu blau und grün und zu rot: Die Stadt teilt sich in einen inneren und äußeren Ring auf. Detaillierte Karten der Wahlergebnisse zeigen, wie die Nachbarschaften abstimmten
Leipzig stimmt bei Wahlen traditionell ganz anders ab als Sachsen – so auch bei der Bundestagswahl am vergangenen Sonntag. Vor allem zwei Parteien polarisieren in der Messestadt: Die Linke und die AfD.
Die AfD ist in Leipzig so stark wie noch nie. Sie erreicht hier mittlerweile rund 22 Prozent der Zweitstimmen. Die Partei kann sich zunehmend auch in Großstädten etablieren. Allerdings: In keiner anderen sächsischen Gemeinde schneidet die AfD so schlecht ab wie in Leipzig. Die Messestadt wählt in etwa mit den gleichen Stimmenanteil die AfD wie der Rest Deutschlands.
Starke Linke in Leipzig
Stattdessen kann sich die Linke behaupten. Bei der Landtagswahl 2024 war noch die CDU die stärkste Kraft in der Stadt, die Linke landete hinter der AfD damals nur auf Platz drei. Bei der vorangegangenen Bundestagswahl 2021 musste sie sich noch weiter hinten auf Platz vier einreihen, während SPD (20,9 Prozent), Grüne (18,5 Prozent) und CDU (14,0 Prozent) vorn lagen.
Mit fast 30 Prozent bei der aktuellen Bundestagswahl ist Die Linke in Leipzig mehr als doppelt so stark wie im übrigen von Sachsen. Grüne und SPD schneiden leicht besser ab als der sächsische Landesdurchschnitt. Das BSW kam in Leipzig auf 5,8 Prozent Stimmanteil.
Warum analysiert der MDR nur Leipzigs Wahlverhalten innerhalb von Sachsen?
- Wegen der Verfügbarkeit von kleinräumigen Wahl- und Kartendaten im Vorfeld der Bundestagswahl war unter Sachsens Großstädten nur eine Analyse aus Leipzig möglich.
- Die Stadt hatte Wahlbezirksergebnisse und Geodaten zeitnah als Open Data öffentlich zur Verfügung gestellt.
Aber auch Leipzig ist kein einheitliches Gebiet. Je nach Stadtteil schneiden die Parteien ganz unterschiedlich ab. Detaillierte Ergebnisse aus den Leipziger Urnenwahlbezirken zeigen, welche Parteien in welchen Nachbarschaften besonders beliebt sind. Für die Analyse wurden sie so zugeschnitten, dass nur Wohnflächen eingefärbt sind. Unbewohnte Gebiete wie beispielsweise der Auwald, Parks, Kleingärten oder Gewerbeflächen sind deshalb auf der Karte ausgegraut.
Die Ergebnisse der Briefwahl können nicht eindeutig den Wahllokalen zugeordnet werden. Die Daten beziehen sich also ausschließlich auf Wähler, die ihre Kreuze in der Wahlkabine gemacht haben. Die Ergebnisse der Briefwähler finden Sie weiter unten im Artikel.
Linke mit Stimmenhoheit im Zentrum, AfD in Außenbezirken
Während in den Vierteln rings ums Stadtzentrum vor allem die Linke und im Westen die Grünen am häufigsten gewählt werden, fügt sich die Zustimmung für die AfD wie ein blauer Ring um Leipzig. Wie schon bei den letzten Wahlen zeigt sich der Unterschied deutlich zwischen urbanen Zentren und äußeren Gebieten.
Wahlkreise, Urnenwahlbezirke und Briefwahlbezirke
- Wahlbezirke sind die kleinste Ebene, für die bei Bundestagswahlen in Sachsen Ergebnisse ermittelt werden.
- Zu jedem Wahlkreis gehören einige Dutzend Wahlbezirke. Diese sind in Urnenbezirke vor Ort und größere Briefwahlbezirke aufgeteilt.
- Nach Schließung der Wahllokale werden die Stimmen zunächst in den Wahlbezirken ausgezählt und schließlich auf Wahlkreisebene zusammengetragen.
Die Linke hat ihre Hochburgen im Süden rund um die Südvorstadt und Connewitz – wo sie auch bei den drei vorigen Bundestagswahlen stärkste Kraft war. Entlang der Karl-Liebknecht-Straße, die vom Wilhelm-Leuschner-Platz im Zentrum bis in die Leipziger Südvorstadt führt, hat sie am Wahlsonntag alle Wahlbezirke gewonnen. Die Linke ist aber auch stark im Westen, etwa in Lindenau und Plagwitz. Im Osten entschied sich in Volkmarsdorf jeder Zweite für die Linke.
Schleußig und Zentrum-West: grüne Tupfer im Westen
Die Grünen sind traditionell im Westteil der Stadt stark und haben ihr bestes Ergebnis in Schleußig mit rund 28 Prozent der Zweitstimmen. Trotzdem haben sie deutlich an Wählern verloren. 2021 hatten sie noch weitere Viertel östlich des Clara-Zetkin-Parks gewinnen können. Die Karte der Zweitstimmen (in der Karte weiter oben auf die "nächste Karte" klicken) zeigt auch, dass die Grünen in ähnlichen Gebieten wie die Linke starke Ergebnisse erzielen und häufig auf dem zweiten Platz landen.
Die SPD ist wie im übrigen Sachsen abgestürzt und holte ihr schlechtestes Ergebnis. Sie wurde in keinem Wahlkreis stärkste oder zweitstärkste Kraft. 2021 konnten die Sozialdemokraten abseits des Zentrums noch große Erfolge erzielen. Ihr bestes Wahlergebnis holte sie am Sonntag in Gohlis-Süd im Wahlbezirk 9081 mit rund 15 Prozent.
Die CDU kann noch einige Wahlbezirke für sich entscheiden. In den Leipziger Außenbezirken sind die Christdemokraten traditionell stark. So auch in Probstheida, wo sie einen Wahlbezirk mit rund 30 Prozent der Stimmen gewinnt. Bei dieser Wahl ist sie in diesen Stadtteilen aber häufiger zweitstärkste Kraft: hinter der AfD.
Die weiterhin als gesichert rechtsextrem eingestufte Partei in Sachsen zieht als zweiter Wahlgewinner einen blauen Ring um die zentrumsnahen Bezirke. Im Westen sammelt sie zum Beispiel beginnend ab Schönau und Leutzsch in Richtung Norden und Süden der Stadt die meisten Stimmen.
AfD-Hochburgen in Leipzig: Meusdorf und Liebertwolkwitz
In den Randgebieten erreicht die AfD oft ein Drittel und mehr der Stimmen. Ortsteile wie Hartmannsdorf-Knautnaundorf oder Althen-Kleinpösna haben eher ländlichen als großstädtischen Charakter. Im Wahlbezirk 8309 in Lindenthal wählt sie jeder Zweite. Die Stadtteile Meusdorf und Liebertwolkwitz im Südosten sind schon länger AfD-Hochburgen: Hier bekam die AfD bereits zum dritten mal in Folgebei Bundestagswahlen die meisten Zweitstimmen.
Die Umrechnung der Wahlergebnisse auf Wohngebiete zeigt, warum die Linke in Leipzig dennoch stärkste Kraft werden konnte: Die AfD gewinnt bei Wahlen häufig in flächenmäßig relativ großen, aber dünn besiedelten Gebieten. Da die Linke vor allem in den dicht besiedelten Stadtteilen Stimmen gewinnt, gewann sie auch im Leipziger Gesamtergebnis.
Briefwähler stimmen anders ab
Bei den gezeigten Ergebnissen ist jedoch zu beachten, dass sie nur einen Teil der Wahlberechtigten abbilden. Rund 38 Prozent der Wählerinnen und Wähler haben nach MDR-Berechnungen ihre Stimme per Briefwahl abgegeben.
Bei den Briefwählern schnitt die AfD deutlich schlechter ab als in den Wahllokalen. Während sie bei den Wählern mit direkter Stimmabgabe im Wahllokal rund 28 Prozent erreichte, erhielt sie nur 12 Prozent der Briefwahlstimmen. Die AfD macht immer wieder Stimmung gegen die Briefwahl. Ihre Anhänger wählen daher seltener per Brief.
Im Gegenzug waren mit Ausnahme des BSW alle anderen Parteien bei den Briefwählern stärker vertreten. Besonders groß war der Unterschied bei den Grünen. Im direkten Vergleich ist ihr Briefwahlergebnis um sechs Prozentpunkte besser als an den Wahlurenen in Leipzig.
Würde man die Briefwähler hinzuzählen, würde man also vermutlich weniger Blau und mehr Schwarz, Rot und Grün auf der Karte der Wahlbezirke weiter oben im Artikel zu sehen sein.
MDR (kk)