Der Playa del Palma
Ohne Koffer im Urlaubsort gelandet? Gut, wenn es warm ist und man so lange an den Strand kann. Aber die Airline muss sich schnell kümmern. Bildrechte: IMAGO / Chris Emil Janßen

Der Redakteur | 16.05.2023 Welche Reiseversicherungen braucht man wirklich?

16. Mai 2023, 15:30 Uhr

Rundumabsicherungen: Reiserücktritt, Reiseabbruch, Reisegepäck, Reiseunfallversicherung - "der Deutsche" hat den Hang zur Vollkasko-Mentalität. Doch nicht jede Reiseversicherung ist wirklich nötig und einiges ist bereits in unseren Alltagsversicherungen enthalten oder sollte es sein.

Thomas Becker
Bildrechte: MDR/Christoph Falkenhahn

Die wichtigste Reiseversicherung ist die Auslandskrankenversicherung. Gesetzlich Versicherte haben eine "Grundversicherung" quasi mit Ihrer Gesundheitskarte, auch privat Versicherte haben - in Abhängigkeit vom Anbieter - vieles schon inklusive.

Krankenversicherung im EU-Auland "inklusive"

Für gesetzlich Versicherte gilt der Schutz aber nur für Reisen innerhalb der EU, außerdem in Island, Liechtenstein, Mazedonien, Montenegro, Norwegen, der Schweiz sowie in Serbien. Es gibt allerdings einige "Aber". Es wird nämlich quasi so getan, als ob Sie in Ihrem Urlaubsland versichert wären. Wenn es dort also Zuzahlungen gibt oder Eigenanteile, dann sind diese selbst zu tragen. Auch werden Behandlungskosten nicht übernommen, die die Krankenkassensätze des jeweiligen Urlaubslandes übersteigen. Das bedeutet: Wenn es teuer zu werden droht, unbedingt Kontakt mit der Kasse aufnehmen. Schwierigkeiten kann es auch bei Behandlungen durch private Leistungserbringer geben.

Impfausweis, Reisepass, Reisetabletten, Spielzeugflugzeug
Innerhalb der EU sind viele Behanldungen für Kassenpatienten in der normalen Krankenversicherung eingeschlossen. Nachfragen ist aber sicherer, weil es einige Ausnahmen gibt. Bildrechte: imago/Jochen Tack

Außerhalb der EU: Auslandskrankenversicherung abschließen

Sonderfälle sind zudem Mazedonien, Montenegro und Serbien: Hier sind nur sogenannte Notfallleistungen versichert, also Erkrankungen, die erst nach der Einreise aufgetreten sind. Auch die Kosten für einen eventuell notwendigen Rücktransport nach Deutschland sind zusätzliche Versicherungen nötig, in der Regel Schutzbriefe von Versicherungen oder Automobilclubs. Außerhalb Europas ist der Abschluss einer Auslandsreise-Krankenversicherung ohnehin unerlässlich, aber sie kann eben auch innerhalb der EU und der genannten Länder wichtig werden. Besonders dann, wenn es Sprachbarrieren gibt.

Die Auslandskrankenversicherung ist rund um die Uhr erreichbar und greift einem auch unter die Arme, wenn es Sprachprobleme gibt oder man gesundheitlich nicht in der Lage ist, sich selbst zu kümmern.

Anna Follmann, Versicherungsexpertin der Verbraucherzentrale

Privathaftpflicht: Die Reiseversicherung, die keine ist  

Für Versicherungsexpertin Anna Follmann fast ebenso wichtig wie die Krankenversicherung ist die Privathaftpflicht. Die ist oft in der Hausratversicherung enthalten und sollte ohnehin jeder haben. Eine vergessene Kerze genügt, der Brand in einem Mietshaus oder in einem Ferienhaus zum Beispiel oder eine Unachtsamkeit als Fußgänger oder Radfahrer, die zu einem folgenschweren Unfall führt, sind im Ernstfall der wirtschaftliche Ruin. Hier schützt die Privathaftpflicht für wenig Geld und das auch im Urlaub.

Allerdings sollte noch einmal im Kleingedruckten geschaut werden, ob diese Versicherung tatsächlich weltweit gilt und auch Ferienwohnungen und Ferienhäuser eingeschlossen sind. Wenn nicht, ist es günstiger, diese einschließen zu lassen, als Zusatzversicherungen abzuschließen. Auch enthält die Hausratversicherung in der Regel bereits eine Reisegepäckversicherung, z.B. beim Diebstahl aus geschlossenen Autos oder Hotelzimmern. Diese Dinge extra abzusichern, ist auch bei Flugreisen nicht nötig. Wenn die Airline das Gepäck verbummelt, haftet sie in der Regel ohnehin.

Ein Paar packt einen Koffer für den Urlaub.
Reisegepäck ist meist schon in der Hausratversicherung abgesichert. Bildrechte: imago imates/Panthermedia

Was ist mit Reiserücktritt- und Reiseabbruchversicherungen?

An dieser Stelle ist Anna Follmann zurückhaltend: Im Vergleich zur Reisekrankenversicherung sind solche Versicherungen relativ teuer. Auch sind Selbstbehalte von 20 Prozent üblich und je nach Versicherungsvertrag sind die vielleicht nötigen Extraflüge gar nicht dabei. Die Verbraucherzentrale nennt das Beispiel Nachreisekosten für eine verspätete Anreise. Hier wird oft nur bis zur Höhe der Stornokosten erstattet, die anfallen würden, wenn Sie die Reise gar nicht antreten. Aufpassen sollte man auch bei vermeintlich günstigen Paketen, die zusätzlich zu einer Reise oder bei Flügen angeboten werden. "Solche Pakete verlängern sich mitunter nach einem Jahr und werden dann deutlich teurer. In den Bedingungen ist das für den Reisenden häufig gar nicht transparent", sagt Follmann.

Vermeintlich günstige Pakete verlängern sich mitunter nach einem Jahr und werden dann deutlich teurer. In den Bedingungen ist das für den Reisenden häufig gar nicht transparent.

Anna Follmann, Versicherungsexpertin der Verbraucherzentrale

Das ist versichert bei Reiserücktritt- und Reiseabbruchversicherung

Hinzu kommt, dass wirklich nur persönliche Katastrophen größeren Ausmaßes versichert sind. Zu den versicherten Rücktritts- oder Reiseabbruchgründen zählen laut Verbraucherzentrale:   

  • Todesfälle in der Familie
  • schwere Unfallverletzungen
  • unerwartete schwere Erkrankungen
  • unvorhersehbare Komplikationen bei einer Schwangerschaft oder Impfunverträglichkeit
  • Bruch von Prothesen und Lockerung von implantierten Gelenken
  • Organspende oder -empfang
  • erhebliche Schäden am Eigentum der versicherten Person durch zum Beispiel Feuer oder strafbare Handlungen Dritter (oft bereits in der Hausratversicherung enthalten)
  • Verlust des Arbeitsplatzes aufgrund einer unerwarteten betriebsbedingten Kündigung
  • Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses nach Arbeitslosigkeit
  • Wiederholungsprüfungen für Schüler und Studenten, die in die versicherte Reisezeit fallen.

Das bedeutet: "Mir ist etwas dazwischen gekommen" ist nicht versichert und auch eine Erkältung dürfte nicht in die Definition einer schweren Erkrankung fallen.

Das eigene Auto im Ausland versichern

In Europa gilt der Kfz-Haftpflichtversicherungsschutz wie in Deutschland, darüber hinaus ist es abhängig vom Vertrag. Ein Autoschutzbrief empfiehlt sich hier ohnehin. Die Leistungen reichen von Pannenhilfe über Ersatzteilbeschaffung, bis zum Krankenrücktransport innerhalb Europas. Die Grüne Versicherungskarte, die mittlerweile weiß ist, vereinfacht im Falle eines Unfalls die Abwicklung und es wird in vielen Ländern auch verlangt, die mitzuführen.

Versicherungen rund um die Mietwagen

Schon bei der Haftpflicht lauern die ersten Fallen. Die Deckungssummen sind oft nicht vergleichbar mit deutschen Standards. Das bedeutet: Wenn wirklich was passiert, sind Schäden, die über den Unfallschaden an den Fahrzeugen hinausgehen, mitunter nicht abgesichert. Deswegen immer auch auf die Haftpflicht schauen, nicht nur auf die Selbstbeteiligung im Kasko-Fall. Innerhalb Europas ist bei vielen deutschen KFZ-Versicherungen die sogenannte Mallorca-Police enthalten. Diese tut quasi so, als wäre der Mietwagen das eigene Fahrzeug. Das heißt: Zumindest in Europa sind Sie mit dem Mietwagen versichert wie zu Hause, was die Haftpflicht betrifft. Wenn die Mallorca-Police im Vertrag Ihres eigenen Autos nicht enthalten ist, dann unbedingt abschließen, empfiehlt die Verbraucherzentrale.  

Mietwagen
Gut ist die "Mallorca-Police": Sie bietet den gleichen Schutz wie die Versicherung zuhause. Bildrechte: IMAGO / blickwinkel

Die Mallorca-Police hebt den Kfz-Haftpflichtschutz auf deutsches Niveau an.

Beratungsseite Reiseversicherungen Verbraucherzentrale  

Außerhalb Europas gibt es die "Traveller-Police" für Mietwagen, die oft aber nur relativ geringe Deckungssummen hat. Überhaupt gibt es eine ganze Reihe von Fallstricken, die man bei der Anmietung beachten sollte, bis hin zum Ausschluss der Selbstbeteiligung. Die Verbraucherzentrale hat die wichtigsten zusammengestellt.

Die oft vor Ort angebotenen Zusatzversicherungen u.a. für Insassen, Glas oder zusätzlichen Ausschluss einer Selbstbeteiligung, sind in der Regel verzichtbar und man sollte besser schon bei der Buchung darauf achten, dass die beiden wesentlichen, nämlich Deckungssumme der Haftpflicht und der Ausschluss der Selbstbeteiligung inklusive sind. Und bei allen Reiseversicherungen gilt: Viele Kreditkarten bieten Zusatzversicherungen an, wenn man mit der Karte z.B. einen Mietwagen oder eine Reise bucht. Mitunter ist dann zum Beispiel die Haftpflicht-Deckungssumme erhöht oder der Selbstbehalt wird übernommen. Angebote zu vergleichen, ist immer eine gute Idee.

MDR (ifl)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Ramm am Nachmittag | 16. Mai 2023 | 16:40 Uhr

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