Vater und Sohn beim putzen.
Erwartungen runter: Kinder sind keine "kleinen Erwachsenen" – für sie ist die Mitarbeit im Haushalt vor allem ein Lernprozess. Bildrechte: imago images / Westend61

Kindererziehung Haushalt mit Kindern – Wie viel können und sollen sie mithelfen?

06. März 2023, 10:00 Uhr

Mit einem Kind im Haus wächst der Berg an Arbeit im Haushalt stark an: Mehr Wäsche, mehr Chaos, mehr Schmutz – und weniger Zeit und Kraft noch dazu. Kein Wunder, dass sich viele Eltern Unterstützung im Haushalt wünschen, auch von ihren eigenen Kindern. Erziehungsexpertin Nora Imlau weiß, wie das funktionieren kann.

Nora Imlau
Bildrechte: Maria Herzog

Dass Kinder im Haushalt mithelfen, ist ein legitimer Wunsch, der auch als pädagogische Frühförderung durchgeht. Schließlich lernen Kinder beim Mithelfen im Haushalt eine ganze Menge: Verantwortung übernehmen, sich für die Gemeinschaft einsetzen, Fürsorge zeigen. Aber auch ganz konkret, wie man aufräumt, abwäscht oder eine Spülmaschine einräumt. Damit aus der gewünschten Mithilfe im Haushalt jedoch kein Frustthema wird, ist es jedoch wichtig, mir realistischen Erwartungen an die Sache heranzugehen.

Ein Mädchen mit Becher in der Hand
Geduld ist gefragt: Kinder haben auch manchmal keine Lust mitzuhelfen. Bildrechte: IMAGO / Westend61

Kinder sind keine kleinen Erwachsenen und können im Haushalt nicht so zuverlässig und effektiv mitarbeiten, wie wir uns das vielleicht erträumen würden. Stattdessen ist die Mitarbeit im Haushalt für sie vor allem ein Lernprozess, bei dem sie viel geduldige und verständnisvolle Begleitung benötigen – auch und gerade, wenn sie mal keine Lust haben.

Entwicklungsgerechte Erwartungen

Eltern können ihre Kinder ab dem Kleinkindalter in Haushaltstätigkeiten einbeziehen, sollten jedoch darauf achten, dass sie von ihren Kindern nicht zu viel erwarten. Die übertragenen Aufgaben sollten dem Entwicklungsstand des Kindes entsprechen – und der hängt nicht nur vom Alter, sondern auch von der Persönlichkeit des Kindes ab.

Ein Vater kocht mit seinen Kindern in der Küche, während der Junge mithilft.
Die übertragenen Aufgaben sollten dem Alter und der Persönlichkeit des Kindes entsprechen. Bildrechte: imago images/ photothek

So kann etwa ein achtjähriges Kind, das bereits sehr eigenständig und konzentriert arbeiten kann, durchaus die Verantwortung für das Besorgen des Wocheneinkaufs übertragen bekommen – ein gleich altes Kind mit Konzentrationsschwierigkeiten braucht dabei jedoch vermutlich noch mehr Unterstützung.

Die größte Motivation zum Mitarbeiten im Haushalt haben oft die allerjüngsten Kinder zwischen anderthalb und vier Jahren. Sie brennen oft regelrecht darauf, beim Wäschewaschen, Abspülen und Staubsaugen mitzuhelfen – und werden in ihrem Eifer oft ausgebremst. "Dafür bist du noch zu klein", heißt es dann oft.

Das ist schade, denn, wenn Kinder so lange sie klein sind, nicht ihrem Impuls zu helfen nachgeben dürfen, sind sie später oft schwerer für Hausarbeiten zu motivieren. Deshalb lohnt es sich, sich Strategien zu überlegen, wie schon die Kleinsten im Haushalt selbstwirksam mitarbeiten können.

Motivation fördern

Dabei können Eltern beispielsweise Anregungen aus der Montessori-Pädagogik umsetzen. Sie empfiehlt für die Aufgaben des täglichen Lebens Handwerkszeug in Kindergröße anzuschaffen.

Ein Kind schneidet Obst
Ein Kindermesser kann die Kleinen zum Mithelfen motivieren. Bildrechte: IMAGO / Westend61

Ideen für Handwerkszeug in Kindergröße Es kann sinnvoll sein, folgende Utensilien für das Kind anzuschaffen: Einen kleinen Besen samt Kehrschaufel, einen Tischstaubsauger, einen kleinen Eimer samt Lappen sowie ein "Wellenmesser" (Kleinkinder können damit beim Kochen mithelfen).

So ausgerüstet sind kleine Kinder meist hochbegeistert, wenn sie beim Saubermachen und dem Zubereiten von Essen mithelfen dürfen. Natürlich bedeutet diese Mithilfe in dem Alter noch keine echte Entlastung, sondern oft ein Mehr an Aufwand und Zeit.

Doch die hier eingesetzte Geduld zahlt sich aus: Sie stärkt das kindliche Selbstbewusstsein und schafft von Anfang an das Bewusstsein dafür, dass hier in diesem Haushalt jede helfende Hand nicht nur gebraucht, sondern auch wertgeschätzt wird.

Konkrete Aufgaben

Wichtig ist, dass kleine Kinder kleine, überschaubare und möglichst konkrete Aufgaben übertragen bekommen. "Räum dein Zimmer auf!" ist eine Aussage, die schnell in Überforderung endet: Wo anfangen, wo aufhören?

"Räum deine bunten Steine in die rote Kiste!" ist hingegen ein Arbeitsauftrag, den schon Kitakinder gut erfüllen können.

eine alleinerziehende Mutter mit ihrem Kind Chaotische Kinderzimmer wegen Corona
Die Aussage "Räum dein Zimmer auf!" kann überfordernd für Kinder sein, weil sie zu unkonkret ist. Bildrechte: MDR/Grit Hasselmann

Wichtig ist, dabei nicht mit Härte und Strenge, sondern mit Freundlichkeit vorzugehen: Manchmal haben Kinder keine Lust aufzuräumen, das ist ganz normal. Anstatt sie auszuschimpfen, sollten Eltern in diesen Fällen mehr Unterstützung anbieten: "Komm, ich helfe dir, dann geht es leichtert!" Wichtig ist auch, Kindern die ganz konkreten positiven Folgen der Hausarbeit aufzuzeigen: "Schau, wenn wir deine Autos aufräumen, ist dein Teppich wieder frei für ein neues Spiel!"

Unsere Einstellung prägt die Kinder

Ein oft unterschätzter Punkt beim Thema Hausarbeit mit Kindern sind unsere eigenen oft negativen Prägungen und Glaubenssätze rund ums Thema Aufräumen, Putzen und Wäschemachen. Für viele Menschen sind all diese Tätigkeiten lästige Pflichten, die sie genervt und freudlos absolvieren, weil sie eben dazu gehören.

Ein Kind schaut der Mutter beim Putzen zu
Gehen wir selbst mit einer positiven Haltung an die Hausarbeit heran, wirkt sich das auch auf die Motivation der Kinder aus. Bildrechte: imago images/ photothek

Kinder schauen sich diese Haltung schnell ab – und haben dann bald keine Lust mehr. So entsteht schnell eine Konfliktsituation, in der Eltern ihre Kinder belehren, dass auch nervige Pflichten zum Leben dazu gehören. Das führt dazu, dass Kinder sich der Hausarbeit dann erst recht verweigern.

Der Weg daraus führt tatsächlich über eine Neuausrichtung der eigenen Haltung: Es ist eine schöne und wichtige Aufgabe, den eigenen Wohnort so zu pflegen und zu gestalten, dass sich alle darin wohlfühlen. Hausarbeit muss entsprechend keine ärgerliche Pflichtübung sein, sondern darf als etwas Positives vorgelebt werden.

Wenn Eltern sich zum Aufräumen etwa Musik anmachen, die sie gerne mögen, und während der Hausarbeit Freundlichkeit und gute Laune ausstrahlen, wirkt sich dies auch auf die Motivation ihrer Kinder aus.

Ab wann Kinder mithelfen können

Kleine feste Pflichten im Haushalt können Kinder etwa ab dem Schulalter übernehmen.

Mögliche Aufgaben für Kinder im Grundschulalter

  • Tischdecken
  • Verstauen von Einkäufen im Kühlschrank
  • Zusammensortieren von Sockenpaaren beim Wäschewaschen
  • Aufräumen des eigenen Kinderzimmers mit elterlicher Unterstützung und Begleitung

Mögliche Aufgaben für Kinder auf der weiterführenden Schule

  • komplette Verantwortung für das eigene Zimmer übernehmen
  • die Waschmaschine bedienen
  • regelmäßige Hilfe beim Kochen
  • regelmäßige Hilfe beim Abwaschen
  • regelmäßige Hilfe beim Ein- und Ausräumen der Spülmaschine

Dabei ist es wichtig, Kindern nicht automatisch die in einer Familie oft unbeliebtesten Tätigkeiten wie Müllrausbringen oder Kloputzen zu übertragen, sondern ihnen Wahlmöglichkeiten zu geben: Mögen sie lieber Verantwortung in der Waschküche übernehmen oder beim Putzen? Lieber einkaufen oder kochen?

Zwei Kinder mit hölzernen Kochlöffeln in einer Küche
Kleine Pflichten im Haushalt können auch schon Grundschulkinder übernehmen. Bildrechte: Colourbox.de

Tipps zur Motivation

Bei vorübergehenden Motivationseinbrüchen dürfen Eltern durchaus auch zu Belohnungen greifen, um die Mithilfe im Haushalt zu versüßen. Dabei sollte jedoch kein Geld den Besitzer wechseln, stattdessen können gemeinsame Aktivitäten als Motivationshilfe dienen.

Gemeinsame Aktivitäten statt Geld "Wenn wir mit dem Badezimmer fertig sind, schauen wir zusammen eine Folge deiner Lieblingsserie!"

"Komm, jetzt räumen wir zusammen noch kurz die Küche auf und dann radeln wir zur Eisdiele!"

Ein Mädchen mit Laptop auf dem Schoß tippt auf einem Smartphone.
Strafen wie Handy- oder W-Lan-Entzug sind meist nicht zielführend für die Motivation. Bildrechte: IMAGO / Westend61

In Aussicht gestellten Freuden schaffen Verbindung und erhöhen den Anreiz, schnell fertig zu werden. Umgekehrt sollte Untätigkeit im Haushalt nicht mit Strafen belegt werden – wer aufgrund einer nicht ausgeräumten Spülmaschine das Handy einzieht oder das W-LAN abdreht, provoziert einen Machtkampf herauf, der die Eltern-Kind-Beziehung nachhaltig schädigen kann.

Denn wenn Kinder oder Jugendliche nicht im Haushalt helfen, steckt dahinter oft ein Grund: Stress in der Schule, Kummer mit der ersten Liebe, Ärger mit Freunden – solche Themen gilt es zu ergründen, um dann eine gemeinsame Lösung zu finden. Manche Jugendliche sind auch vom Pensum der Arbeit, die sie für die Schule leisten müssen, so erschöpft, dass Eltern gut daran tun, ihnen die zusätzlichen Dienste im Haushalt erstmal zu erlassen. Denn so wertvoll es ist, dass Kinder im Haushalt mithelfen – am wichtigsten ist es, dass sie wissen, dass sie zu Hause auch einmal Unlust zeigen können, ohne dafür verurteilt zu werden.

Ein Teenager mit Gummihandschuhen
Wenn Jugendliche viele Aufgaben und Sorgen haben, tun Eltern gut daran, ihnen Dienste im Haushalt erstmal zu erlassen. Bildrechte: IMAGO / Shotshop

Das hilft

Falls Kinder trotz guter Organisation und fairer Absprachen einfach nicht in die Gänge kommen, gibt es eine einfache Möglichkeit, sie einzubeziehen.

Der Trick Eltern lassen Kindern die Wahl zwischen zwei Aufgaben: Möchtest du lieber die Spülmaschine ausräumen oder Staub saugen?

Auch das Kategorisieren lernen Kinder erst allmählich – mit unserer Unterstützung: Stifte gehören zu den Malsachen und Socken in den Kleiderschrank. Die Lösung sind klare Anweisungen. "Bring bitte alle Puppen in die Puppenecke!"

Was aber, wenn frühpubertäre Sätze kommen wie: "Ich habe keinen Bock"? – Hier müssen Eltern klare Forderungen stellen und die Einhaltung kontrollieren.

Aufgaben im Haushalt gerecht verteilen

Eltern und Kinder sprechen regelmäßig zum Beispiel beim gemeinsamen Abendessen über Notwendiges und Wünsche und legen dabei einen groben Haushalts-Fahrplan fest. Vereinbarte Aufgaben notiert die Familie auf Pappkärtchen.

Nun heften Mama und Papa jeden Morgen ein bis zwei dieser Aufgaben-Kärtchen auf eine Pinnwand mit den Feldern für die Kinder, so steht bei einem Kind "Müll zur Tonne bringen" und bei der Schwester zum Beispiel "Hasen füttern". Und damit alle einen Überblick über die anfallenden Arbeiten bekommen, sollte auch mal der andere die Hasen füttern und die Schwester den Müll raustragen.

Aufgaben dem Alter angemessen auswählen

Generell sollten die gewählten Aufgaben dem Alter und der Entwicklung des Kindes angemessen sein. Je früher man die Kinder in kleinen Dingen einbindet, desto leichter sind sie hierzu in der Regel zu motivieren. Eltern können in der Regel gut selbst beurteilen, welche Aufgaben angemessen für das eigene Kind sind und welche es bereits bewältigen kann oder welche noch zu schwer erscheinen. Dabei sollten immer nur so viele Aufgaben gegeben werden, dass auch noch genügend Zeit für Schulaufgaben, Hobbys und Freunde bleibt, denn diese sind wichtig für Kinder und Jugendliche.

Beispiele für altersgerechte Haushaltpläne

im Alter von 2-3 Jahren

  • Spielzeug in die Spielzeugkiste räumen
  • Bücher ins Bücherregal stellen
  • Schmutzwäsche in den Wäschekorb werfen

im Alter von 4-5 Jahren

  • Das Bett machen
  • Blumen gießen
  • Küchentisch nach dem Essen abräumen

im Alter von 6-7 Jahren

  • Handtücher zusammenlegen
  • Kartoffeln schälen
  • Spülmaschine ausräumen
  • Einkaufsliste schreiben 

im Alter von 8-9 Jahren

  • Wäsche waschen bzw. Waschmaschine anstellen
  • Staub wischen
  • Wäsche in den Schrank räumen

im Alter von 10-11 Jahren

  • Badezimmer putzen
  • Einfache Gerichte zubereiten
  • Staubsaugen

ab einem Alter von 12 Jahren

  • Boden wischen
  • Einkaufen mit Einkaufsliste

Fazit

Die Einbeziehung von Kindern im Haushalt ist sinnvoll und kann die Entwicklung von Kindern fördern. Auch kleinere Kinder im Haushalt können eine Hilfe sein und Aufgaben übernehmen. Dabei sollten die verteilten Aufgaben alters- und entwicklungsangemessen ausgewählt sein. Gehen Eltern mit einem guten Beispiel und guter Laune voran, haben auch die Kinder und Jugendliche mehr Spaß am Mithelfen.

Ein Junge mit einem Staubsauger
Kinder frühzeitig mit kleinen Aufträgen mit einzubeziehen, kann auch das Wir-Gefühl in der Familien stärken. Bildrechte: IMAGO / Shotshop

Wenn Kinder im Haushalt mithelfen, lernen sie, wie sie später ihre Sachen organisieren. Ein Kind, das mal den Tisch deckt oder die Wäsche aufhängt, tut das also auch für sich selbst. Und genau diese Haltung kann man Kindern gut vermitteln. Das heißt natürlich noch lange nicht, dass sie hinterher freudig alle Aufgaben erledigen. Gerade die jüngeren Kinder wollen uns oft eifrig assistieren. Deshalb ist es sinnvoll, sie frühzeitig mit kleinen Aufträgen einzubeziehen. So wird das Mithelfen zur Basis für das Wir-Gefühl in der Familie und dafür, dass Kinder später ganz selbstverständlich Aufgaben übernehmen.

Weil es einfach schneller geht, neigen Eltern dazu, den Kindern alles abzunehmen. Das ist allerdings nur kurzfristig die einfachste Lösung. Langfristig riskieren die Eltern, dass ihre Kinder zu Miniatur-Paschas und -Diven heranwachsen, die als Jugendliche zwar bestens ihren iPod, aber keinen Geschirrspüler bedienen können. Wer sich selbstständige und hilfsbereite Kinder wünscht, sollte kleine Malheure wie zerbrochene Teller mit Humor nehmen.

MDR (jba,lk)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR um 4 | 29. November 2022 | 17:00 Uhr

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