Forschungs-Förderung Alle wissen alles – Das Wikimedia-Fellow-Programm

06. Mai 2021, 10:51 Uhr

Freies Wissen, freier Zugang zu freiem Wissen und Forschungsprojekten, darum geht es der Wissensplattform Wikimedia. Mehr als 75.000 Menschen und Forschungsinstitutionen weltweit unterstützen die 2003 in den USA gegründete Gesellschaft ehrenamtlich. Ihr Anliegen: Das grundlegende Recht eines jeden Menschen weltweit auf Bildung und Wissen. Außer Wikipedia unterstützt der Verein auch das Fellow Programm Freies Wissen, das zum fünften Mal aufgelegt wurde. Zwanzig Stipendien wurden 2020 vergeben.

Wikimedia Deutschland, die Förderung zur Gesellschaft Freien Wissens, wurde 2004 gegründet. Ein gemeinnütziger Verein, der sich dafür engagiert, die Erstellung, Sammlung und Verbreitung freier Inhalte zu unterstützen. Dominik Scholl leitet die Abteilung Bildung, Wissenschaft und Kultur bei Wikimedia und ist zuständig für das Fellow Programm. Er erklärt im Gespräch mit MDR WISSEN, um was es seiner Gesellschaft geht:

Wir tun das, weil wir davon überzeugt sind, dass wir damit die Chancengleichheit beim Zugang zu Wissen und Bildung fördern können.

Der Verein arbeitet Scholl zufolge in zwei Richtungen. Zum einen werden die vielen ehrenamtlich Aktiven in den Wikimedia-Projekten unterstützt, wie bei Wikipedia mit verschiedenen Angeboten und Instrumenten. Zum anderen versucht die Gesellschaft diese Idee, die Wikipedia vorlebt, in andere gesellschaftliche Felder zu tragen: Wissen gemeinschaftlich zu erstellen, verbessern, erweitern und es zur anderen frei zur Verfügung zu stellen.

Freies Wissen – was heißt das?

Dominik Scholl, Wikimedia Deutschland
Dominik Scholl Bildrechte: wikimedia.de/wiki/Mitarbeitende/Apel Jan

Mit freiem oder offenem Wissen ist Wissen bezeichnet, auf das jede und jeder ohne rechtliche, soziale und technologische Einschränkungen frei zugreifen kann, und dieses Wissen verändern und weiterverbreiten darf. Dieses Credo der US-Gesellschaft Wikimedia wird derzeit von rund 80.000 Mitgliedern getragen. Zu Wikimedia gehört Wikipedia, die weltweite Enzyklopädie, aber auch das Fellow Programm Freies Wissen in Deutschland. Dominik Scholl sagt, es gehe darum, die Idee des freien Wissenserwerbs, -austausches und der Weiterentwicklung in andere gesellschaftliche Felder zu tragen. 

Darum haben wir 2016 das Fellow-Programm Freies Wissen ins Leben gerufen, um den Wissensaustausch und die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Gesellschaft zu verbessern.

Dominik Scholl, Wikimedia

Welche Forschungsvorhaben werden gefördert?

Zwanzig Stipendien hat Wikimedia im Programmjahr 2020/2021 im Rahmen des Fellow Programms Freies Wissen vergeben. Beispielhaft für die Auswahl ist das Forschungsprojekt von Antonia Knowe: "Nicht nur vergesslich, sondern meist auch vergessen: offene und verständliche Wissenschaft für Menschen mit Demenz." Dabei dem es um eine verständliche Wissensvermittlung von Wissenschaftlern für Menschen mit einer Demenzerkrankung mit ihren eingeschränkten Sprach- und Gedächtnisfähigkeiten. Knowe erklärt die Ausrichtung ihrer Forschungsarbeit:

Ich möchte untersuchen, welche wissenschaftliche Themen wie kommuniziert werden müssen, um diejenigen zu erreichen, die von der Erkrankung betroffen sind.

Antonia Knowe, Uni Rostock

Wissenschaft: Wie Wissen geteilt wird – oder auch nicht

Nur 15 Prozent aller wissenschaftlichen Zeitschriften weltweit sind frei zugänglich. Dabei wird im sogenannten "Grünen Weg" bei der Veröffentlichung einer Forschungsarbeit per Fachliteratur auch eine Online Datenbank mit eingestellt. Im "Goldenen Weg" ist der Text sofort frei online publiziert und zugänglich. Der "Graue Weg" meint Veröffentlichungen, die nicht über den Buchhandel zu beziehen sind, Dissertationen etwa oder Tagungsberichte. Für Andreas Pacher von der Uni Wien, einem weiteren Wikimedia-Stipendiaten, stehen diese Wissenschafts-Produktionen im Fokus. Er erklärt, warum:   

Im Grunde sind das Gate-Keeper, die über die Konjunkturen von Forschungsthemen und Forschungsparadigmen mitentscheiden und natürlich auch über Karrieren. Bislang ist wenig geforscht worden über die Zusammensetzung dieser Editorial Boards. Es gibt da eine wenig verlässliche Datenbasis.

Andreas Pacher, Uni Wien

Was Covid-19 übers Forschen gezeigt hat

Was der Mehrwert von so einem Prinzip des freien Wissens ist, hat man gut in der Covid-19-Pandemie sehen können, sagt Dominik Scholl. Da wurden viele wissenschaftlichen Studien in in Preprints, also einem Stadium, in dem sie noch nicht mal begutachtet wurden, frei zur Verfügung gestellt.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus unterschiedlichen Disziplinen und unterschiedlichen Teilen der Welt hatten plötzlich Zugang zu Wissen und Studien. Dadurch wurde eine Wissensproduktion in Gang gesetzt, die wir in dieser Geschwindigkeit vorher noch nie gesehen haben.

Andreas Pacher, Uni Wien

Im Juni 2021 wird es in Berlin eine Abschlussveranstaltung geben, bei der die gesammelten Erfahrungen und Erkenntnisse der zwanzig Stipendiatinnen und Stipendiaten vorgestellt und ausgetauscht werden. Das große "Open Source" -Netzwerk Wikimedia wird dann weiteren Zuwachs an freiem Wissen für alle haben.   

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