Gerichtsakten im Landgericht Magdeburg, 2015
Bundesjustizminister Buschmann geht davon aus, dass durch Sammelklagen, die die Interessen vieler Betroffener bündeln, auch die Gerichte entlastet werden. Bildrechte: picture alliance / Jens Wolf/dpa-Zentralbild/dpa | Jens Wolf

Verbraucherschutz Sammelklage: So kommen Verbraucher leichter zu Entschädigungen

21. März 2024, 11:38 Uhr

Der Gesetzgeber hat 2023 mit der Einführung der Sammelklage die Rechte von Verbrauchern gestärkt. Verbraucherschützer sehen sie als wirksames Instrument, Schadenersatzansprüche vieler auf einmal geltend zu machen.

Umsetzung von EU-Richtlinie zum Schutz von Kollektivinteressen

Mit der Oktober 2023 eingeführten Sammelklage, die genauer gesagt "Abhilfeklage" heißt, wird eine EU-Richtlinie zu Verbandsklagen zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher umgesetzt. Grundlage der neuen Klageform, die die Durchsetzung von Massenschäden erleichtern soll, bleibt das bereits bewährte Modell der 2018 im Zuge des Dieselskandals eingeführten Musterfeststellungsklage. "Ein Gericht entscheidet über die Ansprüche einer Vielzahl von Personen, die in gleicher Weise durch das Verhalten eines Unternehmens geschädigt wurden", erklärt Dirk Weinsheimer von der Verbraucherzentrale Thüringen auf MDR-Nachfrage das Ansinnen der Sammelklage. Vorrangig einreichen werden diese Verbraucherverbände.

Ein Gericht entscheidet über die Ansprüche einer Vielzahl von Personen, die in gleicher Weise durch das Verhalten eines Unternehmens geschädigt wurden.

Verbraucherzentrale Thüringen

Wer darf eine Sammelklage einreichen? Nach Angaben der Verbraucherzentrale Bundesverband können Verbraucherverbände Sammelklagen durchführen.

Klageberechtigt seien auch Verbände "die nicht mehr als fünf Prozent ihrer finanziellen Mittel durch Zuwendungen von Unternehmen erhalten".

Daneben können ebenso kommerzielle Rechtsdienstleister Sammelklagen anstreben. Diese ließen sich die Ansprüche von Verbrauchern übertragen und verlangen als Gegenleistungen meist einen Teil der erstrittenen Entschädigung als Bezahlung.

Verbraucher erhalten im Erfolgsfall direkt eine Leistung

Neu zur Musterfeststellungsklage: Es werden nicht mehr nur Ansprüche an sich festgestellt, sondern auch für alle, die sich der Klage angeschlossen haben, erstritten. Deshalb ist hier auch von einer Abhilfeklage die Rede. Leistungen müssen also nicht mehr im Nachgang von jedem Einzelnen eingeklagt werden. "Verbraucher erhalten im Erfolgsfall direkt eine Leistung – zum Beispiel eine Zahlung", betont Verbraucherschützer Dirk Weinsheimer. Was Betroffene lediglich machen müssen, ist, sich ins Verbandsklageregister des Bundesmjustizministeriums einzutragen. "Die Anmeldung ist auch noch möglich, wenn das Gericht verhandelt hat", betont der Bundesverband der Verbraucherzentralen.

Sammelklage für Verbraucherinnen und Verbraucher kostenlos

Verbraucherinnen und Verbraucher können sich so nun langwierige und teure Rechtsverfahren sparen, denn die Kosten werden durch den Sammelkläger getragen. "Vorteile sind also, dass geschädigte Verbraucherinnen und Verbraucher auch dann eine Chance haben, ihr Recht durchzusetzen, wenn sie ansonsten nicht klagen würden, sei es, weil sie nicht rechtschutzversichert sind oder weil die erlittenen Schäden nicht hoch sind und deshalb sich der Aufwand einer eigenen Klage nicht lohnt", erklärt Ute Bernhardt von der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt auf MDR-Nachfrage.

Ob es zu einer Sammelklage kommt, hängt von der Zahl der sich anschließenden Verbraucher und Verbraucherinnen ab. "Um eine Sammelklage erheben zu können, muss der Verband in der Klageschrift darlegen, dass mindestens 50 Verbraucherinnen und Verbraucher davon potenziell betroffen sind", so Ute Bernhardt. Die Sammelklage ist für Verbraucherinnen und Verbraucher nicht nur kostenlos, sie hemmt nach Angaben der Verbraucherzentralen auch die Verjährung der Ansprüche der Geschädigten, die sich der Klage angeschlossen haben.

Rechtssicherheit für Unternehmen, Gerichte entlasten

Auch Unternehmen bekommen schneller Rechtssicherheit. Noch ein positiver Nebeneffekt: Durch die Bündelung gleichgearteter Interessen verschiedener Betroffener – etwa wegen Produktmängeln oder unzulässigen Preisklauseln – sollen auch die Gerichte weniger Aktenberge abarbeiten müssen. "Mit der Umsetzung der EU-Richtlinie werden wir die Justiz spürbar entlasten", betonte Justizminister Marco Buschmann vor der Einführung im Oktober 2023. Zu der Einschätzung kam auch Michael Hummel von der Verbraucherzentrale Sachsen: "Es wird sich voraussichtlich um tausende eingesparte Einzelklagen handeln. Das war schon bei unseren bisherigen Musterfeststellungsklagen so. Aber künftig wird es vorrangig um Schadensersatz gehen", erklärte er vor Inkrafttreten der neuen Klageform für Verbandsklagen.

MDR (cbr) Update. Erstmals erschienen am 07.10.2023.

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Voss & Team | 21. März 2024 | 21:00 Uhr

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