Diese künstlerische Darstellung zeigt Satelliten und Weltraumschrott, die sich im Erdorbit befinden
Satelliten und Weltraumschrott – beides will die EU Kommission in den Fokus nehmen. Bildrechte: ESA / ID&Sense / ONiRiXEL

Schnelles Internet für alle EU-Kommission will neues Satelliten-Kommunikationssystem

15. Februar 2022, 18:04 Uhr

Bis heute ist schnelles Breitband-Internet für viele Menschen ein ferner Traum und das mitten in Europa. Doch damit soll jetzt Schluss sein: Die Europäische Kommission will ein neues Satelliten-Kommunikationssystem auf eine niedrige Erdumlaufbahn schicken, das endlich allen Highspeed-Internet bringt. Doch es geht auch um Resilienz, Unabhängigkeit, Sicherheit und die Quantentechnologie.

Europa ist die weltweit zweitwichtigste Kraft im Weltall, sagte der für den Binnenmarkt zuständige EU-Kommissar Thierry Breton bei der Vorstellung des Vorschlags der EU Kommission für ein neues Satelliten-Kommunikationssystem. Es soll die beiden erfolgreichen Weltraum-Programme Galileo und Copernicus ergänzen und mit ihnen kompatibel sein. Dabei gehe es vor allem um Konnektivität auf dem europäischen Kontinent, so Breton.

100 Satelliten auf niedriger Umlaufbahn

Der Plan sieht vor, 100 kleine Satelliten auf einer niedrigen Nord-Süd-Umlaufbahn um die Erde kreisen zu lassen. Dafür sind in den kommenden Jahren Investitionen in Höhe von rund sechs Milliarden Euro vorgesehen. 2,4 Milliarden Euro sollen aus dem EU-Haushalt kommen, der Rest von den Mitgliedsstaaten, der Europäischen Weltraumagentur ESA und von privaten Unternehmen. Das satellitenbasierte Kommunikationsnetz soll bis 2028 voll einsatzfähig sein, so der Plan.

Eine künstlerische Darstellung des Galileosatelliten der europäischen Raumfahrtbehörde ESA. In der unteren Bildhälfte befindet sich die Erde, in der oberen Hälfte das Weltall. Drei Satelliten umkreisen die Erde, einer links und einer rechts im Hintergrund. Der dritte Satellit befindet sich im rechten Vordergrund und ist an der Seite vom Billdrand abgeschnitten.
Satelliten des Galileo-Programms: Das neue System soll sie ergänzen. Bildrechte: J.Huart, ESA

Der konkrete Verlauf der Nord-Süd-Umlaufbahn sei noch nicht endgültig festgelegt, so Breton. Konkret sprach er von einer Spanne und einer Multi-Umlaufbahn-Strategie. Sicher sei jedoch, dass die Satelliten auch über Afrika und der Arktis kreisen werden. Deshalb will die EU Kommission auch dort die Dienste des Kommunikationssystems zur Verfügung stellen und damit auch flächendeckendes Highspeed-Internet auf dem Afrikanischen Kontinent ermöglichen.

Kommunikation, Unabhängigkeit und Sicherheit

Aber warum setzt die EU Kommission für schnelles Internet auf das Weltall? Es geht auch um Autonomie, erklärte Breton bei der Vorstellung des Projekts. Das Internet aus dem Weltraum werde auch für Resilienz sorgen und sei ein Backup für die terrestrische Infrastruktur. In Pandemiezeiten hätten sich dessen Grenzen schon deutlich gezeigt, als bereits einzelne Streaming-Dienste die europäischen Netze geradezu verstopft hätten. Außerdem müsse Europa aus Sicherheitsgründen autonom und unabhängig sein. Das habe vor allem sicherheitsrelevante Gründe.

Und nicht zuletzt will die EU Kommission sich mit dem neuen Satellitensystem auch für die Zukunft rüsten – für die "Quanten-Revolution", wie der EU-Kommissar es nennt. Deshalb wolle er zusätzlich auch einen spezifischen Wissenschaftsrat für Quantentechnologie einberufen. Dabei gehe es beispielsweise um Technologien wie Quantenbeschleuniger, die das Potential hätten, den Code für das Internet zu zerstören. Um auf die sichere Kommunikation im Quantenzeitalter vorbereitet zu sein, brauche es die Satelliten auf einer niedrigen Umlaufbahn. Das sei ein Schlüsselelement europäischer Autonomie.

Unsere neue Konnektivitätsinfrastruktur wird für einen Hochgeschwindigkeits-Internetzugang sorgen, als Back-up für unsere derzeitige Internetinfrastruktur dienen, unsere Widerstandsfähigkeit und Cybersicherheit erhöhen und die Konnektivität für ganz Europa und Afrika gewährleisten.

Thierry Breton, EU-Kommissar

Den Verkehr im Weltraum regeln

Ein zweiter Fokus der Weltraumpolitik der EU Kommission liegt auf dem sogenannten Weltraumverkehrsmanagement. Denn um die Erde herum wird es immer voller: Immer mehr Satelliten staatlicher und privater Akteure kreisen um den Planeten und dazwischen auch noch eine ganze Menge Weltraumschrott. Der Platz auf der Erdumlaufbahn wird rar: 130 Millionen Tonnen Müll in Zentimetergröße und eine Million größere Müllteile sind dort Breton zufolge unterwegs. Und schon ein ein Kubikzentimeter großes Teil könne schwere Schäden verursachen, wenn es auf einen Satelliten treffe. Deshalb müsse man jedes Teil im Auge behalten.

Wir werden konkrete Fähigkeiten entwickeln, Normen festlegen und mit wichtigen Partnern und in multilateralen Foren zusammenarbeiten und damit eine sichere und nachhaltige Nutzung des Weltraums gewährleisten.

Josep Borrell, Hoher Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik

Damit das gelingen kann, setzt die Kommission auf ein europäisches Weltraumverkehrsmanagement und internationale Zusammenarbeit mit den USA – und perspektivisch womöglich auch mit Russland. Ziel sei es, konkrete Initiativen zu entwickeln, die Einsätze und Rechtsvorschriften umfassten. Breton skizzierte dafür mehrere Elemente: Die Bewertung von zivilen und militärischen Anforderungen für und Auswirkungen auf die EU, die technologischen Fähigkeiten, Raumfahrzeuge und Weltraummüll zu identifizieren und zu verfolgen und die Festlegung des geeigneten normativen und rechtlichen Rahmens.

(kie)

Wissen

Ein Satellit im All 5 min
Bildrechte: ESA, ATG mediala
Weltraumschrott ESA 3 min
Bildrechte: European Space Agency (ESA)
3 min

Diese Animation zeigt verschiedene Arten und Größen von Weltraumschrott, der sich in den Umlaufbahnen um die Erde befindet.

Di 10.12.2019 14:37Uhr 02:39 min

https://www.mdr.de/wissen/videos/aktuell/weltraumschrott-verteilung-erd-orbit-100.html

Rechte: ESA - European Space Agency

Video
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