Wissen-News Jenaer Forscher werfen neuen Blick auf die Thüringer vor 20.000 Jahren
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15. Januar 2025, 11:16 Uhr
Experten der Uni Jena haben altsteinzeitliche Tierknochenfunde aus der Nähe von Saalfeld neu ausgewertet. Das Ergebnis: In dieser Zeit lebten die Menschen nicht in größeren Camps, sondern zogen in mobilen Gruppen umher. Außerdem wurden erstmals Murmeltiere in der Region nachgewiesen.
Im Thüringer Schiefergebirge, südlich von Saalfeld, liegt auf etwa 400 Meter Höhe die Teufelsbrücke. Was heute wie ein Felsentor erscheint, sind eigentlich die Ruinen einer Höhle. In ihrem Umfeld gruben Archäologen zwischen 1970 und 1972 altsteinzeitliche Funde aus. Sie stammen aus dem sogenannten Magdalénien – einer Kultur, die vor etwa 20.000 Jahren begann und rund 6.000 Jahre dauerte. Nun haben Prähistoriker der Universitäten in Jena und Neuchâtel (Schweiz) diese Knochen, die im Thüringischen Landesamt für Denkmalpflege in Weimar aufbewahrt werden, erneut bearbeitet.
Deutlich mehr Knochen als bisher angenommen
"In der Archäologie ist es üblich, ältere Funde immer wieder neu auszuwerten“, erklärt der Studienautor Clemens Pasda. "Da sich Forschungsmethoden über die Zeit ändern und beispielsweise neue technische Verfahren zusätzliche Untersuchungsmöglichkeiten bieten, gewinnen wir aus ihnen heute neue Informationen." In diesem Fall hatten die früheren Archäologen in der Grabungspublikation 2.000 bestimmbare Knochen registriert – die Jenaer Forscher fanden nun heraus, dass sich die rund 140 Kilogramm Knochenmaterial auf insgesamt rund 11.500 einzelne Knochen verteilen. Allein das erweitert den Blick auf die Fundstelle in der Teufelsbrücke enorm. Durch die Radiokarbondatierung von 20 Stücken fanden sie heraus, dass sich die Jägergruppen nur in einem vergleichsweise kurzen Zeitraum vor etwa 15.000 bis 16.000 Jahren in der Teufelsbrücke aufhielten. Damit gehört der Ort europaweit zu den am besten zeitlich fixierbaren Fundstellen des Magdalénien.
Durch die neue Auswertung konnte erstmalig für Mittel- und Ostdeutschland das Murmeltier nachgewiesen werden. "Jedoch handelt es sich hierbei um Schneidezähne, die – ebenso wie aufgefundene abgeschnittene Rentierzähne – als Schmuckelemente dienten und von den damaligen Besitzern auch aus anderen Regionen mitgebracht worden sein könnten", erklärt Pasda. Der deutlich überwiegende Anteil der Knochen – etwa 80 Prozent – stammt allerdings, wie bei vielen anderen Fundstätten aus dieser Zeit auch, von Pferden. Mindestens 66, vermutlich aber rund 200 Tiere sind insgesamt in dieser Zeit rund um diesen Ort getötet worden. Vermutlich ist dies das Ergebnis einzelner Jagdereignisse, bei denen die Jäger in der Umgebung jeweils ganze Herden angriffen, dabei ein bis drei Tiere erlegten und ihre Jagdbeute dann vollständig in einem kleinen Lager in der Teufelsbrücke einbrachten.
Die Funde legen zudem nahe, dass die Menschen, die in dieser Zeit durch Thüringen zogen, anders lebten als bisher angenommen. "Hierzulande gehen die meisten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler davon aus, dass im Magdalénien die Menschen bereits scheinbar sesshaft in großen zentralen Camps lebten", so Pasda. In der Schweiz nehmen die Experten aber an, dass eher hochmobile Kleinstgruppen umherzogen, einige ihrer Mitglieder auf die Jagd gingen und die Beute dann von der gesamten Gruppe direkt in der Nähe des Tötungsplatzes verarbeitet wurde. "Das würde unseren Blick auf das Magdelénien verändern", resümiert Clemens Pasda. "Bisher vermutete man, dass sich das Zusammenleben in dieser Zeit von einfach zu komplex entwickelte, also von einzelnen kleinen Gruppen hin zu größeren Verbänden. Möglicherweise hat sich das aber gar nicht so stark verändert."
Link zur Studie
Die Studie "More on the Magdalenian in Thuringia – A re-investigation of the faunal remains from Teufelsbrücke" ist im Journal "Proceedings of the National Academy of Sciences" erschienen.
cdi/pm
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR Aktuell | 22. Dezember 2024 | 16:54 Uhr
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