Ein terrestischer Planet wird von einem Zwillingsstern eingefangen.
Ein terrestischer Planet wird von einem Zwillingsstern eingefangen. Bildrechte: intouchable, OPENVERSE

WISSEN-NEWS Acht Prozent der Zwillingssterne sind hungrige Planetenfresser

22. März 2024, 16:38 Uhr

Bisher wurde nicht davon ausgegangen, dass Hauptreihensterne – also Sterne in ihrer Blütezeit – sich Planeten einverleiben. Ein Forschungsteam zeigt jedoch, dass es manchmal doch passiert.

Porträtfoto von Patrick Klapetz
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Eine internationale Forschungsgruppe hat Zwillingssterne untersucht, die aus dem gleichen Ursprungsmaterial entstanden sind und die daher eigentlich die gleiche Zusammensetzung haben sollten. Laut der spektroskopischen Untersuchung unterscheidet sich allerdings die chemische Zusammensetzung von einem der beiden Sterne in etwa acht Prozent der 91 untersuchten Paare. Die Forschenden vermuten, dass in diesen Fällen einer der beiden Sterne entweder Teile von oder sogar einen ganzen Planeten verschlungen hat. 

Team fokussierte auf sogenannte Co-Natale

Die von den Forschern untersuchten Daten stammen aus den Beobachtungen vom 6,5-Meter-Magellan-Teleskop, dem Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte (Eso) – beide Teleskope befinden sich in Chile – und dem 10-Meter-Keck-Teleskop (Hawaii) der amerikanischen Raumfahrtbehörde Nasa.

Bei der Auswertung fokussierte sich das Team auf Co-Natale, also auf Zwillingssterne, die aus denselben Molekülwolken stammen und sich gemeinsam bewegen. Und da sie in derselben Umgebung geboren wurden, müssten sie eigentlich recht identisch sein. Waren sie aber nicht.

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Einzigartigkeit und Zweifel an der Studie

Erstaunlich ist das auch deshalb, weil die Astronomen hier nur Sterne in der Mitte ihrer Lebensdauer untersuchten – sogenannte Hauptreihensterne. Frühere Studien haben vor allem Sterne in ihrer Endphase (wie rote Riesen) erforscht. Diese Sterne blähen sich auf und können dabei schon mal die umliegenden Planeten einschließen, bevor sie ihre äußeren Hüllen absprengen.

Die hier analysierten Objekte hatten allerdings eine stabile Kernfusion im Inneren, blähten sich nicht auf und konnten daher nicht auf dem bisher als üblich angenommenen Weg Planetenfresser werden. Wie genau es also dazu kam, ist bisher immer noch offen.

Planetenmaterial wird von einem Zwillingsstern eingefangen.
Planetenmaterial wird von einem Zwillingsstern eingefangen. Bildrechte: intouchable, OPENVERSE

Material könnte auch protoplanetarer Scheibe entstammen

Der Studien-Hauptautor Fan Liu (Monash University) räumt in einer Pressemitteilung jedoch einige Zweifel ein: "Das Verschlucken des ganzen Planeten ist unser bevorzugtes Szenario, aber natürlich können wir auch nicht ausschließen, dass diese Sterne eine Menge Material aus einer protoplanetaren Scheibe verschluckt haben." Beides ist somit möglich. 

Die Ergebnisse haben weitreichende Auswirkungen auf die Untersuchung der langfristigen Entwicklung von Planetensystemen. Zwar scheinen Hauptreihensterne ihre Planeten nur selten zu verschlucken, es ist aber offenbar möglich.

Links/Studien

Die Studie erschien am 20. März 2024 in der Fachzeitschrift Nature: At least one in a dozen stars shows evidence of planetary ingestion (Mindestens einer von einem Dutzend Sternen zeigt Anzeichen für die Aufnahme von Planeten).

Die Pressemitteilung erschien am 20. März 2024: Twin stars reveal planet-eating habits (Zwillingssterne enthüllen die Essgewohnheiten der Planeten).

Hinweis: Die Studie wurde von dem internationalen Astro-3D-Forschungsteam (ARC Centre of Excellence for All Sky Astrophysics in 3 Dimensions; dtsch.: ARC-Exzellenzzentrum für die Astrophysik des gesamten Himmels in 3 Dimensionen) durchgeführt. Entsprechend waren Forschende vom Max-Planck-Institut für Astronomie, der Swinburne University of Technology (Australien), dem University College Cork (Irland), den Carnegie Observatorien der Ohio State University und dem Dartmouth College (USA) sowie dem Konkoly Observatorium (Ungarn) an der Forschung beteiligt.

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Technikfuchs | 15. März 0024 | 10:16 Uhr

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