Archäologie Milchprodukte und Fleisch: Metallkessel offenbart Ernährung in der Bronzezeit
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19. August 2023, 18:32 Uhr
In der Archäologie müssen Forschende häufig schlussfolgern, wie die Menschen vor tausenden Jahren gelebt haben. Durch Aufzeichnungen oder den Kontext von Funden weiß man, wie antike Werkzeuge genutzt wurden. Doch bei der Ernährung klappte das nicht. Hier konnte man bisher nur Annahmen darüber treffen, was gegessen wurde. Doch eine Schweizer Studie wird konkret: Proteinrückstände aus Metallkesseln der Bronzezeit belegen, dass die Menschen der Maikop-Kultur Fleisch und Milchprodukte aßen.
Die Heimat der Maikop-Kultur erstreckte sich zwischen dem Kaspischen und dem Schwarzen Meer von Südwestrussland bis zur Türkei. Heute umfasst die Kaukasusregion die Länder Georgien, Aserbaidschan und Armenien. In der Zeit von 3.700 bis 2.900 vor Christi lebten hier die Menschen der frühbronzezeitlichen Maikop-Kultur. Und die kochten ihr Essen in Metallkesseln. In diesen Kesseln aus dem Kaukasus hat ein Forschungsteam der Universität Zürich Überbleibsel dieser Nahrung gefunden: Proteinrückstände zeigen, was während der Bronzezeit in diesen Kesseln köchelte.
Das Fleisch von Rind und Wild - Milchprodukte von Schaf und Ziege
Offenbar zeugen die Proteinreste von einem regelrechten Festmahl, so das Forschungsteam: Denn gekocht wurde zum einen das Fleisch von Hirschen und Rindern, Schafen und Ziegen. Aber auch die Milch von Schaf und Ziege wurde offenbar verarbeitet. "Es ist wirklich spannend, eine Vorstellung davon zu bekommen, was die Menschen vor so langer Zeit in diesen Kesseln gemacht haben", sagt Erstautorin Shevan Wilkin. "Das ist der erste Beweis, den wir für konservierte Proteine eines Festmahls haben – es ist ein großer Kessel. Sie bereiteten offensichtlich große Mahlzeiten zu, nicht nur für einzelne Familien."
Das Forschungsteam hat die Bronze-Kessel aus der Kaukasusregion mithilfe der Radiokarbondatierung eingeordnet. Demnach seien sie zwischen 3.520 und 3.350 v. Chr. verwendet worden. "Maykop-Bronzekessel aus dem vierten Jahrtausend v. Chr. sind ein seltener und teurer Gegenstand, ein erbliches Symbol der gesellschaftlichen Elite", erklärt Archäologe Viktor Trifonov. Neben Gebrauchsspuren wiesen die Kessel auch Anzeichen einer umfangreichen Reparatur auf. Das weise drauf hin, so der Forscher, dass sie wertvoll gewesen seien, große Geschicklichkeit bei der Herstellung erfordert und als wichtige Symbole für Reichtum oder soziale Stellung fungiert hätten.
Antimikrobielle Metalllegierung erhält Proteine
Forschende versuchen immer wieder mehr über die Ernährung der Menschen der Antike zu erfahren. Die in Töpferwaren konservierten Fette und die Proteine in Zahnstein - also den harten mineralisierten Plaqueablagerungen auf Zähnen - können dem Forschungsteam zufolge Spuren der Nahrung enthalten, die die Menschen im Laufe ihres Lebens gegessen hatten. Diese Analysetechniken nutzten die Forschenden, um mehr über die in den Metallkesseln zubereiteten Mahlzeiten zu erfahren. Auf ihnen bleiben die Eiweiße nämlich besonders gut erhalten, denn viele Metalllegierungen haben antimikrobielle Eigenschaften. Dadurch können die Mikroben im Schmutz sie nicht so einfach abbauen wie auf Oberflächen aus Keramik und Stein.
Untersucht hat das Forschungsteam Rußproben von der Oberfläche der Bronze-Kessel. Daraus konnten sie erfolgreich Proteine aus Blut, Muskelgewebe und Milch gewinnen. Eines dieser Eiweiße sei das Hitzeschockprotein Beta-1 gewesen. Es weise darauf hin, dass die Kessel zum Kochen von Hirsch- oder Rindergewebe (Kühe, Yaks oder Wasserbüffel) verwendet wurden. Milchproteine von Schafen und Ziegen dagegen legten nahe, dass die Kessel auch zur Zubereitung von Milchprodukten genutzt wurden.
Die Studie zeige, dass in dem Ansatz, biologische Analysemethoden mit der Archäologie zu verbinden, großes Potential stecke, bilanzieren die Forschenden. "Wenn Proteine auf diesen Gefäßen konserviert werden, besteht eine gute Chance, dass sie auf einer Vielzahl anderer prähistorischer Metallartefakte konserviert werden", so Erstaurotin Wilkin.
Deshalb sollen jetzt Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den Rückständen einer breiteren Palette von Gefäßtypen untersucht werden, die im Kaukasus gefunden worden. "Wir möchten eine bessere Vorstellung davon bekommen, was die Menschen in dieser alten Steppe taten und wie sich die Essenszubereitung von Region zu Region und im Laufe der Zeit unterschied", so Wilkin. Da die Ernährung ein wichtiger Teil der Kultur sei, könne sie dabei helfen, die kulturellen Zusammenhänge zwischen verschiedenen Regionen zu verstehen.
Link zur Studie
Wilkin, Shevan et al: Curated cauldrons: Preserved proteins from early copper alloy vessels illuminate feasting2practices in the Caucasian steppe. In: iScience from Cell Press. 2023. DOI: https://dx.doi.org/10.1016/j.isci.2023.107482.
(kie)