Faszination Fledermaus Darum sollten im Freundebuch Fledermäuse als Lieblingstier stehen
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13. Januar 2025, 17:16 Uhr
Forschende des Max-Planck-Instituts für Verhaltensbiologie haben große Abendsegler mit Minipeilsendern ausgestattet, um mehr über das Migrationsverhalten der Fledermäuse zu erfahren. Dabei stellten sie fest, dass die Tiere nicht nur zu den extremen Langstreckenfliegern gehören, sondern auch in Sachen Coolness so schnell niemanden an sich rankommen lassen. Denn die Abendsegler surfen auf Sturmfronten durch den Nachthimmel.
Denke ich an die Freundebücher aus meiner Kindheit zurück, hat nie auch nur ein Einziger die Fledermaus als Lieblingstier eingetragen. Da dominierten eher Hunde. Klar, die sind kuschlig, können lustige Rollen machen und Bällchen holen. Aber vielleicht sind sie auch nur so beliebt, weil wir sie ständig vor Augen haben.
Da geht die Fledermaus dezenter vor – Achtung, schlechter Wortwitz: sie fliegt quasi unter dem Radar. Kein Wunder, dass die Kinder diese Tierchen kaum auf dem Schirm haben, schließlich hängen die meist in Höhlen ab, lassen sich nur blicken, wenn es schon dunkel ist und haben als Blutsauger auch ein Image, das ein bisschen gruselig anmutet. Wieso also sollte irgendjemand Fledermäuse cool finden? Fangen wir mit meinem Lieblingsfakt an:
Fledermäuse sind sehr gute Surfer
Kurzer Moment für das Kopfkino einer Fledermaus in Badehose auf einem Surfbrett.
So, und nun weiter. Fledermäuse surfen natürlich nicht auf Wellen im Meer, sondern – und das ist vielleicht noch cooler – sie reiten auf Sturmfronten. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Verhaltensbiologie haben große Abendsegler auf ihrer Frühjahrswanderung verfolgt. Diese Fledermausart ist in Europa weit verbreitet.
Dafür haben sie ultraleichte, intelligente Sensoren auf das Rückenfell der weiblichen Fledermäuse geklebt, denn sie wandern stärker als Männchen. Die Weibchen des Abendseglers verbringen den Sommer in Nordosteuropa und halten weiter südlich Winterschlaf. Über drei Jahre lang haben die Wissenschaftler in jedem Frühjahr Tiere mit Sendern ausgestattet und die Daten gesammelt.
Verdauen wir kurz die Tatsache, dass Fledermäuse nicht nur in ihren Höhlen hocken und nur ab und zu rausfliegen. Einige Arten sind richtige Langstreckenwanderer und legen gigantische Strecken zurück: rund 1.600 Kilometer!
Regelrechtes Fledermausfeuerwerk
Die Auswertung der Daten brachte den Wissenschaftlern viele überraschende Erkenntnisse. So zum Beispiel stellten sie fest, dass die Abendsegler in einer einzigen Nacht fast 400 Kilometer zurücklegen können. Weil sie sich aber nicht wie Zugvögel vor ihrer Reise Fettreserven anfressen, müssen sie Zwischenstopps einlegen und auftanken. Sie wandern also nicht geradlinig, sondern eher hüpfend.
Stutzig wurden die Forschenden als sie bemerkten, dass in bestimmten Nächten explosionsartige Abflüge zu verzeichnen waren. Sie beschreiben es als regelrechtes "Fledermausfeuerwerk". Der Grund für dieses Verhalten waren Wetterveränderungen. In Nächten, in denen der Luftdruck sank und die Temperatur in die Höhe schnellte, flogen die Fledermäuse ab – also immer, bevor ein Sturm aufzog. Sehr clever von den kleinen Tieren, denn sie surften auf den Sturmfronten und nutzten die warmen Rückenwinde. Die Sensoren registrierten, dass die Fledermäuse in diesen Nächten weniger Energie verbrauchten.
Das allein sollte ja schon Grund genug sein, im Lieblingstiere-Ranking nach oben zu schnellen. Aber natürlich hat die Fledermaus noch viel mehr Wow-Material im Lebenslauf stehen. (Der kann übrigens ziemlich lang werden. Die älteste Fledermaus, die im Harz gefunden wurde, war nämlich stolze 40 Jahre alt.)
Fledermäuse sind die einzigen flugfähigen Säugetiere der Welt
Mit ihren langen Fingern und der darüber gespannten dünnen Haut sind Fledermäuse sehr wendige und effiziente Flieger. Außerdem sind sie die einzigen Säugetiere, die aktiv fliegen können. Fledermäuse erreichen dabei extreme Geschwindigkeiten. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Ornithologie haben 2016 die Fluggeschwindigkeiten von mexikanischen Bulldoggfledermäusen untersucht und Spitzenwerte von 160 km/h gemessen. Natürlich ist das Tier nicht durchgehend so schnell unterwegs. Gemütliche 20 km/h sind ihre durchschnittliche Reisegeschwindigkeit – aber wenn sie will, kann sie den Turbo einlegen.
Sie sind extrem sozial
Die meisten Fledermausarten sind sehr gesellig und leben in Kolonien zusammen. Das bietet Schutz vor Raubtieren und hält außerdem schön warm. Solche Kolonien können große Ausmaße annehmen. In der texanischen Bracken Cave leben zum Beispiel rund 20 Millionen Tiere zusammen. Innerhalb solcher Kolonien gibt es teilweise sehr komplexe soziale Interaktionen zwischen den Tieren z.B. das Teilen von Nahrung oder das gemeinsame Pflegen von Jungtieren. Forschende der Universität Greifswald stellten fest, dass die Weibchen der Bechsteinfledermaus sich gegenseitig putzen, Informationen über Schlafplätze weitergeben und kontextabhängige Gruppenentscheidungen darüber treffen, wo der nächste Schlafplatz sein soll.
Riesige Artenvielfalt
Fledermäuse bevölkern seit mehr als 50 Millionen Jahren die Erde und es gibt weltweit über 1.400 verschiedene Fledermausarten. Die Mehrzahl von ihnen bewohnt die tropischen Klimazonen, denn Fledermäuse mögen es gern warm. Aber es gibt sie mit Ausnahme der Antarktis auf jedem Kontinent der Welt. In Deutschland gibt es 25 verschiedene Arten, die den Nachthimmel unsicher machen.
Extreme Körpergrößen
Fledermäuse variieren in ihrer Größe von Art zu Art sehr stark. Die kleinste Fledermaus der Welt ist die Hummelfledermaus. Sie misst nur drei Zentimeter und wiegt gerade einmal zwei Gramm. Um ihren Kindern das zu verdeutlichen: dieses flugfähige Säugetier ist kleiner und leichter als ein Kinder Schokobon! Jetzt stellen sie sich mal vor, wie klein deren Nachwuchs erst ist. Die größte heimische Fledermaus ist laut NABU das große Mausohr. Sie ist eine typische Kirchenfledermaus und hat eine Flügelspannweite von gut 40 Zentimetern.
Abhängen mit Spezialfüßen
Fledermäuse haben ganz besondere Füße. In ihrer Ruheposition hängen sie kopfüber von der Decke. Bei Gefahr können sie sich so blitzschnell fallen lassen und schneller flüchten. Die Krallen ihrer Füße werden dabei nicht durch Muskelkraft geschlossen, sondern krümmen sich allein durch das Gewicht der Fledermaus. So bleiben sie auch im Schlaf einfach hängen, ohne sich anstrengen zu müssen. Außerdem weisen die Füße nicht wie bei allen anderen Säugetieren nach vorn, sondern nach hinten.
Stimm- und Hörwunder
Fledermäuse haben eine unglaublich gute Kontrolle über ihre Stimme und sie nutzen sie vielfältig. Durch verschiedene Sozialrufe kommunizieren sie miteinander, sagen Hallo, streiten sich, flirten. Und sie nutzen die Stimme natürlich auch zur Orientierung. Die Ortungslaute bewegen sich dabei im Ultraschallbereich. Aus deren Echos bildet sich ein Abbild der Umgebung. Aus der Zeitspanne zwischen Ruf und Echo berechnen sie die Entfernung von Objekten. Änderungen in der Frequenz, Dauer und Lautstärke der Echos und Unterschiede zwischen beiden Ohren verraten ihnen Größe, Oberflächenstruktur und Position.
Lange Nacht der Fledermäuse
Also, Sie sehen, Fledermäuse sind die Coolsten. Wenn Ihr Kind also das nächste Freundebuch aus der Kita oder der Schule mit heimbringt, können Sie super Fakten anbringen, warum die Fledermaus den Status Lieblingstier mehr als verdient hat. Falls sich die Kids nicht so schnell überzeugen lassen und Sie auch noch gewissen Zweifel haben, bietet die internationale Batnight jedes Jahr zahlreiche Veranstaltungen in ganz Deutschland an, die ihnen die einzigen flugfähigen Säugetiere der Welt (!) noch näherbringen. Mit Exkursionen und Nachtwanderungen sogar live. Zwar ist der Termin am 30. und 31. August noch etwas in der Zukunft, aber weil ich weiß, dass Familienkalender immer mehr als gut befüllt sind, erwähne ich das lieber schon jetzt.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Sachsen-Anhalt heute | 09. Dezember 2024 | 19:00 Uhr
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