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Ein Mann blickt von einer Bank am Ufer auf eine Flusslandschaft. An der Bank lehnt sein Fahrrad. 10 min
Warum sind Flüsse unser Schicksal? Bildrechte: MDR
10 min

Wir müssen den Flüssen nah sein.
Durch sie haben wir nicht nur überlebt,
sie haben die Menschheit auch zu dem gemacht, was sie heute ist.

Di 15.10.2024 22:40Uhr 09:45 min

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MDR Wissen Podcast Warum Flüsse für die Menschheitsgeschichte so wichtig waren

16. Oktober 2024, 12:52 Uhr

Flüsse haben unsere Zivilisation erst zu dem gemacht, was sie heute ist. Sie waren Ernährer, Wanderrouten und Zivilisationstreiber. Alle prähistorischen Siedlungen befanden sich an Flüssen. Archäologe Harald Meller erklärt, was wir über Flüsse wissen.

Am Fluss sitzen und aufs Wasser blicken – das verbinden viele Menschen mit Entspannung. Aber warum eigentlich? Archäologe Prof. Harald Meller sagt, es könnte an unseren steinzeitlichen Wurzeln liegen: "Wenn Sie in den Urlaub fahren, dann fahren Sie gerne an Gewässer. Sie haben gern Wasser und wissen, dass Sie sich immer versorgen können. Kurzum Sie sind gern in der idealen ökologischen Nische." Blauraum nennen Forscher das heute und zeigen in Studien, dass der Besuch von Kanälen und Flüssen das psychische Wohlbefinden verbessert.

Alle prähistorischen Siedlungen waren an Flüssen

Schatzsucher und Archäologe Harald Meller
Schatzsucher und Archäologe Harald Meller Bildrechte: MDR / Karsten Möbius

Alle prähistorischen Siedlungen sind in der Nähe von Flüssen entstanden, betont Meller. Finde man heute die Reste einer Siedlung ohne den dazugehörigen See oder Fluss, habe sich meist der Flusslauf im Laufe der Zeit verlagert. Mit dem Ende der Eiszeit vor etwa 12.000 Jahren gab es in Mitteleuropa durch die schmelzenden Gletscher Wasser im Überfluss. Archäologe Harald Meller erklärt, man müsse sich das vorstellen wie heutzutage in Kanada: "Große Flusssysteme, die breit ausufern und dort kann man natürlich sehr gut jagen zum einen und zum anderen kann man sich auch auf den Flüssen sehr gut fortbewegen. Wir sehen, dass die Menschen schon über hervorragende Boote und Paddel verfügen. Das sind damals die Autobahnen der Menschen."

Flüsse machten uns demzufolge damals beweglicher. Sie waren eine Art Lebensversicherung, weil immer etwas zu essen in ihnen geschwommen ist. Die Angelhaken aus dieser Zeit beispielsweise sind riesig und ohne Widerhaken. Das verweise darauf, dass damals nur Großfische geangelt wurden: "Damals gab es einen Fischbestand, der ist nach unserer Vorstellung unglaublich ist." Man habe gut nachweisen können, dass die Menschen zu dieser Zeit sehr viel Fisch gegessen haben.

Flüsse ermöglichen schnellere Wanderung

Vor etwa 7.500 Jahren entstanden dann die ersten festen Siedlungen. Das war die Zeit, in der Menschen aus dem vorderen Orient eingewandert sind und die Landwirtschaft mitbrachten. Hier war so gut wie überall Wald. Damals hätten gefrorene Flussläufe den Menschen eine schnellere Wanderung ermöglicht, sagt Meller. Als sie sesshaft wurden, siedelten sie in Langhäusern direkt am Fluss. Diese Art der Besiedlung ist offenbar so erfolgreich gewesen, dass diese Siedler und ihre Nachfahren in ganz Mitteleuropa heimisch geworden sind, und das ganz konsequent immer nur am Fluss.

Bewässerung als Treiber für Kooperation zwischen Menschen

Damit beginnt auch die Zeit des Bevölkerungswachstums, der modernen Zivilisationen. Nicht nur die ersten Siedlungen sind alle am Wasser entstanden auch die alle frühen großen Reiche: An Euphrat und Tigris, am Nil, am Ganges und am Mekong. Dort entwickeln sich die großen Zivilisationen und, das ist das Entscheidende, sie entwickeln sich arbeitsteilig. Denn es ist notwendig, die Landwirtschaft zu bewässern. Bewässerung, das sagt Harald Meller, führe automatisch dazu, dass Menschen kooperieren und das wiederum bedinge, dass es eines Tages hierarchische Systeme gebe.

Der Fluss ist praktisch unsere Lebensader, aber auch der Beginn von dem, was wir heute als modernes Leben kennen.

Harald Meller, Landesarchäologe Sachsen-Anhalt

Meller erklärt: "Die Menschen sind plötzlich Teil einer produktiven Kette, aus der sie nicht mehr rauskommen. Und das beschäftigt uns bis heute: Diktaturen und wie man sie umgeht und wie man sie besiegt und wie man wieder zu einem Leben zurückkommt, das dem einzelnen wieder mehr Freiheit ermöglicht, wie zum Beispiel in einer Demokratie, das ist etwas, was uns sehr aktuell beschäftigt." Das hänge mit Flüssen insofern zusammen, als dass an den Flüssen unsere Zivilisationen und damit auch diese hohe Bevölkerungszahl entstehe. Der Archäologe sagt: "Der Fluss ist praktisch unsere Lebensader, aber auch der Beginn von dem, was wir heute als modernes Leben kennen."

km/iz

Dieses Thema im Programm: MDR+ | Die großen Fragen in 10 Minuten | 16. Oktober 2024 | 12:00 Uhr

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