Darm Bakterien grafisch dargestellt
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Grundstein für personalisierte Nahrungsergänzung Zahlreiche Darmbakterien reagieren auf das Probiotikum Inulin

18. Dezember 2023, 17:31 Uhr

Das Probiotikum Inulin steckt in zahlreichen Lebensmittel wie etwa Bananen, Artischocken, Knoblauch oder Zwiebeln. Viele Menschen nehmen es aber auch in künstlicher Form als Nahrungsergänzungsmittel zu sich. Denn Inulin wird eine positive Wirkung auf das Darm-Mikrobiom nachgesagt. Wie es dort genau auf die Darmbakterien wirkt, zeigt jetzt eine neue Studie der Universität Wien.

Bei Präbiotika handelt es sich um Ballaststoffe, die vom Körper nicht verdaut werden. Dazu gehören Pflanzeninhaltsstoffe wie das Inulin. Es steckt also ganz natürlich in zahlreichen pflanzlichen Lebensmitteln. Im Darm sollen die Probiotika wahre Wunder wirken: Sie sollen etwa gegen Darmträgheit, Durchfall und Verstopfung helfen. Wenn wir Inulin-haltige Lebensmittel essen, dann gelangt das Präbiotikum in unseren Dickdarm. Dort wird es von Darmbakterien abgebaut und fermentiert.

Die "guten" Darmbakterien stürzen sich auf sie, heißt es, verwerten sie bevorzugt und vermehren sich dadurch gut. Gemeint mit den "Guten" sind hier vor allem sogenannte Bifidobakterien. Die Idee ist: Wenn Bakterien wie diese sich vermehren, haben es krank machende Bakterienstämme womöglich schwerer, sich im Darm auszubreiten.

Studien legen positive Wirkungen nahe

Die neue Untersuchung der Forschenden aus Wien enthüllt nun die vielfältigen Auswirkungen von Inulin auf das menschliche Darmmikrobiom. Sie sehen in ihrer Methode außerdem einen Schritt in Richtung personalisierter Nahrungsergänzungsmittel. Denn in der Branche ziehen die Präbiotika zunehmend die Aufmerksamkeit auf sich. Doch zuletzt wurde auch diskutiert, ob eine übermäßige Inulinaufnahme auf diesem Weg gegebenenfalls auch schädliche Auswirkungen haben könnte.

Frühere Studien haben dem Forschungsteam zufolge aber vor allem gezeigt, dass Inulin positive Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit haben dürfte. So habe es unter anderem eine entzündungshemmende Wirkung und krebshemmende Eigenschaften. Doch die Komplexität des menschlichen Darms, in dem es etwa 100 Billionen Mikroben gibt, mache es Forschenden schwer, die genauen Auswirkungen des Stoffes zu entschlüsseln.

Fluoreszierende Nanopartikel zeigen Bindung an Bakterien

Das Forschungsteam hat sich deshalb einen innovativen Ansatz überlegt, um dennoch etwas mehr über die Wirkung von Inulin zu erfahren. Es hat nämlich die Interaktion des Inulins mit den Darmbakterien mithilfe von fluoreszenzmarkierten Nanopartikeln beobachtet. Diese mit Inulin gepfropften Nanopartikel hätten bei der Inkubation mit menschlichen Stuhlproben ein überraschendes Ergebnis offenbart: Eine breite Palette von Darmbakterien, weit mehr als bisher angenommen, habe an Inulin binden können.

Das sei insofern überraschend, da die meisten präbiotischen Verbindungen nur von einigen wenigen Arten von Mikroben selektiv verwertet würden, erläutert Leitautor David Berry. "Wir haben jedoch herausgefunden, dass die Fähigkeit, an Inulin zu binden, in unserer Darmmikrobiota weit verbreitet ist." Das Team entdeckte außerdem, dass in der vielfältigen Gruppe von Bakterien, die auf Inulin reagierten, auch einige Arten gewesen seien, bei denen man das bisher nicht vermutet hatte. Dazu zählten etwa Mitglieder der Bakterienklasse der Coriobacteriia.

Wir haben herausgefunden, dass die Fähigkeit, an Inulin zu binden, in unserer Darmmikrobiota weit verbreitet ist.

Prof. Dr. David Berry, Universität Wien

"Bisher dachten wir, dass Inulin hauptsächlich die Bifidobakterien anregt, aber jetzt wissen wir, dass die Wirkung von Inulin viel komplexer ist", sagt Berry. Die Studie sei deshalb richtungsweisend für die Zukunft der mikrobiombasierten Medizin. "Mit unserer Methode können Nahrungsergänzungsmittel künftig personalisiert, präzise konzipiert und wissenschaftlich fundiert werden", bilanziert der Forscher.

Jedes Mikrobiom reagiert anders

Und das dürfte wohl auch notwendig sein, wenn die Probiotika das Mikrobiom des Individuums optimal fördern sollen. Denn offenbar reagiert jeder Darm anders auf die Ballaststoffe. "Interessanterweise haben wir beim Vergleich von Stuhlproben verschiedener Personen erhebliche Unterschiede in den Mikrobengemeinschaften festgestellt, die auf Inulin reagieren", erklärt dazu Erstautorin Alessandra Riva. "Diese Ergebnisse unterstreichen, wie wichtig die Berücksichtigung individueller Unterschiede bei der Entwicklung von Ernährungsempfehlungen und mikrobiombasierten Maßnahmen ist."

Die Forschungsarbeit des Wiener Teams trage außerdem nicht nur zu einem tieferen Verständnis des präbiotischen Stoffwechsels im menschlichen Verdauungstrakt bei, sondern auch zu einem besseren Rahmen für dessen Untersuchung. "Unser Ansatz zur Markierung und Sortierung von Zellen auf der Grundlage ihrer Stoffwechselaktivität ist relativ neu", so Riva. "Wir hoffen, dass unsere Studie als Rahmen für die künftige Forschung und Entwicklung neuer mikrobiombasierter Therapien dienen kann."

Link zur Studie

Riva, Alessandra et al.: Identification of inulin-responsive bacteria in the gut microbiota via multi-modal activity-based sorting. In: Nature Communications 14 (2023). DOI: 10.1038/s41467-023-43448-z.

(kie)

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