Steinzeit in Sachsen-Anhalt Nicht nur Sonnenobservatorium: Auch Opferkult in Goseck
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09. August 2023, 16:28 Uhr
1991 wurde die fast 7.000 Jahre alte Kreisgrabenanlage Goseck entdeckt und bis heute eingehend untersucht. Sie hatte nicht nur eine astronomische, sondern auch eine sakrale Funktion als Opferstätte.
Wann sind Sommer- und Wintersonnenwende? Wann ist der beste Zeitpunkt für die Aussaat des Getreides? Schon vor knapp 7.000 Jahren nutzten die Menschen zur Beantwortung solcher Fragen eine Art Kalender. Dieser Kalender war begehbar, hatte einen Durchmesser von mehr als 70 Metern und bestand aus kreisförmigen Palisadenreihen mit Öffnungen an markanten Sonnenauf- und -untergangspunkten im Laufe eines Jahres. Die Kreisgrabenanlage von Goseck (zwischen Naumburg und Weißenfels) wird deshalb auch gern Sonnenobservatorium genannt, Astronomie aus der Steinzeit.
Aber die Anlage in Goseck war mehr als "nur" ein Sonnenobservatorium. Das geht aus einer Publikation von Norma Henkel vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt hervor, die darin alle neuen Erkenntnisse über die Anlage aus dem 5. Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung zusammenfasst.
Opfergaben vom Rind: Die Kuh als mystisches Tier
Nach der Rekonstruktion der Gosecker Anlage ist ihre astronomische Funktion für Besucher recht offensichtlich, weil über dem Erdboden an den Palisaden erkennbar. Für Erkenntnisse zu weiteren steinzeitlichen Funktionen musste aber buchstäblich tiefer gegraben werden. Sowohl innerhalb als auch außerhalb der Anlage fanden sich zahlreiche Gruben, die meist Tierknochen und Keramik enthielten. Im Bereich des Kreisgrabens traten in auffällig hoher Funddichte Fragmente von Rinderschädeln und etwa 30 Hornzapfen von Rindern zutage.
Diese Funde lassen auf eine sakrale Funktion der Anlage schließen, womit Goseck aber nicht allein steht. Denn die Bedeutung und mystische Überhöhung von Rindern in der Jungsteinzeit lässt sich in vielen neolithischen Kulturen feststellen, insbesondere an solchen oder ähnlichen Kreisgrabenanlagen.
Feuerspuren und menschliche Knochen
Ein anderer Fund im südöstlichen Bereich der äußeren Palisade war dann aber ungewöhnlicher. Die Wände einer etwa 1,6 mal 1,3 Meter großen dortigen Grube waren stark durchgeglüht, dort wurde also über einen längeren Zeitraum immer wieder Feuer gemacht.
Neben den Brandspuren enthielt die Grube menschliche Knochen eines Erwachsenen, allerdings Teile von Extremitäten, nicht vom Rumpf oder vom Schädel. Ein weiterer Grubenbefund enthielt fünf Finger- und Mittelhandknochen einer rechten Hand. Diese Knochen wurden im anatomischen Verband niedergelegt und gehörten einem jungen männlichen Erwachsenen.
Für Autorin Norma Henkel sind diese Funde weitere Zeichen einer sakralen Funktion der Anlage. Auch wenn sich knapp 7.000 Jahre später nicht mehr eindeutig belegen lässt, welchen Glauben oder welche Hoffnung die Menschen mit diesen "Gaben" von menschlichen Körper- oder Skelettteilen verbanden.
Links/Studien
- Originalpublikation: Norma Henkel, Die mittelneolithische Kreisgrabenanlage von Goseck, Burgenlandkreis. Veröffentlichungen des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt – Landesmuseum für Vorgeschichte Band 88. Halle an der Saale 2023. ISBN 978-3-948618-40-7
- Weitere Informationen: https://www.emuseum-himmelswege.de/ Das e-Museum Himmelswege bietet weiterführende Information zur Kreisgrabenanlage von Goseck
(rr/idw)
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