Urteile der Woche Entschädigung nach Verspätung durch Flugzeug-Enteisung zugestanden

30. September 2024, 16:58 Uhr

Fast täglich werden im Gerichtssaal wichtige Urteile gesprochen, die Einfluss auf unser Leben haben können. MDR AKTUELL präsentiert Ihnen die drei interessantesten dieser Woche in Kurzform.


Enteisung von Flugzeug rechtfertigt Verspätung nicht automatisch

Bundesgerichtshof: (Az. X ZR 146/23)

Frau Paula Palmenwind kommt von ihrer USA-Reise vier Stunden später nach Hause als erwartet. Diesmal ist sie von Minneapolis über Amsterdam nach Düsseldorf geflogen. Der Grund für die Verspätung ist einfach: Ihre Maschine musste in Minneapolis aufwendig enteist werden. Sie startete also dort bereits mit einer Verspätung. Ihren Anschlussflug in Amsterdam hatte sie knapp verpasst. Nun fordert sie von der Fluggesellschaft KLM eine Ausgleichszahlung im Sinne der europäischen Fluggastrechteverordnung. Doch KLM beruft sich auf außergewöhnliche Umstände wegen der frostigen Temperaturen in Minneapolis. Wer also hat Recht?

Der Bundesgerichtshof entschied: Die Enteisung eines Flugzeugs gehöre bei winterlichen Temperaturen grundsätzlich zur normalen Tätigkeit einer Fluggesellschaft. Sie diene dazu, einen technisch einwandfreien und betriebssicheren Zustand des Flugzeugs sicherzustellen. Allerdings müssten Maschinen nicht immer enteist werden. Die Entscheidung hänge vom Wetter und der Einschätzung des Piloten ab. Insofern handele es sich nicht automatisch um einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne der europäischen Fluggastrechteverordnung. Weil sie vier Stunde später angekommen ist, steht der Passagierin eine Entschädigung von 300 Euro zu.

Ein Foto einer junger Frau von hinten vor der Abflugtafel eines Flughafens. Darüber die Überschrift "Fluggastrechte". 1 min
Bildrechte: MDR
1 min

Wenn ein Flug ausfällt oder lange Verspätung hat, haben Passagiere verschiedene Rechte. Im Video zeigen wir, welche das sind.

Mi 27.07.2022 19:47Uhr 00:28 min

https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/panorama/video-flugausfall-streik-verspaetung-entschaedigung-100.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Video

Unfall nach privatem Wochenende kann in Einzelfall unfallversichert sein

Bundessozialgericht (Az: B 2 U 15/22 R)

Rita Riemenbach fährt vorzeitig von einem privaten Ausflug nach Hause, um Schlüssel und Unterlagen für die Arbeit abzuholen. Zuvor hat ihr Arbeitgeber genau das von ihr verlangt. Die Unterlagen und der Schlüssel werden seiner Anweisung nach für die Arbeit dringend gebraucht. Wenige Kilometer vor dem Wohnort kommt es zu einem schweren Autounfall, Frau Riemenbach wird verletzt. Handelt es sich dabei nun um einen Arbeitsunfall?

Unter Umständen ja, sagten die Richter am Bundessozialgericht: Es könne sich hier durchaus um einen versicherten Betriebsweg handeln. Grund dafür sei die Anweisung ihres Arbeitgebers, Arbeitsschlüssel und -unterlagen von zu Hause abzuholen. Auch ohne eine solche Anweisung könne eine solche Fahrt versichert sein. Das gelte insbesondere dann, wenn die abzuholenden Unterlagen für die Arbeit unentbehrlich seien. Das zuständige Landessozialgericht muss nun klären, ob das der Fall war.


Schiedsrichter erhält nach unfreiwilliger Bierdusche Schmerzensgeld

Landgericht Zwickau (Az: 4 O 771/23)

Fußball-Schiedsrichter Siggi Siegbach hat nicht selten mit pöbelnden Fußball-Fans zu kämpfen. Diesmal allerdings geht es eindeutig zu weit: Auf dem Weg in die Halbzeitpause bekommt er von einem aufgebrachten Zuschauer einen Becher mit Bier ins Gesicht geschüttet. Herr Siegbach bricht daraufhin die Partie komplett ab, das Spiel wird vom DFB-Sportgericht für die gegnerische Mannschaft gewertet. Der Schiedsrichter klagt zusätzlich gegen den Fußball-Fan. Er fordert 25.000 Euro für die unfreiwillige Bierdusche.

Das Landgericht Zwickau gab seiner Argumentation recht: Es handele sich hier um einen schwerwiegenden Eingriff in das grundgesetzlich geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht. Deshalb stehe dem Schiedsrichter eine Entschädigung zu. Allerdings seien die geforderten 25.000 Euro deutlich überzogen. In vergleichbaren Fällen wurden den Geschädigten zwischen 800 und 1.500 Euro zugestanden. Der Schiedsrichter erhält in diesem Fall 1.500 Euro.

*Alle Namen wurden von der Redaktion geändert.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 21. September 2024 | 08:00 Uhr

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