Der Schädel aus dem Oktogon von Ephesos in der Sammlung des Instituts für Evolutionäre Anthropologie der Universität Wien. Auf dem beiliegenden vergilbten Zettel steht: "Schädel aus Ephesus".
Der Schädel aus dem Oktogon von Ephesos in der Sammlung des Instituts für Evolutionäre Anthropologie der Universität Wien. Auf dem beiliegenden vergilbten Zettel steht: "Schädel aus Ephesus". Bildrechte: Gerhard Weber, University of Vienna

Wissen-News Kleopatras Schwester bleibt verschollen

13. Januar 2025, 17:12 Uhr

Lange wurde spekuliert, dass ein 1929 in den Ruinen von Ephesos gefundener Schädel zur Schwester der berühmten Kleopatra gehören könnte, Arsinoë IV. Moderne CT-Untersuchungsmethoden haben nun gezeigt, dass dem nicht so ist.

Der österreichische Archäologe Josef Keil und seine Kollegen entdeckten 1929 in den Ruinen des einst prächtigen "Oktogons", einem Prunkbau an der Hauptstraße von Ephesos (Türkei), einen komplett mit Wasser gefüllten Sarkophag. Darin waren keine bedeutenden Grabbeigaben zu finden, aber ein komplettes Skelett. Nur den Schädel nahm Josef Keil mit, bevor die Forscher die Grabstätte an der wichtigen "Kuretenstraße" wieder verschlossen. Nach seiner ersten Analyse in Greifswald ging er davon aus, dass es sich bei der Bestattung um "eine ganz vornehme Persönlichkeit" und vermutlich um eine 20-jährige Frau handelte. Harte Daten blieb Keil schuldig, aber der Schädel trat anlässlich seiner neuen Berufung an die Universität Wien im Reisegepäck den Weg nach Wien an.

Junger Römer in Ephesos begraben

In Ephesos wurde bei späteren Grabungen 1982 der Rest des Skelettes aufgefunden, diesmal aber nicht im Sarkophag, sondern in einer Nische in einem Vorraum der Grabkammer. Aufgrund der vermuteten architektonischen Anleihen des Oktogons bei dem ägyptischen Vorbild des "Pharos von Alexandrien" und der zusätzlichen historischen Fakten, wonach Arsinoë IV um 41 v. Chr. in Ephesos auf die Veranlassung von Marcus Antonius, Geliebter von Kleopatra, ermordet wurde, entstand 1990 eine Hypothese: Arsinoë IV könnte in diesem prunkvollen Grab in Ephesos ihre letzte Ruhestätte gefunden haben. Seither rankten sich zahlreiche Meldungen und Publikationen um dieses Gerücht.

An der Uni Wien wurde der Schädel nun im ersten Schritt einer Micro-Computer-Tomographie unterzogen, um seine digitale Kopie mit einer Auflösung von 80 Mikrometer für alle Zeiten zu archivieren. Dann entnahmen die Wissenschafter geringe Proben im Milligramm-Bereich von der Schädelbasis und dem Innenohr, um Alter und genetischen Status zu bestimmen. Der Schädel datiert demnach in die Jahre zwischen 36 und 205 v. Chr., was gut mit dem überlieferten Sterbedatum von Arsinoë IV im Jahre 41 v. Chr. übereinstimmt. Die Genetiker fanden dazu eine Übereinstimmung des Schädels mit vorhandenen Proben vom Oberschenkelknochen. 

"Aber dann kam die große Überraschung: Schädel und Oberschenkelknochen zeigten beide ganz eindeutig in wiederholten Versuchen das Vorliegen eines Y-Chromosoms – also eines Mannes", erklärt der Studienautor Gerhard Weber. Die morphologische Auswertung des Schädels und der Mikro-CT-Daten ergaben, dass der Junge aus dem Oktogon noch in seiner Pubertät steckte und rund elf bis 14 Jahre alt war. Das belegen die hochauflösenden Aufnahmen der Zahnwurzeln und der sich noch entwickelnden Schädelbasis. Er litt aber offensichtlich generell an einer krankhaften Entwicklung. Eine seiner Schädelnähte, die normalerweise erst im Alter von 65 Jahren verwächst, war bei ihm bereits geschlossen. Der Schädel zeigt dadurch eine stark asymmetrische Form. Nun steht also fest, dass nicht die Schwester Kleopatras im Oktogon in Ephesos begraben wurde, sondern ein junger Mann mit Entwicklungsstörungen, der vermutlich Römer war.

Links/Studien

Die Studie "The cranium from the Octagon in Ephesos" ist im Fachmagazin "Scientific Reports" erschienen.

cdi/pm

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR Aktuell | 26. September 2024 | 10:47 Uhr

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