WISSEN-NEWS Videoüberwachung: Auswirkungen von Big Brother auf die Psyche
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18. Dezember 2024, 11:49 Uhr
Wer ständig überwacht wird, entwickelt eine Überempfindlichkeit. Diese hat einerseits Vorteile, wie das schnellere Erkennen von Gesichtern. Andererseits kann diese Fähigkeit auch ein Anzeichen für eine psychische Belastung sein.
Big brother is watching you … inwieweit verändert sich das menschliche Verhalten, wenn wir wissen, dass wir beobachtet werden? Wenn wir auf die Straße treten, verfolgen Kameras unsere Schritte, sie scannen unsere Gesichter. Wer über eine rote Ampel geht, verliert im chinesischen Sozialkredit-System an Punkten und Privilegien. Doch auch während der Olympischen Spiele in Frankreich fand eine großflächige Videoüberwachung statt.
Der Mensch besitzt die Fähigkeit, den Blick einer anderen Person zu erkennen. Diese Fähigkeit hat eine Forschungsgruppe der Technischen Universität Sydney (UTS) in Bezug auf die Auswirkungen der Überwachung untersucht. In früheren Studien wurden bereits bewusste Verhaltensänderungen beschrieben. Diese Studie liefert zudem den ersten direkten Beweis dafür, dass die Beobachtung auch eine unfreiwillige Reaktion hervorruft.
"Wir zeigen jedoch, dass sich nicht nur das Verhalten ändert, sondern auch unser Gehirn die Art und Weise verändert, wie es Informationen verarbeitet", erklärt der Hauptautor Kiley Seymour in einer Pressemitteilung.
Überwachung führt zu Überempfindlichkeit – ähnlich wie bei Psychosen
Auffällig überwacht zu werden, hat eine Auswirkung auf die Fähigkeit, ein Gesicht bewusst zu erkennen. Dieser Mechanismus ist notwendig, um potenzielle Bedrohungen in unserer Umgebung, wie Raubtiere oder gefährliche Menschen, zu erkennen – aber auch "von entscheidender Bedeutung für menschliche soziale Interaktionen", sagt Seymour.
Informationen, die in Gesichtern, wie der Blickrichtung, vermittelt werden, ermöglichen es uns, Modelle des Geistes anderer Menschen zu konstruieren und diese Informationen zu verwenden, um Verhaltensweisen vorherzusagen.
Bei der Videokameraüberwachung wird diese Fähigkeit verstärkt. Im Gegensatz zur Kontrollgruppe nahm die untersuchte Gruppe Gesichtsreize fast eine Sekunde schneller wahr. Es war eine Art von Hypersensibilität zu beobachten. Doch diese Überempfindlichkeit hat vermutlich auch Auswirkungen auf die mentale Gesundheit.
"Bei psychischen Erkrankungen wie Psychosen und sozialen Angststörungen, bei denen die Betroffenen irrationale Überzeugungen haben oder sich mit dem Gedanken beschäftigen, beobachtet zu werden, ist eine Überempfindlichkeit gegenüber Blicken zu beobachten", erörtert der Neurowissenschaftler. Die Probanden der Studie haben nach eigenen Angaben eine Veränderung bei der sozialen Grundverarbeitung nicht wahrgenommen.
Links/Studien
Die Studie wurde am 10. Dezember 2024 in der Fachzeitschrift Neuroscience of Consciousness veröffentlicht: Big brother: the effects of surveillance on fundamental aspects of social vision.
Die dazugehörige Pressemitteilung erschien am 16. Dezember 2024: The psychological implications of Big Brother’s gaze.
pk
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Mensch Nachbar | 04. Februar 2024 | 18:00 Uhr
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