Verdauung Antibiotika können Darm chronisch entzünden – Phosphat kann gefährliche E.coli fördern

10. Januar 2023, 20:00 Uhr

Neue Studien zeigen: Bestimmte Antibiotika können chronische Entzündungen wie Morbus Crohn auslösen. Andererseits helfen einige Nährstoffe gefährlichen E.coli Stämmen dabei, sich im Darm festzusetzen.

  • Antibiotikabehandlungen gegen Darmerreger steigern möglicherweise das Risiko, einige Jahre später an einer chronischen Darmentzündung wie Morbus Chron zu erkranken.
  • Dabei kann sich das Risiko mit jeder weiteren Antibiotikabehandlung aufsummieren.
  • Chinesische Forscher finden Gen, das gefährlichen E.coli-Stämmen wie EHEC und EPEC ermöglicht, sich an menschliche Zellen zu binden.

Eine neue dänisch-amerikanische Studie zeigt: Bestimmte Antibiotika steigern das Risiko, Jahre nach einer Behandlung an chronischen Darmentzündungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa zu erkranken. Das gilt vor allem für Erwachsene ab 40 Jahren, die etwa mit Nitroimidazolen oder Fluorchinolonen behandelt werden. Diese Wirkstoffe richten sich gegen alle möglichen Bakterien im Darm und töten wahrscheinlich auch wichtige Lebewesen ab, die für einen gesunden Darm eine Rolle spielen. Darüber berichtet das Team um Adam Faye von der University of New York und Kristine Højgaard Allin von der Universität Aaalborg in Dänemark im Fachmagazin "Gut" (Darm).

Jede weitere Antibiotika-Behandlung erhöhte das Risiko chronischer Darmentzündungen

Die Forscher hatten für ihre Analyse Gesundheitsdaten von rund 6,1 Millionen dänischen Patienten aus den Jahren 2000 bis 2018 ausgewertet. Neun von zehn dieser Personen hatten innerhalb des Untersuchungszeitraums mindestens einmal Antibiotika bekommen. Insgesamt traten 36.017 Fälle von Colitis ulcerosa und 16.881 Fälle von Morbus Crohn auf.

Im Vergleich zu denjenigen, die nicht mit Antibiotika behandelt wurden, erhöhte sich das Risiko einer chronischen Entzündung bei den 10- bis 40-Jährigen um 28 Prozent. Bei den 40- bis 60-Jährigen stiegt es sogar um 48 Prozent, bei den über 60-Jährigen lag es bei 47 Prozent. Laut der Analyse addierte sich das Risiko zudem mit jeder weiteren Antibiotikatherapie. Die zweite Behandlung steigerte es um elf Prozent, die dritte um 15 und die vierte um weitere 14 Prozent. Am höchsten war das Risiko eines Ausbruchs der Erkrankung ein bis zwei Jahre nach der Behandlung.

Chinesische Forscher: Wie gefährliche EHEC-Keime an menschliche Zellen binden

Allerdings sind diese Aussagen noch mit einer gewissen Vorsicht zu genießen. Laut den Autoren lagen keine Informationen über die Nutzung weiterer Medikamente vor, die das Risiko ebenfalls beeinflusst haben könnten. Außerdem handelt es sich nur um eine Beobachtungsstudie, nicht um einen kontrollierten klinischen Versuch. Die Ergebnisse seien dennoch plausibel: Die breit wirksamen Medikamente könnten auch die wichtigen Darmbakterien mit abgetötet haben.

Solchen Darmbewohnern widmet sich eine zweite, präklinische Studie aus China. Ein Team um Tianyuan Jia von der Nankai University in China hat sich mit Bakterien der Spezies E.coli beschäftigt. Die meisten E.coli Stämme sind harmlose Symbionten unserer Verdauung. Allerdings gibt es auch gefährliche Vertreter dieser Gattung. Dazu zählen unter anderem EPEC und EHEC. Letztere hatten in Deutschland im Mai 2011 eine gefährliche Welle von Durchfallerkrankungen ausgelöst, an der Tausende erkrankten und 53 Menschen gestorben waren.

Phosphat-reiche Umgebungen aktivieren entscheidendes Gen EsrL

Die chinesischen Forscher berichten nun im Fachmagazin Science, dass Phosphat, ein im Darm häufig vorkommender Nährstoff, einen bestimmten RNA-Abschnitt in den Genen der EHEC- und EPEC-Erreger aktivieren kann. Das Gen mit der Bezeichnung EsrL wird in phosphatreichen Umgebungen besonders aktiv und ermöglicht den Bakterien, sich an menschliche Zellen zu bilden und so die Infektion auszulösen.

Jia und Kollegen hatten diesen Mechanismus in Zellkulturen und in Kaninchen untersucht. Möglicherweise gelte dieser Wirkungszusammenhang auch für andere krankmachende E.coli-Stämme oder Bakterien wie Shigellen.

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