Anblick von der Seite: Frau steht alleine in Küche und brät sich eine Art Kartoffelpuffer in Pfanne auf Gasherd. Moderne, dunkle, braune Küchenanmutung. Frau trägt Flanellhemd.
Kochabend mit guten Zutaten – auch mal für sich alleine – könnte Teil der persönlichen Krisenbewältigung sein. Bildrechte: IMAGO/Addictive Stock

Corona und Co. Kampf den Krisenzeiten: Nachrichten aus, Herd an!

15. Oktober 2022, 12:04 Uhr

Herd statt Handy: Wer in Krisenzeiten wie der Covid-Pandemie gut über die Runden kommen möchte, sollte gut zu sich selbst sein. Gesundes Essen, Bewegung und weniger schlechte Nachrichten könnten dabei helfen, sagen Forschende aus Barcelona.

Wer des Alltags überdrüssig ist, suche sich ein heiteres Hobby oder gute Gespräche in guter Gesellschaft. Der Ratschlag mag grundsolide sein, gilt aber nicht für Krisenzeiten wie sie uns die Corona-Jahre beschert haben. Das legt eine neue Studie aus Barcelona nahe. Aber wenn es nicht Plauderfreunde und Pilates sind, was hilft dann? Angesichts der zu Pandemiezeiten überrannten Lebensmittelhandlungen und Bioläden kennen wir zumindest bereits einen Teil der Antwort.

Um es genauer herauszufinden, haben Forschende die stattliche Zahl von 942 spanischen Erwachsenen ein Jahr begleitet. Alle zwei Wochen bewerteten die Freiwilligen die Häufigkeit von zehn ausgewählten Bewältigungsverhaltensweisen und notierten ihre Angst- und Depressionswerte. Das Forschungsteam analysierte schließlich, welche Verhaltensweisen zu einem bestimmten Zeitpunkt mit weniger Angst- und Depressionssymptomen in den folgenden vier Wochen in Verbindung standen.

Beobachtung über langen Zeitraum

So fanden Sie heraus, dass körperliche Bewegung, frische Luft und Wassertrinken den Probandinnen und Probanden geholfen hat, ihre Angst um Covid im Griff zu haben. Und ganz maßgeblich: Eine gesunde, ausgewogene Ernährung und der Verzicht auf zu häufiges Lesen von Corona-Nachrichten. Die eingangs erwähnten Klassiker zur Förderung psychischer Gesundheit spielten indes nur eine geringe Rolle.

Wir halten es für wichtig, dass die Menschen weiterhin dem nachgehen, was ihnen guttut.

Joaqium Radua IDIBAPS Barcelona

"Das war etwas überraschend. Wie viele Menschen hatten wir angenommen, dass persönliche Kontakte eine größere Rolle bei der Vermeidung von Angstzuständen und Depressionen in stressigen Zeiten spielen würden", so Joaqium Radua vom Forschungsinstitut IDIBAPS in Barcelona. "Die Beziehungen zwischen Verhaltensweisen und Symptomen waren schwer herauszuarbeiten, da wir die Vorgänge im Laufe der Zeit und nicht nur zu einem einzigen Analysezeitpunkt untersucht haben."

Die Studie sei dabei aber einzigartig, weil sie auf Erkenntnissen basiere, die über einen langen Zeitraum gesammelt wurden. "Wir halten es für wichtig, dass die Menschen weiterhin dem nachgehen, was ihnen guttut. Und dass sie, wenn sie sich gerne mit Freunden treffen oder einem Hobby nachgehen, dies auch weiterhin tun", so Radua. Er verweist aber auch auf die neugewonnenen Erkenntnisse als Mittel zur Krisenbewältigung. "Unsere Arbeit konzentrierte sich auf Covid, aber wir müssen nun herausfinden, ob diese Faktoren auch für andere Stresssituationen gelten."

Verbessert das Verhalten die Stimmung?

Zumindest gibt es Hinweise, dass sich ein zu hoher Konsum von Negativnachrichten – das Verhalten nennt sich Doomsday-Scrolling oder Doomscrolling – auf Körper und Psyche auswirken kann (und sogar die Demokratie gefährden), eine entsprechende Studie stellten US-Forschende im August vor. Die genauen Zusammenhänge müssen für diese Studie noch geprüft werden.

Das gilt auch für die jetzt vorliegenden Daten aus Barcelona: "Diese Studie liefert einige wichtige Erkenntnisse darüber, welche Verhaltensweisen unsere psychische Gesundheit in Zeiten erheblichen Stresses schützen können", sagt Catherine Harmer von der Universitäts-Psychiatrie in Oxford. Künftige Untersuchungen müssten nun die Kausalität prüfen: "Sind es diese Verhaltensweisen, die eine Verbesserung der Stimmung bewirken? Oder könnte es umgekehrt sein – wenn wir uns besser fühlen, beginnen wir, uns positiver mit unserer Umgebung auseinanderzusetzen?"

Probieren kann es jeder selbst: Der nächste Corona-Winter kommt, Energiekrise und Inflation tun ihr Übriges im Bereich der Stimmungslage. Also: Handy aus, Herdplatte an. Und vielleicht trotzdem Freunde treffen. Die essen sicher gerne mit.

flo

Mögliche Einschränkungen der Studie Die Studie wurde nur mit erwachsenen Probandinnen und Probanden aus der Bevölkerung eines europäischen Industriestaats durchgeführt.

Die Arbeit wird auf der 35. Jahreskonferenz des European College of Neuropsychopharmacology präsentiert. Nur ein Teil der Arbeit wurde von Fachkolleginnen und -kollegen begutachtet (peer-review). Ein Teil muss noch eingereicht werden. Die allgemeinen Schlussfolgerungen stammen aus der Kongresspräsentation.