Windkraft Höhenwindrad aus Sachsen: Doppelt so viel Strom aus Windkraft
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12. Juni 2023, 12:13 Uhr
Noch 2023 soll der Bau von zwei Prototypen des in Leipzig entwickelten 380 Meter großen Höhenwindrads beginnen. Windmessungen versprechen eine Verdopplung der Stromerzeugung gegenüber herkömmlichen Anlagen.
Das Höhenwindrad aus Sachsen nimmt Gestalt an. Das Forschungsunternehmen Beventum, eine Tochtergesellschaft der Bundesagentur für Sprunginnovationen (Sprin-D), hat für zwei Standorte in Deutschland Bauanträge vorbereitet und verhandelt nun die Details. Läuft alles wie geplant, sollen die Arbeiten noch 2023 starten und die beiden rund 300 Meter hohen Windkraftanlagen im kommenden Jahr in Betrieb gehen. Die genauen Standorte wollen die Entwickler zwar noch nicht verraten. Aber so viel: Aller Voraussicht nach wird eines im Osten und eines im Westen der Bundesrepublik errichtet werden.
Windmessungen zeigen: Höhenwind über Land stärker und konstanter
Das Höhenwindrad basiert auf einem Konzept des Leipziger Ingenieurs Horst Bendix. Der frühere Chefentwickler der Kirow-Werke, Weltmarktführer für Eisenbahnkräne, hatte in seiner Freizeit Pläne ausgearbeitet für ein Windrad, bei dem die sogenannte Nabenhöhe mindestens 200 Meter beträgt. An Land wehen die Winde in diesen Höhen stärker und konstanter als auf 150 Metern, was der Größe aktueller Windanlagen entspricht.
Das Entwicklungsteam der Beventum hat bereits im Winter zwei Lidar-Geräte an einem Standort in der Lausitz aufgestellt und Windgeschwindigkeiten gemessen. Seit Anfang Mai steht dort nun auch ein Gitterturm, der die Ergebnisse der Laser noch einmal prüfen soll.
Bislang haben sich die Annahmen laut den Entwicklern weitgehend bestätigt. Demnach blies der Wind während 93,5 Prozent aller Messzeitpunkte schneller als drei Meter pro Sekunde. Das entspricht dem nötigen Minimum, um Strom zu erzeugen. "Die Windgeschwindigkeiten waren rund um 8,5 Meter pro Sekunde breit verteilt, und es wurde eine bemerkenswerte Stabilität der Windrichtung festgestellt", sagt Christian Egle, Sprecher von Sprin-D. Am gleichen Standort auf 150 Metern wurde diese Mindestgeschwindigkeit nur in 90 Prozent der Messzeitpunkte erzielt.
Innovation bei Erneuerbaren: Gitterstruktur des Turms für Höhenwindrad entscheidend
Für das Höhenwindrad könnten solche Werte bedeuten, dass sich die Energieausbeute gegenüber den heute gängigen Rädern glatt verdoppelt. Ein weiterer Vorteil: Vögel wie der Rotmilan, die aktuell häufiger in Konflikt mit den Rotoren der Windräder geraten, fliegen zu niedrig, um auch von dem Höhenwindrad betroffen zu sein. Da sich die Rotoren außerdem komplett oberhalb des Bereichs heutiger Windräder bewegen, könnten Höhenwindräder sozusagen einfach zum zweiten Stock bestehender Windparks werden. Dadurch wird kein zusätzlicher Platz benötigt und auch die bereits bestehende Infrastruktur wie Netzanschlüsse und Zufahrtswege können mitgenutzt werden.
Allerdings erfordern solche Höhenanlagen einen deutlich komplexer berechneten Turm, auf dem die Turbine ruht. Statt einer massiven Struktur aus Beton ist eine sogenannte aufgelöste Struktur notwendig, also eine Art Gitter wie bei den Masten einer Hochspannungsleitung. Diese Konstruktion reduziert einerseits die Angriffsfläche für Wind und vergrößert andererseits die Verankerung auf dem Boden.
Im Gegensatz zur ursprünglichen Idee von Horst Bendix ist nun nicht mehr geplant, die Windturbine im Boden zu versenken und die Energie aus dem Rotor über einen Transmissionsriemen oder eine Achse dorthin zu übertragen. Zwar hätte dies die künftigen Wartungen der Turbine erheblich vereinfacht. Allerdings hätte dann der Turm insgesamt drehbar sein müssen. Nach Angaben der Entwickler wäre dafür am Boden ein Drehkranz mit rund 100 Metern Gesamtdurchmesser notwendig gewesen, eine sehr komplexe Konstruktion.
Strom von Höhenwindrad billiger als aus effizienten Braunkohlekraftwerken
Stattdessen wird die Turbine nun wie gehabt auf der Nabe installiert, was eine eigene Herausforderung wird. "In der Höhe hat noch niemand ein Windrad montiert", sagt Beventum-Geschäftsführer Martin Chaumet in der aktuellen Ausgabe des Sprind-Podcasts. In Bezug auf den zukünftigen Betrieb ist er aber optimistisch. "Dass die Konstruktion hält, dass das alles gut aneinanderpasst, da sind wir guten Mutes, das ist alles sehr gut berechnet und kein Thema."
Stehen die beiden Prototypen, könnten sie Strom erzeugen zu einem Preis knapp oberhalb heutiger Windanlagen. Allerdings sind in dieser Berechnung die Entwicklungskosten eingeschlossen. Das heißt, sobald jemand zehn bis 15 solche Anlagen baut, sinken die Kosten laut den Berechnungen von Beventum auf rund 4 Cent pro Kilowattstunde. Das Höhenwindrad wäre damit einer der günstigsten Stromproduzenten überhaupt. (Zum Vergleich: Bei Braunkohle liegen die Kosten laut dieser Studie hier zwischen 4,60 und 8 Cent pro Kilowattstunde.)
Großer Windradhersteller an Höhenwindrad interessiert
Allerdings darf und will Sprin-D dieses Geschäft nicht selbst übernehmen. Stattdessen soll das Konzept verkauft oder als Lizenz vermarktet werden. "Wir wissen, dass einer der ganz großen Hersteller von Windenergieanlagen sich ganz aktiv dem Höhenwind widmen will und schon an eine Kleinserie denkt", sagt Chaumet.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 04. Mai 2023 | 07:48 Uhr
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