Technik gegen den Klimawandel Stromspeicher: Speicherkapazität in Deutschland steigt deutlich
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08. Dezember 2022, 18:01 Uhr
Wind- und Sonnenenergie benötigen Stromspeicher, die eine durchgängige Energieversorgung sicherstellen. Vor allem Privatkunden treiben den Ausbau voran, aber auch für Großspeicher gibt es erste konkrete Pläne.
Der Aufbau von großen Kapazitäten zum Speichern von Strom gilt als Nadelöhr der Energiewende. Denn Sonne und Wind liefern zwar kostenlose Energie, lassen sich aber leider nicht nach Bedarf an und ausschalten. Also müssen Speicher beispielsweise den von Windrädern und Solarzellen am Mittag produzierten Strom in den Abendstunden und den Nächten bereitstellen oder im Sommer produzierte Überschüsse für den Winter nutzbar machen.
So viel wie zwei Atomkraftwerke: Stromspeicherleistung in Deutschland aktuell 4,5 Gigawatt
Viel wird aktuell nicht darüber berichtet, aber aktuelle Studien kommen zu einem klaren Ergebnis: Der Aufbau von Speicherkapazität kommt in großen Schritten voran, vor allem dank vielen privaten Haushalten, die sich zusammen mit einer neuen PV-Anlage für das Dach gleich eine eigene Batterie anschaffen. Gerade Einfamilienhäuser haben auf diese Weise die Möglichkeit, mindestens beim Strom relativ autark zu werden.
Allein im Jahr 2021 kamen in diesem Bereich der Privatanwender 145.000 neue Speicher mit insgesamt rund 1,3 Gigawattstunden neu installierte Speicherleistung hinzu. Das geht aus einer aktuellen Studie des Teams um Jan Figgener von der RWTH Aachen hervor. Insgesamt gebe es laut den Forschenden inzwischen 430.000 stationäre Stromspeicher mit einer Gesamtleistung von 4,5 Gigawattstunden. Der deutsche Speichermarkt gehöre damit zu einem der führenden Märkte auf der Welt.
Bis 2030 benötigt Deutschland rund 100 Gigawattstunden Speicherleistung
"Der Ausbau in den kommenden Jahren muss allerdings noch deutlich verstärkt werden", sagt der Ingenieur Bernhard Wille-Haussmann, der sich am Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme in Freiburg mit den Anforderungen der Energiewende an die Stromnetze beschäftigt. "Nach Berechnungen unseres Instituts benötigen wir bis zum Jahr 2030 insgesamt 100 Gigawattstunden elektrische Speicherleistung."
Möglich werden soll das vor allem durch Großspeicher, vor allem auf der Ebene des Hochspannungsnetzes. Transnet, einer der Betreiber des deutschen Übertragungsnetzes, plant im schwäbischen Kupferzell einen sogenannten Netzbooster, also einen Speicher mit einer Leistung von rund 250 Megawatt. Es wäre der bislang größte Speicher der Welt.
Optimale Speicherstandorte: Stillgelegte Atom- und Kohlekraftwerke
Wille-Haussmann und seine Kollegen werben dafür, Standorte von stillgelegten Kohle- und Atomkraftwerken für den Aufbau solcher Speicher zu nutzen. "Dort sind die nötigen Anschlüsse an das Stromnetz bereits vorhanden, außerdem gibt es Fachpersonal", sagt der Forscher. In den meisten Bundesländern könnte aus seiner Sicht nach auf diese Weise relativ schnell die benötigte Speicherleistung installiert werden. "In Baden-Württemberg beispielsweise stehen 10,2 Gigawatt Anschlussleistung an ehemaligen Kraftwerkstandorten zur Verfügung, damit könnten alle für 2030 berechneten stationären Batteriespeicher mit 8,7 Gigawatt Leistung angeschlossen werden.
In Nordrhein-Westfalen stünden an jetzigen Kohlekraftwerksstandorten mit 16 Gigawatt nahezu die doppelte Anschlussleistung der benötigten Speicher von 9,4 Gigawatt Leistung zur Verfügung. Nur in Mitteldeutschland sei die Lage nicht ganz so komfortabel, da etwa in Thüringen und Sachsen-Anhalt nur 1,1 Gigawatt Anschlussmöglichkeiten an Kraftwerksstandorten vorhanden seien, aber 7,6 Gigawatt benötigt würden.
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Stromspeicher und Netzentgelte: Verbraucher, Erzeuger oder eben Speicher?
Mit dem Ausbau der Speicher sinken auch die Kosten dafür, bislang eines der Haupthemmnisse. Bisher waren Speicher im Vergleich mit den Strompreisen zu teuer. Das hat sich jetzt geändert: einerseits durch Fördergelder, aber andererseits auch durch die aktuelle Energiekrise, die Speicher besonders für private Haushalte wirtschaftlich gemacht hat. Laut der Aachener Studie kostete 2021 eine Kilowattstunde Speicherleistung in einem kleinen Speicher rund 1000 Euro, ein zwar hoher, aber zugleich ein gegenüber 2020 um acht Prozent niedrigerer Preis.
Ein anderes Problem ist rechtlicher Natur. Für große Speicher auf Netzebene fehlt eine klare Kategorie. Aktuell sind Speicher sowohl Verbraucher, wenn sie Strom aufnehmen und Erzeuger, wenn sie ihn wieder in das Netz zurückspeisen. Die Durchleitungsgebühren für die Stromnetze, die Netzentgelte, werden auf diese Weise zwei Mal fällig.
Lithium-Ionen-Akkus bleiben Technologie der Wahl
Als Speichertechnologie setzt sich vor allem die Lithium-Ionen-Batterie durch, wobei es sich dabei nach Ansicht vieler Experten eher um einen Gattungsbegriff verschiedener Batterietypen mit unterschiedlichen chemischen Komponenten handelt. Sie alle eint, dass sie in Elektroautos zum Einsatz kommen, einem der zentralen Antreiber der Entwicklung. Wenn sie für den Einsatz im Verkehr nicht mehr leistungsstark genug sind, können sie dennoch an anderer Stelle weiterverwendet werden, etwa um private PV-Anlagen zu ergänzen.
Die Aachener Forscher sehen daneben noch Blei-Säure-Akkus als Alternative, die vor allem für Anwendungsfälle in der Industrie noch interessant werden könnte. Blei-Akkus, die man bereits aus Autobatterien kennt, haben den Vorteil, dass sie voll aufgeladen in Reserve gehalten werden können, ohne dabei allzu sehr Lebensdauer einzubüßen. Lithium-Ionen-Akkus werden dadurch viel stärker belastet.
Redox-Flow-Batterie und Power-to-X: Attraktiv für Groß- und Langzeitspeicher
Auch eher für Großspeicher interessant seien sogenannte Redox-Flow-Batterien. "Da ist das Elektrolyt in Flüssigkeit gelöst und man kann die Leistungsfähigkeit über Tanks skalieren", sagt Bernhard Wille-Haussmann. "Langfristig benötigen wir zudem Speicher, die Elektrizität in andere Stoffe umwandeln. Das Stichwort ist hier Power-to-X, also etwa die Erzeugung von Wasserstoff oder Methan mit Strom." Solche Speicher könnten im Sommer erzeugten Sonnenstrom für die dunkleren Wintermonate speichern.
Die Aachener Forscher um Jan Figgener erwarten, dass vor allem die Zahl der industriell genutzten Stromspeicher in den kommenden Jahren stark zunehmen wird. Würden diese intelligent eingesetzt, könnte man sie mit Blick auf im Tagesverlauf stark schwankende Strompreise an den Börsen sehr profitabel einsetzen. Die ersten Netzbooster wiederum sollen 2023 und 2025 einsetzbar sein. Gut möglich also, dass Deutschland dem anvisierten Ziel von 100 Gigawatt Leistung bis zum Ende des Jahrzehnts zumindest deutlich nahekommt.
Links/Studien
- Figgener et.al.: The development of battery storage systems in Germany – A market review (status 2022), Preprint
- Fraunhofer ISE Kurzstudie: Batteriespeicher an ehemaligen Kraftwerksstandorten
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