Durchmusterung des Universums Weltraumteleskop Euclid ist vereist – Esa bereitet Gegenmaßnahme vor
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19. März 2024, 15:49 Uhr
Das europäische Weltraumteleskop Euclid ist an seinem Zielort. Doch die Durchmusterung des Universums steht vor einem großen Hindernis. Ein optisches Instrument ist vereist. Das geplante Enteisungsverfahren führt die Esa zum ersten Mal durch.
Das Euclid-Weltraumteleskop der europäischen Raumfahrt Behörde Esa leidet unter einem häufigen Problem, mit dem Raumfahrzeuge nach ihrer Ankunft im Weltraum konfrontiert sind: Wasser. Dieses wurde während der Montage auf der Erde aus der Luft absorbiert und wird nun allmählich aus bestimmten Komponenten des Raumfahrzeugs freigesetzt.
Eine winzige Eisschicht behindert die Sicht von Euclid
Das Missionsteam geht nach mehreren Laborversuchen und Berechnungen davon aus, dass mehrere Schichten von Wassermolekülen auf den Spiegeln in der Optik von Euclid eingefroren sind. Zwar ist die dünne Wassereisschicht nur so breit wie ein DNA-Strang (also einige wenige bis zehn Nanometer dick), jedoch beeinträchtigt sie allmählich die Sicht von Euclid.
Mittlerweile befindet sich Euclid an seinem Zielort, dem Lagrange-Punkte L2 in einer Entfernung von 1,5 Millionen Kilometern. Dort soll die Enteisung durchgeführt werden. Dadurch soll Euclid wieder ausreichend "Licht von alten Galaxien" einsammeln können, erklärt der Esa-Wissenschaftler Reiko Nakajima. Das Verfahren wird allerdings zum ersten Mal durchgeführt.
Bau von Raumfahrzeugen: Wasser kann nicht vermieden werden
Entdeckt wurde das Problem, als sich während der Feinabstimmung und Kalibrierung der Instrumente zeigte, dass das einfallende Licht der Sterne in ganz kleinem Umfang aber stetig abnahm. Dies wurde wiederholt beim sichtbaren Instrument (VIS) beobachtet. Der Esa-Kalibrierungswissenschaftler Mischa Schirmer erklärt in einer Pressemitteilung, dass sie die "Helligkeiten der gleichen Sterne zu früheren Zeiten" mit Aufzeichnungen vom Gaia-Teleskop der Esa verglichen haben.
"Einige Sterne im Universum schwanken in ihrer Leuchtkraft, aber die meisten sind über viele Millionen Jahre stabil. Als unsere Instrumente einen schwachen, allmählichen Rückgang der eintreffenden Photonen feststellten, wussten wir, dass es nicht an ihnen lag, sondern an uns."
Eine Raumsonde auf der Erde zu bauen und zu starten, ohne dass etwas Wasser aus der Atmosphäre unseres Planeten in sie eindringt, ist eine große Herausforderung. Bereits nach dem Start wurden deswegen die bordeigenen Heizgeräte angeschaltet, um die meisten Wassermoleküle zu sublimierten. Dabei wurde ein beträchtlicher Anteil des Wassers von der mehrschichtigen Isolierung absorbiert und wird erst allmählich ins Vakuum des Weltraums abgegeben.
Mögliche Wege für die Enteisung des Euclid Weltraumteleskops
Um die restliche Feuchtigkeit loszuwerden, gibt es mehrere Möglichkeiten. Die einfachste Option wäre, das gesamte Raumfahrzeug für mehrere Tage von -140° Celsius auf -3° Celsius aufzuheizen. Zwar würde dadurch die Optik gereinigt, aber auch die gesamte mechanische Struktur des Raumfahrzeugs erhitzt.
Die meisten Materialien dehnen sich bei der Erwärmung aus und kehren nach einer einwöchigen Abkühlung nicht unbedingt in denselben Zustand zurück. Da bereits eine Temperaturänderung von nur einem Bruchteil eines Grades Auswirkungen auf die Optik haben kann, ist dies keine geeignete Lösung.
Bauteile müssen einzeln aufgewärmt werden
Um die thermischen Veränderungen zu begrenzen, wird das Team stattdessen zunächst die risikoarmen optischen Teile des Raumfahrzeugs einzeln beheizen. Dabei wird mit zwei der Euclid-Spiegel begonnen, die unabhängig voneinander erwärmt werden können. Dann werden die Experten prüfen, ob der Lichtverlust anhält und schrittweise weitere Euclid-Spiegel aufwärmen. Dabei wird das Team jedes Mal die mögliche Veränderung im Blick behalten.
Den Technikern sei bewusst, dass sich während der gesamten Missionsdauer weiter kleine Mengen Wasser in Euclid freigesetzt werden. Sie suchen nach einer Langzeitlösung für die regelmäßige Enteisung der Optik – ohne dabei zu viel Missionszeit von der sechsjährigen Durchmusterung des Universums zu beanspruchen, so die Mitteilung der ESA.
Links/Studien
Ein Paper zu Euclid wurde am 13. Juli 2023 in der Fachzeitschrift Astronomy & Astrophysics veröffentlicht: XXIX. Water ice in spacecraft Part I: The physics of ice formation and contamination (XXIX. Wassereis in Raumfahrzeugen Teil I: Die Physik der Eisbildung und -kontamination).
Die Pressemitteilung der Esa vom 19. März 2024: Operations begin to de-ice Euclid’s vision (Beginn der Arbeiten zur Enteisung von Euclids Vision).
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 19. März 2024 | 14:00 Uhr
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