Deutschland ist Schlusslicht bei Tabak-Kontrolle Wieder mehr Raucher in Deutschland, besonders bei Jugendlichen
Hauptinhalt
21. April 2023, 16:13 Uhr
Der rauchende Anteil der Bevölkerung ist in Deutschland zuletzt recht deutlich gestiegen, auch bei Jugendlichen unter 18 Jahren. Suchtforscher Heino Stöver sieht Deutschlands Tabak-Politik als Hauptgrund.
In Deutschland wird wieder deutlich mehr geraucht. Das geht aus Zahlen der Deutschen Befragung zum Rauchverhalten (DEBRA) hervor. Besonders stark fällt dabei der Anstieg bei den 14 bis 17-jährigen Jugendlichen aus. Bei ihnen hat sich laut DEBRA der rauchende Anteil binnen eines Jahres fast verdoppelt, von 8,7 auf 15,9 Prozent.
Federführend für die Befragung ist das Institut für Allgemeinmedizin der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Daten von regelmäßig mehr als 12.000 Befragten fließen in die Studie ein. Nur ein recht geringer Teil der Befragten sind 14- bis 17-Jährige, deren Befragungsergebnisse dann auf alle deutschen Jugendlichen hochgerechnet werden.
Ob das so schlüssig sei, darüber gebe es große Differenzen, sagt Heino Stöver, Professor für sozialwissenschaftliche Suchtforschung an der Uni Frankfurt. Weil aber auch der rauchende Anteil in der größeren Gruppe der Erwachsenen während der Pandemie-Jahre deutlich gestiegen sei, klingen die Zahlen der Jugendlichen für ihn plausibel.
"Ich kann mir vorstellen, dass Jugendliche tatsächlich auch in diese Entwicklung reinpassen und mehr rauchen, weil es Erwachsene eben vermehrt auch wieder tun und weil Deutschland – das muss man ganz klar sagen – in der Tabak-Kontrolle in Europa das Schlusslicht bildet", so Stöver im Gespräch mit MDR AKTUELL.
Die Gründe dafür benennt der Suchtforscher klar: "Wir haben so viele Zigaretten-Automaten wie kein anderes Land auf der Welt. Wir haben eine sehr laxe Kontrolle des Alters beim Verkauf und so weiter. Und diese Gesamtpolitik, diese fehlerhafte Tabakkontrolle, die trägt natürlich auch noch dazu bei, dass, anders meinetwegen als in England, die Kippe tatsächlich zum täglichen Leben vieler eben noch dazugehört."
Vorbild England?
Die deutsche Politik müsse nur den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation folgen, um von den hohen Zahlen wieder runterzukommen, rät Stöver und nennt das Vereinigte Königreich als mögliches Vorbild, wo es beispielsweise das "plain packaging" gibt.
"Alle Zigarettenschachteln sehen gleich aus, es gibt keine Markenlogos mehr", erklärt Stöver. Zigarettenschachteln "werden auch nicht mehr sichtbar sein, sondern nur noch hinter geschlossenen Schränken verkauft und gelagert im Supermarkt." All das seien viele kleine Dinge, die England dazu verholfen hätten, die Rauchprävalenz in der erwachsenen Bevölkerung auf 13 Prozent zu drücken.
Viel mehr Raucher als Dampfer
Auch der Anteil derer, die E-Zigaretten konsumieren, stieg laut DEBRA binnen eines Jahres in allen Altersgruppen, relativ gesehen sogar recht stark, bei Jugendlichen zum Beispiel von 0,5 auf 2,5 Prozent.
Aber insgesamt liegen die Zahlen bei den Dampfern (auch Vaper genannt) auf deutlich niedrigerem Niveau als bei den Rauchern. Mehr als vier Prozent Dampfer sind es in keiner Altersgruppe.
Ob sich der Anstieg von 2021 bis 2022 zum anhaltenden Trend entwickelt, ist natürlich noch unklar. Gerade beim relativ kleinen Markt der E-Zigaretten zeigen die DEBRA-Zahlen mit etwa 12.000 Befragten über die Jahre starke Schwankungen.
(rr)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 21. April 2023 | 06:17 Uhr