Neandertaler-Rekonstruktion im Museum im Archäopark Niederstotzingen auf der Schwäbischen Alb
Neandertaler-Rekonstruktion im Museum im Archäopark Niederstotzingen auf der Schwäbischen Alb: Homo neanderthalensis hat den Mehrkomponentenkleber erfunden und nicht Homo sapiens. Bildrechte: IMAGO/Arnulf Hettrich

Archäologie 40.000 Jahre – Neandertaler erfanden den Mehrkomponentenkleber

04. Mai 2024, 13:42 Uhr

Nicht moderne Menschen, sondern Neandertaler erfanden den Mehrkomponentenkleber. Forscher aus Tübingen und Berlin entdeckten an über 40.000 Jahre alten Steinwerkzeugen Kleber aus Bitumen und Ocker, die zur Fixierung von Griffen dienten.

Neandertaler haben den Mehrkomponentenkleber erfunden. Wie Forscher der Universität Tübingen und des Museums für Vor- und Frühgeschichte Berlin bei der Aufarbeitung von Stücken aus der Neandertaler-Fundstelle Le Moustier in Frankreich feststellten, benutzten diese frühen Menschen schon vor mehr als 40.000 Jahren einen Klebstoff aus mehreren Komponenten, um Steinwerkzeuge mit Griffen zu versehen. Es handelt sich um den bisher frühesten Fund eines Mehrkomponentenklebers in Europa.

Flüssiges Bitumen und Ocker vor der Vermischung
Flüssiges Bitumen und Ocker vor ihrer Vermischung zu einem Mehrkomponentenkleber. Bildrechte: P. Schmidt

Nach Angaben des Forscherteams stellten die Neandertaler ihre ausgeklügelte Klebstoff-Mischung aus Ocker und Bitumen her, zwei Rohstoffen, die von weiter entfernten Orten beschafft werden mussten. Dies habe einen großen Aufwand, Planung und eine gezielte Vorgehensweise erfordert. Die Forscher gehen davon aus, dass die Neandertaler das Kohlenwasserstoffgemisch Bitumen in flüssiger Form in der Natur vorfanden und erst durch die Zugabe von 55 Prozent Ocker eine formbare Masse erhielten. Diese sei gerade so klebrig gewesen, dass ein Steinwerkzeug darin stecken-, die Hände aber sauber blieben.

Eine Hand, die in einem blauen Gummihandschuh steckt, hält ein Steinwerkzeug.
Dieses Steinwerkzeug wurde in einen Griff aus flüssigem Bitumen unter Zusatz von 55 Prozent Ocker geklebt. Bildrechte: P. Schmidt

Die Forscher hatten die Reste der Ocker-Bitumen-Mischung an Steinwerkzeugen wie Abschlägen, Schabern und Klingen der Neandertaler aus Le Moustier entdeckt, die im Berliner Museum für Vor- und Frühgeschichte lagerten. Die Entwicklung von Klebstoffen und deren Einsatz für die Herstellung von Werkzeugen gelten als einer der besten materiellen Belege für die kulturelle Evolution und die kognitiven Fähigkeiten früher Menschen. Bisher war die Nutzung von Klebern mit mehreren Komponenten wie Baumharzen und Ocker vor allem von frühen modernen Menschen der Gattung Homo sapiens in Afrika bekannt gewesen.

Profil-Porträts eines männlichen Neandertalers (Modell) und einer modernen Frau: Neandertaler mit breitem Kopf, Stirnwulst, großer Nase und hervorstehendem Mund; Frau mit zarteren Gesichtszpgen und dunkelblonde Haare zum Pferdeschwanz zusammengebunden. Neandertaler stützt Kopf auf Faust, Frau blickt leicht nach vorn-unten. 2 min
Bildrechte: IMAGO (Steffen Schellhorn/Westend61; M), Montage: MDR
2 min

MDR AKTUELL Do 28.05.2020 14:48Uhr 02:27 min

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Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Sachbuch der Woche | 06. April 2024 | 13:41 Uhr

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