Darstellung von Weltraumschrott im orbit der Erde. Die Darstellung ist nicht maßstabsgetreu.
Darstellung von Weltraumschrott im orbit der Erde. Die Darstellung ist nicht maßstabsgetreu. Bildrechte: ESA

Space Debris: ESA Weltraummüll-Konferenz Weltraumschrott: Die Gefahr im All ist real

Satelliten bestimmen unser Leben. Durch sie kommunizieren wir, erhalten unsere Informationen und navigieren uns durch die Welt. Doch ungefähr die Hälfte aller Satelliten ist außer Betrieb. Hinzu kommt Weltraumschrott, der millionenfach um die Erde fliegt. Das ist ein globales Problem, zu dem die Europäische Raumfahrtbehörde ESA zwischen dem 20. und 23. April auf der europäischen Weltraummüll-Konferenz tagt.

Die Gefahr aus dem All geht weniger von Asteroiden aus: Es ist der Weltraumschrott, der uns auch auf der Erde gefährlich werden kann. Unser modernes Leben ist abhängig von Satellitentechnologien, die uns helfen miteinander in Echtzeit zu kommunizieren, uns mit GPS durch die Welt zu navigieren oder Medienangebote liefern. Weltraumschrott ist eine Gefahr für den menschlichen Fortschritt.

Wir wissen, dass Weltraummüll ein globales Problem ist, und das erfordert eine globale Zusammenarbeit, und diese findet natürlich in wissenschaftlichen Bereichen statt, aber auch zwischen den Agenturen.

Tim Flohrer, Head of the Space Debris Office, ESA

Auf der Weltraummüll-Konferenz der Europäischen Weltraumbehörde ESA wird nach Lösungen zur Müllentfernung gesucht. Dafür tagen internationale Expertinnen und Experten vom 20. bis zum 23. April 2021 virtuell.

Über 6.000 Satelliten

Im Orbit fliegen derzeit ungefähr 6.250 Satelliten, 3.900 davon funktionieren noch. Beinah die Hälfte von ihnen sind also außer Betrieb, so die letzten Zahlen der ESA vom Januar 2021. Kurz vor ihrem Ableben nehmen manche von ihnen Kurs auf die Erde, wo sie in deren Atmosphäre verglühen. Andere Satelliten sollen Kurs auf den sogenannten Weltraumfriedhof nehmen – dieser befindet sich in einer Umlaufbahn um die Erde, die von den intakten Satelliten nicht angesteuert wird.

Vergangenes Jahr ist ein solches Manöver fast schief gegangen. Der Fernsehsatellit Spaceway-1 sollte wegen eines technischen Problems in den Weltraumfriedhof-Orbit navigiert werden. Normalerweise würde man einen Teil des Treibstoffs vorher ablassen und den Satelliten dann in Richtung des Weltraumfriedhofs steuern. Bei einem Zusammenstoß mit einem anderen Satelliten könnte es sonst zu einer Explosion kommen. Das Ablassen des Treibstoffes benötigt aber Zeit und die war bei Spaceway-1 kaum vorhanden. Letztendlich hatten die Betreiber aber Glück und konnten Spaceway-1 noch rechtzeitig in einen Orbit 500 Kilometer oberhalb der anderen Satelliten steuern.

Die Dimension des Problems wird praktisch täglich größer. Allein SpaceX hat für sein Starlink-Projekt (Internet aus dem Weltall) bereits über 1.300 Satelliten (Stand 7. April 2021) in einen Orbit von 550 Kilometern Höhe gebracht. Genehmigt sind bereits 12.000 für die kommenden sechs Jahre. Und es liegen Anträge von SpaceX für weitere 30.000 Satelliten vor..

Millionenfacher Weltraumschrott

Egal ob auf dem Weltraumfriedhof oder nicht: Was nicht intakt ist, wird zu Weltraumschrott. Das können ausrangierte Satelliten sowie ausgebrannte Oberstufen von Raketen sein, aber auch der Handschuh eines Astronauten, verlorenes Werkzeug oder Farbkleckse sind Weltraummüll. Manche dieser Teile stoßen zusammen und zersplittern – fast wie bei einem Autounfall. Nur das hier die Geschwindigkeiten viel höher sind. Bereits ein münzgroßes Stück Weltraummüll kann mit einer Geschwindigkeit von 56.000 Kilometern pro Stunde durchs All fliegen. Zum Vergleich: Die Internationale Raumstation ISS fliegt nur halb so schnell und umrundet die Erde einmal innerhalb von 90 Minuten.

Ein Beispiel für ein solches Ereignis fand 2009 statt, als es zu einer Kollision zwischen dem aktiven Telekommunikations-Satelliten Iridium und dem inaktiven Weltraummüll-Satelliten Kosmos kam. Diese Kollision führte zu Tausenden von Fragmenten, von denen sich viele immer noch in der Umlaufbahn befinden.

Xanthi Oikonomidou, ESA Space Debris Officer

Wenn ein münzgroßes Schrottteil auf einen Satelliten trifft, wird es diesen wie eine Kugel durchschlagen. Der getroffene Satellit könnte aus seiner Umlaufbahn geschleudert und teilweise zerlegt werden. Dadurch würden unzählige neue Schrottteile entstehen, die wiederum einen anderen Satelliten treffen könnten, wodurch eine unkontrollierbare Kettenreaktion eintreten könnte – auch bekannt unter dem Namen Kessler-Syndrom.

Bereits jetzt kreisen über 128 Millionen kleine Schrott-Teile, die zwischen einem Millimeter und einem Zentimeter groß sind, um die Erde. 900.000 Schrott-Teile sind zwischen einem und zehn Zentimeter groß und 34.000 Teile sind über zehn Zentimeter groß.

Wie alt wird ein Satellit?

Die durchschnittliche Lebensdauer eines Satelliten beträgt übrigens zwölf bis 15 Jahre. Diese kann durch den Einsatz von anderen Satelliten verlängert werden, wie es bereits Anfang 2020 geschah: der US-amerikanische Rüstungskonzern Northrop Grumman testet dies mit seinem MEV-1 Missions-Verlängerungs-Satelliten (Mission Extension Vehicle). Dieser dockte an einen veralteten Satelliten an und wurde dessen Motor. Ein zweiter Test erfolgte vor wenigen Tagen mit dem MEV-2 Satelliten.

Maßnahmen gegen den Weltraumschrott

Doch die lebensverlängernden Maßnahmen für Satelliten sind noch lange kein Standard. Um den Weltraumschrott zu reduzieren, arbeitet die ESA gemeinsam mit Wissenschaftlern und privatwirtschaftlichen Unternehmen an verschiedenen Methoden. Über den Einsatz von Harpunen oder Fangnetzen wird diskutiert.

Die erste Weltraummüll-Abfuhr soll 2025 mit dem Schweizer Start-up Clear-Space aufbrechen. Mit einem Greifarm soll der Satellit ClearSpace-1 den Launch-Adapter einer ausgebrannten Vega-Trägerrakete greifen und mit ihr kontrolliert im Erdorbit verglühen.

Diese künstlerische Darstellung zeigt ClearSpace-1 beim Einfangen eines Trümmerteils.
Diese künstlerische Darstellung zeigt ClearSpace-1 beim Einfangen eines Trümmerteils. Bildrechte: ClearSpace SA

Hilfreich bei solchen Aktionen sind die verschiedenen Satelliten-Kontrollzentren. Gemeinsam haben sie über 28.000 Schrottteile im Blick. In Europa ist dafür das Kontrollzentrum ESOC (European Space Operations Centre) zuständig, das sich übrigens in Darmstadt befindet. Dort wird die Weltraummüll-Konferenz auch alle vier Jahre abgehalten. Wegen der weltweiten Corona-Pandemie wird die Konferenz dieses Jahr zum ersten Mal komplett digital stattfinden.

404 Not Found

Not Found

The requested URL /api/v1/talk/includes/html/d1c391f7-f15f-43a7-a7a0-5a36095f1984 was not found on this server.