Eine Frau mit Helm, Rucksack und einer großen Fotoausrüstung in der Hand steht vor rot leuchtender Lava und schaut in die Kamera. 4 min
Bildrechte: Ulla Lohmann

Silbersalz-Festival 2024 Fotografie und Forschung: "Vulkane lehren mich Demut"

03. November 2024, 18:56 Uhr

Wenn die Erde sich auftut und glühend heiße rote Lava in einem heftigen Strahl gen Himmel schießt, zeigt sich die ganze Kraft der Natur. So ein aktiver Vulkan und seine Eruptionen faszinieren viele Menschen. Besonders in den Bann gezogen haben die feuerspeienden Riesen aber die Fotojournalistin und Dokumentarfilmerin Ulla Lohmann. Immer wieder zieht es sie an "ihre" Vulkane – und dort hilft sie mit ihrer Arbeit auch der Forschung. Davon berichtet sie in Halle auf dem Silbersalz-Festival.

Wenn Ulla Lohmann morgens aufwacht, dann checkt sie zuerst, ob irgendwo auf der Welt ein Vulkan ausgebrochen ist, wie andere das Wetter für den Tag. Sie sei aber keine Katastrophentouristin, sondern begleite vor allem einige Vulkane über einen langen Zeitraum. Deshalb sei sie aktuell auch auf Stromboli. Der Vulkan ist seit einiger Zeit wieder deutlich aktiver. Dass er bald erneut ausbrechen könnte, fasziniert die Fotojournalistin: "Ein Vulkanausbruch kann auf einen Schlag alles zerstören, aber er schafft auch fruchtbares Land. Und ich finde es unwahrscheinlich faszinierend, wie die Erde sich wandelt. Ich kann der Erde beim Entstehen zuschauen."

Erlebnisse, die dankbar für das Leben machen

Der Stromboli sei bei ihrem letzten Besuch im Sommer noch viel höher gewesen, erzählt Lohmann. Jetzt sei ein Stück abgerutscht, im Wasser aber ein neues Stück Land entstanden. Und auch beim Ätna auf Sizilien zeige sich ein ähnliches Bild: "Beim Ätna hat sich die Höhe des Gipfels um 60 Meter nach oben verschoben seit meinem letzten Besuch." Die Erde sei ständig im Wandel, sagt die Vulkan-Fotografin und ergänzt: "Für mich bedeutet das auch, dass ich Demut vor der Erde lerne. Wenn ich dem Vulkan gegenüberstehe und merke, wie mächtig der ist, dann werde ich richtig dankbar, dass ich da sein darf und dass ich leben darf."

Abstieg ins Innere des Vulkan-Kraters zum Lavasee

Lohmann interessiert sich in ihrer Arbeit auch für die Menschen, die um und mit dem Vulkan leben – und nicht zuletzt für die Forschung. Ihre Fotografien und Beobachtungen teilt sie mit Vulkanologen vor Ort. Auf Vanuatu im Südpazifik hat sie sich sogar als erste Frau in den Kegel des Benbow abgeseilt – 600 Meter tief hinein bis zum glühend heißen Lavasee.

Ein extrem risikoreiches Unterfangen, sagt Lohmann: "Den Vulkan muss man über viele Jahre beobachten, um ihn zu verstehen. Wenn man einmal vor Ort ist und einmal Proben nimmt, dann kann man eine Momentaufnahme machen, aber das Spannende ist eigentlich die Entwicklung über die Zeit." Deswegen helfen ihre Forschungen, fotografischen Dokumentationen und auch Probenentnahmen vor allem den Wissenschaftlern vor Ort, erklärt Lohmann.

Eine Person in einem silber glänzenden Ganzkörper-Schutzanzug steht am Rand eines Lavasees und hat ein Seil in der Hand, an dessen Ende ein Stein hängt.
Probennahme im Krater: Um sich einem Lavasee zu nähern, braucht es spezielle Ausrüstung. Bildrechte: Ulla Lohmann

Dabei ist sie sich der Gefahren bewusst: Einen ersten Versuch, in den Benbow abzusteigen, hätten sie und ihre Begleiter abbrechen müssen wegen des Wetters und der Gefahr von saurem Regen. Außerdem drohten Steinschläge und auch Gase wie Kohlenmonoxid können tödlich sein im Vulkankrater. "Nicht nur dieser Lavasee im Innern, der 1.200 Grad heiß ist, ist gefährlich", so die Vulkan-Fotografin, "sondern auch die Stellen an den Vulkanrändern, an denen Gas austritt. Auch die können mehrere hundert Grad heiß werden", so Lohmann. Und wenn dort ein Sicherungsseil drüber laufe, könne es natürlich sehr schnell schmelzen.

Fotoreisen mit Lava-Garantie

Häufiger als im Vulkan nutzt die Fotojournalistin ihre Kamera jedoch, um ihren Anblick von außen festzuhalten. Wie das geht, zeigt sie auch anderen Fotografie-Enthusiasten. Auf Fotoreisen nach Italien oder in die Südsee gibt sie sogar eine Lava-Garantie: Wer keine rotglühende, spritzende Lava fotografieren könne, bekomme sein Geld zurück.

"Ich finde es unglaublich faszinierend anderen die Vulkane nahezubringen", sagt Lohmann. für sie sei es "ganz wunderbar" Menschen zu ihrem ersten aktiven Vulkan zu bringen und zu sehen, wie sie dann ehrfürchtig staunend vor dem grollenden, großen Feuerberg stünden. "Eigentlich sollte jeder Mensch einmal im Leben einen aktiven Vulkan erleben", meint Lohmann. Dann, so glaubt sie, wäre die Welt wohl ein besserer Ort.

Die Fotografien von Ulla Lohmann

Luftaufnahme eines Vulkankraters, aus dem weißer Qualm aufsteigt.
Die Reise zum Mittelpunkt der Erde: Weltweit sind Vanuatu’s Vulkane einzigartig, schreibt Ulla Lohmann. Nirgendwo auf der Welt gebe es auf solch kleinstem Raum solch eine hohe Konzentration von aktiven Vulkanen und nirgendwo gibt es vier Lavaseen auf einmal. Doch diese würden kaum wissenschaftlich untersucht. Deshalb ist Lohmann selbst in einen dieser Krater abgestiegen. Zu sehen sind hier die Vulkane Marum, Niritatem Mbelesu und Benbow auf Ambrym, Vanuatu. Bildrechte: Ulla Lohmann
Luftaufnahme eines Vulkankraters, aus dem weißer Qualm aufsteigt.
Die Reise zum Mittelpunkt der Erde: Weltweit sind Vanuatu’s Vulkane einzigartig, schreibt Ulla Lohmann. Nirgendwo auf der Welt gebe es auf solch kleinstem Raum solch eine hohe Konzentration von aktiven Vulkanen und nirgendwo gibt es vier Lavaseen auf einmal. Doch diese würden kaum wissenschaftlich untersucht. Deshalb ist Lohmann selbst in einen dieser Krater abgestiegen. Zu sehen sind hier die Vulkane Marum, Niritatem Mbelesu und Benbow auf Ambrym, Vanuatu. Bildrechte: Ulla Lohmann
Weiter entfernte Aufnahme von zwei Menschen, die mit Kopflampen zwischen zwei Zelten auf Steinboden sitzen, hinter ihnen leuchtet rote Lava.
Insgesamt 600 Meter sind Lohmann und ihre Begleiter in den Krater des Benbow abgestiegen. Die Wissenschaftler Thomas Boyer und Alpinist Sebastian Hofmann sitzen im Camp des inneren des Kraters. Bildrechte: Ulla Lohmann
Eine Person sitzt auf einem Felsen und blickt hinunter zu roter Lava.
Im Vulkan fühle sie sich ganz klein vor der großen Gewalt der Natur, sagt Lohmann. Dieses Gefühl hält sie auch auf den Fotos aus dem Krater fest. Bildrechte: Ulla Lohmann
Eine Person in einem silber glänzenden Ganzkörper-Schutzanzug steht am Rand eines Lavasees und hat ein Seil in der Hand, an dessen Ende ein Stein hängt.
Der gefährliche Abstieg zum Lavasee dient natürlich auch der Wissenschaft: Das Team sammelte im Krater auch Proben. Bildrechte: Ulla Lohmann
Panoramaaufnahme einer Insellandschaft, die von grauer Vulkanasche bedeckt ist. Ein Vulkan am linken Rand qualmt.
In Rabaul in Papua Neuguinea hat die Fotografin die zerstörerische Kraft der Vulkane dokumentiert. Hier bedeckt eine dicke Ascheschicht den Boden, früher waren hier Kokosnuss-Plantagen. Bildrechte: Ulla Lohmann
Nachtaufnahme eines Vulkans, aus dem leuchtend rote Lava geschleudert wird.
Im September 1994 zerstörte der Vulkan Tavurvur das Südseeparadies, indem er seine Asche tausende von Metern in die Luft schleuderte. Sie legte sich dann auf Feldern, Straßen, Korallenrifffen nieder und brachte mehr als drei viertel aller Häuser zum Einstürzen, berichtet Lohmann. Bildrechte: Ulla Lohmann
Mehrere schwarze Kinder mit teils nacktem Po toben durch Meeresbrandung, im Hintergrund ein schwarz qualmender Vulkan.
20 Jahre später leben die Menschen am Vulkan noch immer in den Trümmern ihres vergangenen Lebens. Die Kinder kennen ihre Insel nur unter einer Schicht von Asche begraben. Bildrechte: Ulla Lohmann
Zwei Menschen stehen auf dem Dach einer einfachen Hütte und schütten mit einem Eimer Vulkanasche zu Boden. Im Hintergrund sind weitere Hütten, es hängt Wäsche auf einer Leine und ein Schwein läuft herum. Alles ist von einer grauen Asche-Schicht bedeckt.
Der Vulkan ist noch immer aktiv und die Menschen müssen mit den Folgen leben. So kann etwa nur das ständige Säubern der Dache einen Einsturz verhindern. Bildrechte: Ulla Lohmann
Zwei Kinder springen in der blauen Stunde von einem großen Ast ins Meer, im Hintergrund ein stark qualmender Vulkan.
Und dennoch hält die Fotografien auch immer wieder faszinierende Momente fest. In der blauen Stunde bietet der Vulkan Tavurvur eine besonders beeindruckende Kulisse. Bildrechte: Ulla Lohmann
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Aber da das nicht für jeden möglich ist, teilt sie ihre Leidenschaft auch bei Vorträgen - so wie beim Silbersalz-Festival in Halle. Dort nimmt sie das Publikum mithilfe von Fotos und Videos mit in die faszinierende Welt der aktiven Vulkane. Bei solchen Veranstaltungen, sagt Lohmann, sei es besonders schön, wie vor allem die Augen der Kinder vor Neugier auf die Natur anfangen zu leuchten.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 03. November 2024 | 12:11 Uhr

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