Weltbrustkrebstag Der Feind in mir: Brustkrebszellen stacheln sich gegenseitig an
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01. Oktober 2024, 05:00 Uhr
Brustkrebs gehört zu den am besten erforschten Krebsarten. Mit über 70.500 Neuerkrankungen im Jahr ist es die häufigste Variante bei Frauen. Besonders junge Frauen sind zunehmend betroffen. Forschende haben jetzt entdeckt, wie aggressive Zellen kommunizieren, sich potenzieren und Metastasen bilden. Sie erhoffen sich damit neue Erkenntnisse für Therapien.
Mutierte eigene Zellen, die den Körper zerstören wollen, beschäftigen weltweit tausende Forschende. Der Feind in mir – das Risiko Krebs ist auch im 21. Jahrhundert längst nicht besiegt. 20 Millionen Menschen sind im Jahr 2022 weltweit an Krebs erkrankt. Auch im medizinisch sehr fortschrittlichen Deutschland erhalten jedes Jahr über 70.500 Frauen die Diagnose Brustkrebs, besonders junge Frauen im gebärfähigen Alter sind zunehmend betroffen.
"Jede achte Frau bekommt irgendwann in ihrem Leben Brustkrebs", erklärt Dr. Katrin Schaudig, Frauenärztin und Präsidentin der Deutschen Menopausen-Gesellschaft im Gespräch mit dem MDR. "Jede Zehnte davon ist jünger als 45 Jahre. Grundsätzlich nimmt die Anzahl von jüngeren Frauen mit einer Brustkrebsdiagnose zu."
Welche Wirkung haben hormonaktive Substanzen?
Die Gründe liegen laut der Gynäkologin noch im Vagen. Es gebe jedoch bereits mehrere Theorien, wie beispielsweise Umweltfaktoren und hormonaktive Substanzen. "Endokrine Disruptoren sind Substanzen, die hormonell in unseren Körper wirken, ohne dass wir uns dessen bewusst sind – zum Beispiel Bisphenole in Weichmachern", erklärt Schaudig. "Wie sich diese Substanzen auswirken, können wir noch nicht absehen, die Forschung steckt hier noch in den Anfängen."
Alkohol steigert das Krebsrisiko um die Hälfte
Eine große Rolle spielt Schaudig zufolge auch der Alkoholkonsum. "Zwei Glas Wein am Abend steigern das Brustkrebsrisiko um 50 Prozent", sagt Schaudig. "Wir wissen heute, dass schon wenig Alkohol Folgen haben kann."
WHO erwartet rasanten Anstieg der Krebsfälle
Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt die Weltgesundheitsorganisation. Demnach wird die Zahl der Krebserkrankungen weltweit bis 2050 rasant um bis zu 77 Prozent steigen. Die Hauptursachen sind laut WHO Rauchen, Alkohol, Fettleibigkeit und Luftverschmutzung.
Wie funktionieren aggressive Tumorzellen?
Krebs ist und bleibt also ein Massenphänomen. Fast ein Viertel aller Todesfälle in Deutschland gehen auf Krebserkrankungen zurück, so das Statistische Bundesamt. Fieberhaft forschen Wissenschaftler zu Ursachen und Therapien. Neue Erkenntnisse sind Forschenden der Universität Münster gelungen. Sie konnten zeigen, wie Brustkrebszellen ihre aggressiven Eigenschaften an benachbarte Tumorzellen weitergeben und damit die Metastasenbildung beeinflussen. So kann eine Zelle, die ein hohes Potenzial zur Abwanderung und Metastasenbildung besitzt, einer benachbarten Zelle ohne aggressive Eigenschaften dieses Potenzial übertragen.
"Die sogenannte 'laterale Transmission von Aggressivität' führt zu einer höheren Zahl an metastasierenden Brustkrebszellen und beeinträchtigt damit die Therapierbarkeit eines Tumors“, erklärt Dr. Nancy Adriana Espinoza Sánchez von der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe des Uniklinikum Münster. Unklar sei jedoch, wie genau diese Übertragung abläuft.
Nicht alle Zellen eines Tumors können Metastasen bilden
Wächst ein Tumor besonders schnell und bildet Metastasen, so wird er als "aggressiv" eingestuft. Ebenso kann auch innerhalb eines Tumors zwischen aggressiven und nicht-aggressiven Zellen unterschieden werden, denn nicht alle Zellen eines Tumors sind in der Lage, abzuwandern und Tochtergeschwulste zu bilden. Oft sind es aber die aggressiven, metastasenbildenden Zellen, die besonders therapieresistent sind.
Zellen kommunizieren über Exosome
Sanchéz zufolge gibt es verschiedene Wege, auf denen Zellen Informationen untereinander austauschen. Dafür werden Signalstoffe entweder direkt oder verpackt in einem transportfähigen Paket – einem Exosom – an eine benachbarte Zelle weitergegeben. Die Forschungsgruppe aus Münster vermutet, dass diese Exosomen für die Interaktion zwischen den Tumorzellen und damit für das Tumorwachstum und die Metastasenbildung eine wichtige Rolle spielen. Brustkrebszellen könnten demnach ihre aggressiven Eigenschaften umso besser weitergeben, je besser ihre Kommunikation über die Exosome funktioniert. Einmal in Fahrt gekommen, stacheln sich also aggressive Brustkrebszellen weiter an und bilden Metastasen heraus.
Kann Hemmung eines Proteins die Krebszellen-Kommunikation stören
Dafür untersuchen die Wissenschaftler das Protein Syndecan-1, von dem bekannt ist, dass es bei der Formation von Exosomen eine Rolle spielt. Ist Syndecan-1 an der Übertragung von aggressiven Eigenschaften zwischen Brustkrebszellen beteiligt, so könnte eine Hemmung des Proteins eine mögliche Therapieoption für aggressive Brusttumoren sein.
Wichtiger Ansatz für neue Therapien
"Wir benötigen neue Therapiemöglichkeiten für Brustkrebs, insbesondere für die besonders aggressiven, therapieresistenten Varianten. Das Forschungsprojekt von Frau Dr. Espinoza Sánchez ist ein sehr innovativer Ansatz und stellt einen wichtigen Schritt zur Entwicklung neuer zielgerichteter Therapien dar“, sagte Gerd Nettekoven, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krebshilfe.
Links/Studien
Das Forschungsprojekt wird gemeinsam mit der Klinik für Strahlentherapie – Radioonkologie des Universitätsklinikums Münster durchgeführt. Die Deutsche Krebshilfe fördert es mit rund 230.000 Euro.
Weitere Informationen zu allen Krebsarten bei der Deutschen Krebshilfe.
tomi/idw
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 01. Oktober 2024 | 12:10 Uhr
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