Mediziner gibt Antworten Abnehmen mit Spritze: Für wen ist das Medikament Wegovy gedacht?

Elon Musk nimmt es, Kim Kardashian schwört darauf: Die High Society Hollywoods hat "Wegovy" zum Trend gemacht. Eine Spritze, die gegen Adipositas, also Fettleibigkeit, entwickelt wurde. In den USA wurde das Medikament im Juni 2021 zugelassen. Die Daten sind vielversprechend: In Studien erzielten Teilnehmer eine Gewichtsreduktion von 15 Prozent innerhalb eines Jahres.

In der EU wurde das Medikament am 6. Januar 2022 zugelassen. Doch Ärzte warten hierzulande vergeblich auf die Spritze. Der Markteintritt wurde mehrfach verschoben – inzwischen hofft man, dass das Medikament hier Mitte des Jahres 2023 verfügbar ist.

Warum die Spritze in Deutschland nicht erhältlich und für wen das Medikament gedacht ist, wie es wirkt und vor allem, ob es das Wundermittel gegen die überflüssigen Pfunde nach den Feiertagen ist? Das MDR-Magazin "Hauptsache Gesund" hat dazu mit Prof. Matthias Blüher gesprochen. Er ist Leiter der Adipositas-Ambulanz für Erwachsene an der Uniklinik Leipzig.

Prof. Blüher: Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass die Nachfrage in den Ländern, in denen Wegovy schon zugelassen ist, vor allen Dingen in den USA, so groß ist, dass man erstmal dort Versorgungssicherheit herstellen möchte, bevor man in andere Länder geht und dort den Markteintritt forciert. Man muss allerdings klar sagen: Wegovy ist ein rezeptpflichtiges Medikament und gehört deswegen auch unter ärztliche Kontrolle. Denn jedes Medikament bedarf der Aufklärung vor Verschreibung insbesondere über Nebenwirkungen. In Deutschland wird es Wegovy nur auf Rezept geben – allerdings nur für Selbstzahler.

Prof. Blüher: Das Medikament ist zugelassen zur Gewichtsreduktion bei Menschen, die krankhaftes Übergewicht haben, auch Adipositas genannt. Bei einem Body-Mass-Index (BMI) von mindestens 30 kann Wegovy als Therapie eingesetzt werden - oder ab einem BMI von 27 mit begleitenden Erkrankungen wie Bluthochdruck oder Diabetes, oder dem Schlafapnoe-Syndrom.

Prof. Blüher: Auf keinen Fall! Ich würde beispielsweise vorsichtig sein bei Patienten, die schon mal eine Entzündung der Bauchspeicheldrüse hatten, die natürlich selten ist. Aber trotzdem muss man das erstmal rauskriegen. Dann gibt es bestimmte Schilddrüsenerkrankungen, bösartige Tumoren der Schilddrüse, wo man auch ganz sicher sein muss, dass es zum Beispiel keine Krankenhistorie oder Fälle in der Familie gibt. Dann muss man auch darüber aufklären, dass Übelkeit, Durchfall, Völlegefühl, Appetitlosigkeit ein Teil der Wirkung sind und wie man damit umzugehen hat.

Prof. Blüher: Ja, denn es gibt letztendlich nicht viele Alternativen. Die Therapiealternativen, die wir haben, sind zum Beispiel das Saxenda, was man einmal am Tag spritzen muss, oder Naltrexon/Bupropion, was eine Tablette ist, die man mehrmals am Tag nehmen muss. Die sind relativ teuer in den Behandlungskosten und die Kosten werden nicht von den Krankenversicherungen bezahlt. Wegovy hingegen muss man nur einmal in der Woche spritzen, das ist ein deutlicher Unterschied. Es könnte gerade für die Menschen wichtig werden, die eine Magen-Bypass-OP umgehen wollen.

Prof. Blüher: Der Wirkstoff funktioniert wie ein Darmhormon, welches der Körper selber produziert: das GLP-1. Dieses wirkt zum Beispiel auf die Leber, aber auch auf die Bauchspeicheldrüse. Dort führt es dazu, dass der Zucker effizienter durch Insulin abgesenkt werden kann, es sorgt gewissermaßen für eine "klügere", bedarfsgerechtere Insulinausschüttung. Aber das Wesentliche für die Gewichtsreduktion ist, dass es auch auf das Appetits- und Sättigungszentrum im Hirn wirkt, sodass Patienten weniger Appetit haben, einfach schneller satt sind mit geringeren Mengen Nahrung.

Prof. Blüher: Das kann man noch nicht sagen, weil es noch nicht im Markt ist. Und die amerikanischen Preise sind nicht auf Deutschland übertragbar, denn die haben ein ganz anderes Preisgefüge bei Medikamenten. Preise wie in den USA sind typischerweise in Europa nicht zu erwarten.

Wir danken für das Gespräch!