CST-100 Starliner an der ISS
CST-100 Starliner an der ISS. Bildrechte: Nasa

Raumfahrt Pannenserie bei Boeing: Nasa holt Starliner-Astronauten erst 2025 zurück

26. August 2024, 11:40 Uhr

Der Starliner von Boeing ist an der ISS gestrandet. Nun gibt es zumindest einen Rückkehrtermin. Die Astronautin Suni Williams und ihr Kollege Barry "Butch" Wilmore sollen im Februar 2025 auf die Erde zurückkehren. Es ist eine weitere bittere Niederlage für Boeing und ein Sieg für SpaceX.

Update 26.08.2025

Die mit Spannung erwartete Entscheidung begründete Nasa-Chef Bill Nelson mit Sicherheitsbedenken, den krisengeplagten "Starliner" mit einer Crew auf die Erde zurückzuschicken. Williams und Wilmore waren Anfang Juni mit dem ersten bemannten Testflug des "Starliner" an der ISS angekommen. 

Eigentlich war die Mission nur für rund eine Woche geplant gewesen, dann aber traten zahlreiche technische Probleme auf - unter anderem mit den Triebwerken und Heliumlecks. Der ursprünglich für Mitte Juni geplante Rückflug wurde abgesagt, seither hängen die beiden Astronauten auf der Raumstation 400 Kilometer über der Erde fest. 

Er habe mit den Astronauten über den verlängerten Aufenthalt gesprochen und sie würden diese Entscheidung "voll" unterstützen und ihre Mission auf der ISS fortsetzen, sagte Nasa-Manager Norman Knight. Nach dem neuen Plan schwenken Williams und Wilmore nun im kommenden Februar als Passagiere auf den "Crew Dragon" von Elon Musks Firma SpaceX um. Der Starliner soll vorher unbemannt zur Erde zurückkehren. "Die Entscheidung, Butch und Suni an Bord der Internationalen Raumstation zu lassen und Boeings Starliner unbemannt nach Hause zu bringen, ist das Ergebnis unseres Engagements für Sicherheit: unser Grundwert und unser Leitstern", so NASA-Administrator Bill Nelson. 

Nasa Pressekonferenz zum Starliner-Debakel an der ISS
Pressekonferenz bei der Nasa über die Zukunft des Starliners von Boeing am 24. August 2024. Bildrechte: Nasa

Die 58-Jährige und der 61-Jährige seien erfahrene Astronauten, erklärte Nasa-Managerin Dana Weigel. Sechs bis acht Monate Aufenthalt im All seien durchaus im normalen Bereich, betonte sie. Das Duo werde bei Experimenten und bei Wartungsarbeiten an der ISS helfen. Möglicherweise könnten sie am Ende der Mission auch einige Weltraumspaziergänge machen. Auch die Versorgung mit Lebensmitteln und Trinkwasser sei durch weitere Frachtflüge gesichert. "Keiner muss auf Diät gehen oder die Kalorienzufuhr einschränken", sagte Weigel. 

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Müssen wir noch über Pannenserie bei Boeing reden? Nur zur Erinnerung: Oktober 2018 (Indonesien) und März 2019 (Äthiopien) stürzen zwei Maschinen des Typs 737 Max ab: 346 Todesopfer. Erst im Juli 2024 bekannte sich das Unternehmen schuldig, die US-Regierung betrogen zu haben, um einen Prozess um die beiden tödlichen Abstürze zu umgehen. Im August hatte sich Boeing mit dem US-Justizministerium auf die gesetzliche Höchststrafe von 487,2 Millionen Dollar geeinigt – was den Hinterbliebenen zu wenig ist.

Dann verliert eine Boeing 747-9 Max der US-Gesellschaft Alaska Airlines im Januar 2024 während des Fluges eine Tür. Die Maschine war in Portland (Oregon) gestartet und auf dem Weg nach Ontario (Kalifornien), als sich der Vorfall ereignete. Die Notlandung erfolgt 20 Minuten später in Portland.

Und auch im Weltraum scheint Boeing seine Probleme zu haben. Seit Jahren kommt es immer wieder zu Komplikationen bei der eigenen Starliner-Raumkapsel. Am 5. Juni 2024 dann der erste Flug mit Besatzung. Während des Anfluges an die Internationale Raumstation ISS kommt es zu Triebwerksproblemen. Zwar kann der Starliner an die ISS andocken, doch das Abdockmanöver und der damit einhergehende Rückflug zur Erde verschieben sich seitdem scheinbar unaufhörlich.

Schwerelos im Weltall – doch für wie lange?

Für die beiden Astronauten der amerikanischen Raumfahrtbehörde Nasa, Barry Wilmore und Sunita Williams, heißt dies: statt eines achttägigen Ausflugs ins All, werden sie mehrere Monate auf der ISS verbringen. Die derzeitige Back-up-Option sieht vor, dass die beiden bis Februar oder März 2025 auf der ISS bleiben.

US-Astronauten schweben auf ISS ein
"Starliner"-Raumschiff angedockt: Besatzung schwebt auf die ISS. Bildrechte: EBU

Einerseits ist dies ein Gewinn für die beiden. Wer hat schon die Möglichkeit, ins All zu fliegen und dann auch noch für einen längeren Aufenthalt auf der ISS bleiben zu dürfen? Allerdings haben sich die Familien der Astronauten auf was Anderes eingestellt.

"Wir könnten sie mit einem anderen Raumschiff zurückbringen", erklärt der stellvertretende Leiter der Nasa, Ken Bowersox. Dafür müsste erst ein Raumschiff mit halber Belegung zur ISS aufbrechen. Statt vier Personen würden zwei Personen mitfliegen, damit später vier Personen zur Erde fliegen können. Ein anderes Raumschiff heißt: die Dragon-Raumkapsel vom Konkurrenten SpaceX.

Könnte der Starliner die ISS beschädigen?

Dennoch müsste der Starliner irgendwann von der ISS abdocken. Jedoch funktioniert ein Teil der Triebwerke des Raumschiffs nicht richtig. Die Nasa fürchtet inoffiziell, dass das Raumschiff im schlimmsten Fall beim Abdocken außer Kontrolle geraten könnte und dabei mit der ISS kollidiert. Die Folgen wären nicht abschätzbar.

Drei unterschiedliche Quellen haben dem Nachrichtenmagazin ArsTechnica bestätigt, dass es ein Problem bei der aktuellen Flugsoftware an Bord des Starliners gibt. Sie sei nicht in der Lage, ein automatisches Abdocken von der Raumstation und den Eintritt in die Erdatmosphäre durchzuführen.

Blick von der ISS auf die Erde
Blick von der ISS auf die Erde Bildrechte: imago images/ZUMA Press

Beim unbemannten Testflug im Jahr 2022 war der Starliner dazu in der Lage. Boeing hat bisher keine Stellung dazu genommen, warum diese Fähigkeit bei dem jetzigen Flug mit Besatzung nicht mehr möglich sein soll.

Ist die Abkopplung des Starliners überhaupt möglich?

Es kann sein, dass das Abkopplungsmanöver manuell von der Besatzung an Bord des Raumschiffs eingeleitet werden muss. Dafür spricht die Aussage von Steve Stich, Leiter des Nasa-Programms für kommerzielle Besatzungen: "Starliner wurde als ein Raumschiff konzipiert, bei dem die Besatzung im Cockpit sitzt. Die Besatzung ist ein integraler Bestandteil des Raumschiffs." Andere Quellen behaupten gegenüber ArsTechnica, dass das Software-Update bis zu vier Wochen in Anspruch nehmen kann.

Derzeit verfügt die ISS über zwei Andockstellen für Besatzungsfahrzeuge, die sowohl Crew Dragon als auch Starliner aufnehmen müssen. Der Starliner ist am vorderen Anschluss des Harmony-Moduls angedockt. Die Nasa muss sich sicher sein, dass das Software-Update zum Abdocken funktioniert, wenn sie sich für eine autonome Rückkehr von Starliner entscheidet. Ansonsten könnte es dazu führen, dass eine dieser Andockstellen verloren geht. 

In einer Pressemitteilung teilte Boeing Anfang August noch mit, dass man zuversichtlich sei, "dass das Starliner-Raumschiff sicher mit einer Besatzung zurückkehren wird". Dabei stützt sich das Unternehmen auf die durchgeführten bisherigen Tests, während der Starliner an der ISS angedockt ist. Seither sind bereits zwei Wochen vergangen.

Astronautische Raumfahrt ohne SpaceX derzeit kaum möglich

Um eine Entscheidung zu treffen, braucht es seitens der Nasa jedoch mehr Zeit. "Wir verfügen nicht über genügend Erkenntnisse und Daten, um eine einfache, eindeutige Berechnung durchzuführen", erklärt Russ DeLoach, der Sicherheitschef der Nasa. In einer Pressemitteilung vom 14. August 2024 verkündigte die Behörde, dass sie parallel zum Starliner-Rückflug auch einen Rückflug mit der Crew-9 von SpaceX prüft.

SpaceX Dragon Raumkapsel
Die Dragon-Raumkapsel von SpaceX wird vom Canadarm2 eingefangen. Bildrechte: IMAGO / StockTrek Images

Die Crew-9 wird frühestens am 24. September starten und im Februar 2025 zur Erde zurückkehren. Derzeit befinden sich vier Besatzungsmitglieder an Bord der Raumkapsel. Es kann also gut sein, dass zwei der jetzigen Crew-9-Mitglieder auf der Erde bleiben müssen und erst bei einer zukünftigen Mission ins All mitfliegen dürfen.

SpaceX schneller als Esa: Erste deutsche Frau soll ins All fliegen

Derzeit ist SpaceX das einzige Unternehmen, das Astronauten von den USA aus sicher ins All und wieder zurück zur Erde bringen kann. Und SpaceX könnte auch die erste deutsche Frau ins All bringen.

Die 28-jährige Berlinerin Rabea Rogge befand sich in einem Expeditionstraining auf Spitzbergen, als sie den chinesischen Selfmade-Millionär Chun Wang, der durch Kryptowährungen reich wurde, kennenlernte. Sie hatte mit ihm über ihre Erfahrungen im Satellitenbau und über den Kosmos gesprochen. Dann, ein halbes Jahr später, erhielt sie eine Einladung von Wang, der sie gerne bei einer mehrtägigen Mission mit SpaceX dabeihaben möchte.

Wang finanziert nämlich die Fram2-Mission, bei der eine vierköpfige Besatzung über die Polarregionen der Erde fliegt, um diese aus einer Höhe von 425 bis 450 Kilometern zu erforschen. Speziell geht es um ein Himmelsleuchten, das an Polarlichter erinnert – bei dieser drei- bis fünftägigen Mission könnten aber auch die ersten Röntgenbilder von Menschen im Weltall entstehen.

Der Missionsname soll laut SpaceX an ein Schiff erinnern, das im 19. Jahrhundert norwegische Forscher zum ersten Mal auf Entdeckungsreise in die Polarregionen brachte. Der Start ist für Ende 2024 vorgesehen.

Links/Studien

Zur Boeing Pressemitteilung vom 2. August 2024: Boeing’s confidence remains high in Starliner’s return with crew

Zum ArcTechnica-Beitrag vom 5. August 2024: NASA likely to significantly delay the launch of Crew 9 due to Starliner issues

Zur SpaceX-Pressemitteilung vom 12. August 2024: First Human Spaceflight to Fly Over Earth’s Polar Regions

Zur Nasa-Pressemitteilung vom 14. August 2024: NASA Leaders Discuss Review Process for Starliner Crew Flight Test

 

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Nachrichten | 25. August 2024 | 09:37 Uhr

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