Großer Freundeskreis
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Langzeitstudie Freundschaften in den Teenager-Jahren wirken sich aufs Wohlbefinden im Erwachsenen-Alter aus

14. Oktober 2024, 12:28 Uhr

Zeitpunkt und Qualität von Freundschaften unter Heranwachsenden haben Einfluss auf deren Wohlbefinden, wenn sie erwachsen sind. Das zeigt eine US-amerikanische Studie, die die Probanden über 15 Jahre begleitet hat. Eine hohe soziale Akzeptanz im frühen Teenager-Alter und enge Freundschaften in etwas späteren Jahren sind demnach besonders gut.

Mann mit Brille und Kopfhörern vor einem Mikrofon
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Die Teenagerjahre sind eine Phase intensiver körperlicher und seelischer Veränderungen, die das spätere Leben stark beeinflussen. In dieser Zeit findet nicht nur die Pubertät statt, in der hormonelle Umstellungen die körperliche Reifung vorantreiben, sondern auch die Entdeckung der eigenen Identität. Der Körper verändert sich schnell, was oft zu Unsicherheiten und einem neuen Körperbewusstsein führt. Themen wie Sexualität, Attraktivität und körperliche Grenzen werden erstmals wirklich relevant und prägen das Verhältnis zum eigenen Selbstbild nachhaltig.

Psychisch ist die Jugendzeit von einer Suche nach Zugehörigkeit und Selbstverständnis geprägt. Jugendliche befinden sich in einem Spannungsfeld zwischen dem Wunsch nach Autonomie und der Notwendigkeit, sich in sozialen Gruppen einzuordnen. Die Meinungen von Gleichaltrigen werden zu zentralen Orientierungspunkten, und der Druck, einem bestimmten Bild zu entsprechen, kann sowohl fördernd als auch belastend sein.

Auch erste emotionale Beziehungen, sei es im Freundeskreis oder in Form von romantischen Partnerschaften, formen das Verständnis von Nähe, Vertrauen und Konfliktbewältigung. Entscheidungen, die in dieser Phase getroffen werden, zum Beispiel die Wahl von Freundinnen oder Freunden, wirken oft weit in das spätere Leben hinein. Das zeigt nun auch eine US-amerikanische Studie, die insgesamt 184 Probanden in jeweils drei verschiedenen Lebensabschnitten befragt hat. Zum ersten Mal, als die Probanden 13 bis 14 Jahre alt waren, dann mit 17 bis 18 nochmal und schließlich im Alter von 28 bis 30 Jahren, wo es um Dinge wie körperliche und geistige Gesundheit, Arbeitszufriedenheit, "romantische Unsicherheit" und Erfahrungen mit Aggressionen ging.

Frühzeitige soziale Akzeptanz ist hilfreich

Als ein klarer Zusammenhang wurde herausgearbeitet, dass das Wohlbefinden im Erwachsenenalter umso größer war, je stärker die eigene soziale Akzeptanz in den frühen Teenagerjahren (13 bis 14) wahrgenommen wurde. Dabei ging es nicht um die tatsächliche Akzeptanz (was andere wirklich über die Person denken), sondern um die selbst wahrgenommene, also wie akzeptiert man sich selbst mit 13 bis 14 Jahren fühlte. Je größer der so eingeschätzte Freundeskreis und das damit einhergehende Akzeptanzgefühl, desto besser fürs spätere Leben.

"Die Wahrnehmung eines Teenagers, wie weit er von Gleichaltrigen sozial akzeptiert wird, ist in der frühen Jugend besonders einflussreich für die Vorhersage des Wohlbefindens im Erwachsenenalter", fasst Studienerstautorin Emily Shah von der University of Arkansas dieses Teilergebnis zusammen. Während die Selbstwahrnehmung des Erfolgs bei jüngeren Teenagern die Entwicklung sozialer Ängste verhindern und dazu beitragen könnte, stressbedingte Verschlechterungen des Gesundheitszustands zu verhindern, bestand dieser Zusammenhang laut Studie in späteren Teenagerjahren nicht mehr.

Später werden enge Freundschaften wichtiger

Mit 17 bis 18 Jahren war dann also nicht mehr die Quantität der Freundschaften entscheidend, sondern die Qualität. Auch dieser Zusammenhang wurde in der Studie klar nachgewiesen. Enge Freundschaften im Alter von 17 bis 18 Jahren sagten geringere soziale Ängste und weniger Unsicherheiten in Liebesfragen sowie eine höhere Arbeitszufriedenheit voraus.

"Es ist nicht einfach, in dieser Welt ein Teenager zu sein" sagt Psychologin Emily Shah, "und ich glaube, dass Teenager mit den Fähigkeiten, die sie haben, das Beste machen, was sie können. Ich hoffe, dass Erwachsene, die mit Teenagern zu tun haben, in Erwägung ziehen, diese Perspektive zu teilen, um Raum für Empathie und Mitgefühl zu schaffen".

Einschränkungen der Studie

Die Studie hatte nur Probanden, die im frühen Teenager-Alter an US-amerikanischen Mittelschulen waren. Insofern ist unklar, inwieweit die Ergebnisse auf andere Menschen- oder Kulturkreise übertragen werden können. Außerdem wurden die Daten der Studie vor dem durch die Covid-19-Pandemie verursachten erhöhten Stress erhoben. Daher sei bei der Interpretation der Ergebnisse Vorsicht geboten, schreiben die Autoren, "da die langfristigen Auswirkungen dieser global erlebten und situationsbedingten zwischenmenschlichen Stressoren noch unbekannt sind und die Ergebnisse der aktuellen Studie möglicherweise nicht auf Personen übertragbar sind, die von der Pandemie betroffen sind."

Darüber hinaus basierte die Studie weitgehend auf Selbstauskünften der Probanden. Und es sei wichtig zu beachten, "dass Studien wie diese auf Dinge hinweisen, die im Durchschnitt passieren, und dass die Dinge für jedes einzelne Kind oder jeden einzelnen Teenager anders sein können", sagt Co-Autor David Szwedo.

Dennoch unterstreiche die Studie, so Szwedo, wie wichtig es ist, dass Eltern und andere betreuende Personen das soziale Leben ihrer Kinder im Auge behalten, "indem sie mit ihren Kindern sprechen, mit ihren Lehrern reden und wissen, mit wem sie online sprechen. Es ist für Eltern hilfreich, nicht nur zu fragen, wer die Freunde ihrer Teenager sind, sondern auch, wie sehr sie sich sozial akzeptiert fühlen."

Links / Studien

Die Studie "Adolescent close friendships, self-perceived social acceptance, and peer-rated likeability as predictors of wellbeing in young adulthood" ("Enge Freundschaften im Jugendalter, selbst wahrgenommene soziale Akzeptanz und von Gleichaltrigen bewertete Sympathie als Prädiktoren für das Wohlbefinden im jungen Erwachsenenalter") ist im Fachjournal "Frontiers in Developmental Psychology" erschienen.

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | Lesezeit | 23. September 2024 | 09:05 Uhr

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