Nettostromerzeugung 2022 Wie viel Erneuerbare Energie kommt aus der Steckdose?

05. Januar 2023, 10:52 Uhr

Die Photovoltaik ist auf dem Vormarsch, aber der Anteil der Windkraft im tatsächlichen deutschen Strommix stagniert. Kohle und Gas bleiben in sonnenarmen, windstillen Phasen dominante Stromlieferanten. Was 2022 für eine schlechte CO2-Bilanz in Deutschland sorgte, so eine aktuelle Studie der Agora Energiewende. Damit habe die Bundesrepublik ihre Klimaziele verfehlt. Wir haben Ihnen hier aufgeschlüsselt, wie die Stromproduktion 2022 in Deutschland ausgesehen hat.

Ja, die Windkraft hatte 2022 den größten Einzelanteil an dem, was in deutsche Steckdosen gelangte. Auf 123,4 Terrawattstunden brachte es kein anderer Energieträger. Und trotzdem ist das im Hinblick auf die Energiewende nicht zufriedenstellend, denn in den vergangenen beiden Jahren hat sich erstaunlich wenig geändert.

Die vier Energieträger auf der linken Seite des obigen Diagramms sind die erneuerbaren. Wie man schon optisch sieht, machen sie ziemlich genau die Hälfte des deutschen Strommixes aus, genauer gesagt 49,3 Prozent. Das mag man viel finden, und man kann sogar einen Anstieg gegenüber 2021 konstatieren, das große ABER folgt jedoch auf dem Fuß, denn vor zwei Jahren betrug der Anteil schon mal 49,9 Prozent. Stagnation ist da wohl das passende Wort.

Wenn man sich diese Drei-Jahres-Entwicklung aufgeschlüsselt nach den wichtigsten einzelnen erneuerbaren Energieträgern ansieht, wird deutlich, dass nur die Photovoltaik auf dem Vormarsch ist. Durch Zubau von Anlagen und das sonnenreiche Jahr 2022 ist ihr Anteil, verglichen mit 2021, um fast ein Fünftel gestiegen. Im gesamten Strommix macht sie aber immer noch zu wenig aus, als dass man diesen Anstieg auch dort sonderlich merken würde.

Täglicher Strommix

Woher der Strom kommt, den man täglich aus Deutschlands Steckdosen holt, wird vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesystee genauestens erfasst. Aus den viertelstündlich veröffentlichten Originaldaten haben wir die Mittelwerte für jeden Tag des Jahres berechnet. Der öffentlich erzeugte Nettostrommix (ohne Eigenbedarf-Produzenten) sah im Laufe des Jahres 2022 so aus:

In diese recht wilden Farbstrukturen bringen wir jetzt etwas Klarheit. Wir sondern alle Energieträger aus, die nur einen sehr geringen Anteil haben oder die übers Jahr sehr gleichmäßig eingespeist wurden (wie z.B. Kernkraft, Wasserkraft und auch Braunkohle). Übrig bleiben die "großen Veränderlichen", also die Energiearten mit großem Anteil am Strom und den stärksten Schwankungen übers Jahr hinweg. Das sind Windenergie (aufgeteilt in onshore und offshore), Solarenergie, Steinkohle und Erdgas.

Wie man sieht, haben alle Energieträger starke Schwankungen. Aber ihre tägliche Summe ist übers Jahr hinweg relativ ausgeglichen. Das zeigt: Wenn das eine fehlt, wird es durch das andere ersetzt. Oder noch genauer: Wenn die erneuerbaren Energien nicht liefern können, kommen die fossilen ins Spiel. Bei der Solarenergie ist logisch und vorhersehbar, wann sie mehr und wann weniger Energie liefern kann. Das geht einher mit der Länge der Sonnentage und ändert sich also sinuskurvenartig übers Jahr – mit Lücken an wolkenverhangenen Tagen.

"Dunkelflaute"

Nicht vorhersehen kann man hingegen, wann viel und wann wenig Wind weht, vor allem auf dem Land (onshore) ist das sehr wechselhaft, offshore auf dem Meer ist es schon etwas ausgeglichener. Und so kann es im Herbst oder Winter zur sogenannten "Dunkelflaute" kommen, wo einerseits kaum Sonne scheint und andererseits auch noch kaum Wind weht. In solchen Phasen sind die Erneuerbaren, zumindest derzeit noch, aufgeschmissen. Gesehen hat man das von etwa Mitte November bis Mitte Dezember 2022, als Wind- und Solarenergie nur einen sehr geringen Anteil in den Strommix einbringen konnten.

Ganz ohne fossile Brennstoffe geht es momentan ohnehin noch nicht, aber bei Dunkelflaute erst recht nicht, das zeigen die beiden vergangenen Monate sehr deutlich. Steinkohle und Erdgas waren im November und Dezember so gefragt wie sonst im ganzen Jahr nicht. Das folgende Diagramm zeigt ihren Anteil im selben Größenmaßstab wie die Erneuerbaren im Diagramm zuvor.

Für eine gelungene Energiewende wird man also nicht nur deutlich mehr Solar- und Windkraftanlagen brauchen, sondern auch viel mehr Stromspeicherkapazität, das zeigen die Strommix-Daten von 2022 deutlich.

Zum Abschluss können Sie sich die einzelnen Jahres-Kurven der Energieträger noch einmal gesondert (oder auch gemeinsam) ansehen. Benutzen Sie dazu die gelbe Schaltfläche im folgenden Diagramm.

(rr)

Senkrecht ausgerichtete Solarmodule stehen auf einer hügeligen Wiese, im Hintergrund ist Wald zu sehen. mit Video
Senkrecht aufgestellte, zweiseitige Solarzellen wie diese Anlage im Saarland, können vor allem morgens und abends flach einstrahlende Sonne zur Stromerzeugung nutzen. So lässt sich der Bedarf an Stromspeichern reduzieren. Bildrechte: Next2Sun