Gute Nachrichten fürs Klima Hoffnungen in der Klimakrise: Haben wir den CO2-Gipfel erreicht?
Hauptinhalt
18. November 2021, 16:16 Uhr
Es gibt sie noch, die guten Nachrichten für das Klima: Der weltweite CO2-Ausstoß scheint zu stagnieren. Damit wir keinen neuen Emissionsgipfel erreichen, fordern Experten aber schnelle und wirksame Maßnahmen. Um diese umzusetzen und die in einer Gesellschaft vorherrschenden Einstellungen zu ändern, braucht es oft nur eine kleine Minderheit, zeigt eine Studie.
Der weltweite CO2-Ausstoß scheint zu stagnieren. Das geht aus Daten des Global Carbon Projects hervor. Die Forschenden haben ihre Zahlen nach unten korrigiert und erwarten in diesem Jahr Emissionen von 36,4 Milliarden Tonnen Kohlendioxid. Das sind zwar 4,9 Prozent mehr als im Corona-Jahr 2020 und fast so viel wie vor der Pandemie. Die Forschende befürchten einen weiteren Anstieg im Jahr 2022, wenn sich die diesjährigen Trends fortsetzten. Dies gelte vor allem, wenn der Straßenverkehr und der Luftverkehr auf ihr früheres Niveau zurückkehrten und der Kohleverbrauch stabil bleibe.
Emissionen steigen nicht – sinken aber auch nicht
Doch ein Vergleich zeigt, dass die Emissionskurve in den vergangenen zehn Jahren abflacht. Klima- und Meeresforscher Stefan Rahmstorf sieht in den Zahlen deshalb einen großen Symbolwert. "Möglicherweise liegt der Gipfelpunkt des weltweiten CO2-Ausstoßes bereits hinter uns", schreibt er in einem Gastbeitrag für den Spiegel. Rahmstorf erklärt das Abflachen der Emissionskurve damit, dass die fossile Energienutzung steigt, der CO2-Ausstoß durch die Nutzung von Agrarflächen aber sinkt.
Gleichzeitig spricht sich Rahmstorf für weitere Anstrengungen aus, damit die Emissionen nicht nur stagnieren, sondern auch sinken. "Denn erst Nullemissionen werden ein stabiles Klima ermöglichen", schreibt er. Dafür brauche es aber nicht die bei der Weltklimakonferenz in Glasgow vage angekündigten Fernziele wie Klimaneutralität 2050, sondern schnell wirkende Maßnahmen, die den weltweiten CO2-Ausstoß bis 2030 halbieren, kommentiert Rahmstorf weiter.
Domino-Effekt nutzen
Nach Wegen, dieses Ziel zu erreichen, sucht die Politik seit Jahren. Der britische Journalist und Umweltschützer George Monbiot scheint einen gefunden zu haben. Seiner Ansicht nach ist es in der Klimakrise zu spät für einen schrittweisen Wandel. Stattdessen können wir uns den Domino-Effekt zunutze machen, schreibt er in einem Beitrag für den Guardian. Einer Studie zufolge, die Monbiot zitiert, kann eine kleine Störung an der richtigen Stelle ein ganzes System ändern.
Als Beispiel nennt er den E-Auto-Boom in Norwegen. Durch Steuererleichterungen wurden Fahrzeuge mit elektrischem Antrieb dort massiv gefördert und machen heute mehr als die Hälfte der Neuzulassungen aus. Dadurch werden Verbrenner in der Gesellschaft weniger akzeptiert. Die Politik könne in der Folge mehr in neue Technologien investierten, wodurch wiederum der Preis für E-Autos sinkt und Verbrenner immer weiter verschwinden. Vor dem Hintergrund dieses wirtschaftlichen Wandels könnten andere Länder Norwegens Beispiel folgen.
Die Macht der kritischen Minderheit
Monbiot zitiert eine weitere Studie, die 2018 im Science-Magazin erschienen ist. Demnach braucht es oft nur eine kritische Minderheit von 25 Prozent, um die Meinung der Mehrheit und soziale Konventionen in einer Gesellschaft zu ändern. Die Stärke der kritischen Minderheit ist demnach nicht ihre Autorität oder ihr Reichtum, sondern ihr Engagement für die Sache. In entsprechenden Experimenten haben zwischen 72 und 100 Prozent der Teilnehmenden ihre Meinung in Richtung der Minderheitsmeinung geändert.
Einer Analyse zufolge hat die Fridays-For-Future-Bewegung das Potenzial, einen solchen positiven Domino-Effekt auszulösen. Greta Thunbergs Klimastreik hatte demnach einen Schneeballeffekt und führte zu beispiellosen Ergebnissen der Grünen in mehreren europäischen Ländern. Umfragen zufolge haben Menschen ihre Einstellungen geändert und der Klimakrise mehr Bedeutung eingeräumt. Allerdings wurde die Bewegung durch die Pandemie ausgebremst, bevor die gesellschaftliche Meinung umgeschwungen ist. Dennoch folgert Monbiot, dass unser Überleben davon abhängt, diese kritische Minderheit von 25 Prozent zu erreichen und damit das System zu kippen.
FvE