Millionen Infizierte verhindert So bremsen Reisebeschränkungen das Coronavirus aus
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05. Mai 2020, 14:57 Uhr
Womöglich hätten sich Millionen von Menschen in Europa mehr mit dem Coronavirus infiziert, wären keine Reisebeschränkungen verhängt worden. Das zeigen die Berechnungen mithilfe eines neuen Computermodells von Forschenden der renommierten Stanford University. Nun könnte es dabei helfen, die richtigen Strategien zu finden, um die Reisebeschränkungen wieder lockern zu können und auch Flugreisen wieder möglich zu machen.
Es hätte sehr viel schlimmer kommen können. Das zeigt eine neuentwickelte mathematisch-epidemiologische Simulation der Corona-Pandemie von Forschenden der Stanford University. Die tief roten Bereiche auf ihrer Grafik stehen für Millionen von Menschen, die mit dem Coronavirus infiziert sein könnten, hätte es keine strengen internationalen Reiseverbote gegeben. Ihrem Modell zufolge spielt die Mobilität bzw. der Reiseverkehr eine entscheidende Rolle bei der Ausbreitung des Virus. Ihre Untersuchung haben sie im Fachmagazin Computer Methods in Biomechanics and Biomedical Engineering veröffentlicht. Darin haben sie erforscht, wie sich die Begrenzung des Flugverkehrs in den 27 EU-Ländern auf die Ausbreitung der Krankheit Covid-19 ausgewirkt hat.
Die Simulation kann den Forschenden zufolge das Wachstum der Ausbreitung für jedes Land abschätzen, wenn zu einem bestimmten Zeitpunkt die Reisebeschränkungen aufgehoben werden würden. So wie die obige Grafik: Sie zeigt, dass sich ohne Einschränkungen bis zu 0,2 Prozent aller Einwohner einiger europäischer Länder bis zum 20. April hätten infizieren können (Berechnung vom 5. April). Die Zahlen änderten sich jedoch täglich, so der Hinweis des Forschungsteams.
Flugverkehr essentiell für Ausbreitung
Von Italien aus verbreitete sich das Virus SARS-CoV-2 schnell ins gut vernetzte Ausland: zunächst nach Deutschland, Frankreich sowie Spanien und später dann in die Slowakei und Slowenien. Als ab dem 18. April der Flugverkehr in Deutschland um 89 Prozent, in Frankreich um 93 Prozent, in Italien um 94 Prozent und in Spanien um 95 Prozent reduziert wurde, konnte auch die Verbreitung eingedämmt werden, so das Forschungsteam.
Auffallend ist, dass unsere Ergebnisse darauf hindeuten, dass das sich abzeichnende Muster des Covid-19-Ausbruchs eng mit den globalen Mobilitätsmustern des Fluggastverkehrs übereinstimmt.
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine uneingeschränkte Mobilität die Verbreitung der Krankheit erheblich beschleunigt hätte - insbesondere in Mitteleuropa, Spanien und Frankreich, ergänzt die Professorin.
Reisebeschränkungen kamen zu spät
Das Modell des Stanford-Teams bestätige allerdings auch, dass die internationalen Reiseverbote zu spät eingeführt wurden, sodass der europaweite Ausbruch nicht insgesamt gestoppt werden konnte.
Zu einem ähnlichen Ergebnis sei bereits eine Untersuchung in China gekommen. Darin sei festgestellt worden, dass das Reiseverbot für Wuhan zu spät gekommen sei, so dass viele infizierte Reisende schon wieder in anderen Städten waren. Einen ähnlichen Trend zeige ihre Untersuchung jetzt für Europa, so die Professorin. Auch dort wurden Reisebeschränkungen frühestens eine Woche nach der Meldung von Infektionsfällen eingeführt. Und das sei zu spät gewesen. "Als natürliche Folge wurde leider kein europäisches Land vor dem Ausbruch geschützt", so Kuhl.
Hilfe auf dem Weg zur Normalität
Das Stanford-Team sieht Potential in dem neuen Modell: Es könne eine wichtige Rolle bei der Festlegung der Ausstiegsstrategien der Politiker spielen, heißt es. Denn das Team kann ganz detailliert die Reisebeschränkungen zwischen einzelnen Gemeinden, Bundesländern und Ländern virtuell anpassen. So könne man untersuchen, wie sich Muster und Dynamik der Ausbreitung dadurch allmählich ändern würden.
Es besteht eine begründete Befürchtung, dass eine geringfügige Lockerung der derzeitigen (Reisebeschränkungs-)Maßnahmen einen neuen Ausbruch auslösen und die Ausbreitung in unüberschaubarem Maße beschleunigen könnte.
Die Ergebnisse der Studie zeigten, dass mathematische Modelle Richtlinien für die politische Entscheidungsfindung liefern können, sagt Erstautor Kevin Linka. "Mit dem Ziel, schrittweise zur Normalität zurückzukehren und gleichzeitig die Rate neuer Infektionen stabil und beherrschbar zu halten."
Allerdings merkt Professorin Kuhl an, dass Flugreisen sicherlich nicht die einzige Bedingung für die Ausbruchsdynamik sind. Ihre Ergebnisse wiesen jedoch darauf hin, dass "Mobilität einen starken Beitrag zur globalen Verbreitung von Covid-19 leistet".
(kie)
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