Migranten hinter einem Zaun
Die Kontrollen an den EU-Außengrenzen sollen nach der neuen Asylreform strenger werden. Bildrechte: IMAGO/ZUMA Wire

Migration Pro Asyl und europäische Grüne lehnen Kompromiss bei EU-Asylreform ab

10. Juni 2023, 21:04 Uhr

Nachdem sich die EU-Länder am Donnerstagabend im Asylstreit geeinigt hatten, sprechen Menschenrechtsorganisationen wie Pro Asyl von einem historischen Fehler. Das Asylrecht werde so ausgehöhlt, warnen sie. Auch EU-Parlamentarier der Grünen äußern Kritik.

Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl hat die Asyl-Einigung der EU-Innenminister scharf kritisiert. Der Europa-Sprecher Karl Kopp sagte MDR AKTUELL, es handle sich um einen Frontalangriff auf den Menschenrechtsschutz in Europa. Nun würden an den europäischen Außengrenzen haftähnliche Lager geschaffen. So entstünden im Namen Europas viele neue Elendsorte.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Stephan Thomae, wies das zurück. Es handle sich um Auffang-Einrichtungen, in denen eine menschenrechtskonforme Unterbringung und rechtsstaatliche Verfahren gewährleistet sein müssten.

Grüne EU-Parlamentarier sind gegen Kompromiss

Doch auch aus dem EU-Parlament kam unmittelbar nach der Einigung bereits scharfe Kritik von den Grünen. "Diese Einigung hat einen zu hohen Preis", sagte der Sprecher der deutschen Grünen im EU-Parlament, Rasmus Andresen. Der Kompromiss baue Menschenrechte massiv ab und könne die Probleme der EU-Asylpolitik nicht lösen.

Vizekanzler Robert Habeck verteidigte dagegen die EU-Asyleinigung. "Dass die EU trotzdem zusammenfinden kann, ist gerade in einer Zeit, in der wir als Union zusammenstehen müssen, ein Wert", sagte der Grünen-Politiker. Habeck bezeichnete den Kompromiss als sehr schmerzhaft. Er bedauerte insbesondere, dass es bei den Asylprüfungen an den EU-Grenzen keine Ausnahmen für Familien geben soll.

Parteikollegin und Außenministerin Annalena Baerbock schloss sich dem an. Die Zustimmung für den Kompromiss sei ihr sehr schwergefallen, aber sie halte die Einigung dennoch für richtig, weil sich der Status Quo für viele Geflüchtete dadurch verbessern werde. Das schrieb sie in einem Brief an die Grünen-Bundestagsfraktion, in dem sie für die Einigung geworben hatte.

Strengere Grenzkontrollen geplant

Die EU-Länder hatten sich am Donnerstagabend nach stundenlangen Verhandlungen auf einen Kompromiss im Asylstreit geeinigt. Demnach sollen die Asylverfahren in der EU angesichts der Probleme mit illegaler Migration deutlich verschärft werden. Dem EU-Ratsvorsitz zufolge hatte bei dem Innenministertreffen in Luxemburg eine ausreichend große Mehrheit für umfassende Reformpläne gestimmt.

Die neuen Regeln sehen unter anderem einen deutlich strengeren Umgang mit Migranten ohne Bleibeperspektive vor. Wer aus einem Land kommt, das als sicher gilt, wird nach dem Grenzübertritt in streng kontrollierten Aufnahmeeinrichtungen untergebracht. Dort soll innerhalb von zwölf Wochen geprüft werden, ob der Antragsteller eine Chance auf Asyl hat. Besteht die Chance nicht, soll er umgehend zurückgeschickt werden.

Staaten an den EU-Außengrenzen entlasten

Die EU-Länder vereinbarten auch mehr Solidarität mit den stark belasteten Mitgliedsstaaten an den EU-Außengrenzen. Diese soll zukünftig verpflichtend sein. Länder, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, würden zu Ausgleichszahlungen gezwungen werden.

Länder wie Ungarn stimmten deswegen gegen den Plan. Profitieren könnte davon zum Beispiel Italien. Nach Angaben des UN-Flüchtlingskommissariats wurden in Italien in diesem Jahr bereits mehr als 50.000 Migranten registriert, die über das Mittelmeer kamen.

Die Bundesregierung hatte sich in den Verhandlungen nachdrücklich dafür eingesetzt, dass Familien mit Kindern von den sogenannten Grenzverfahren ausgenommen werden. In dem Kompromiss musste man jedoch letztlich auf die Bedingung verzichten.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser sagte bei dem Treffen allerdings, dass sich die Regierung sich weiter dafür einsetzen werde, dass alle Kinderrechte gewährt blieben. Die SPD-Politikerin zeigte sich zufrieden mit der Einigung. Bei Twitter schrieb sie, es sei ein historischer Erfolg für die EU.

EU-Parlament könnte noch Änderungen fordern

Nun muss noch mit dem EU-Parlament über die Regeln verhandelt werden. Dabei ist denkbar, dass das Parlament noch Änderungen durchsetzt. Es hat bei der Reform ein Mitspracherecht und wird in den kommenden Monaten mit Vertretern der EU-Staaten über das Projekt verhandeln. Im Idealfall werden die Gespräche noch vor Jahresende abgeschlossen sein. Dann könnten die Gesetze noch vor der Europawahl im Juni 2024 beschlossen werden. Sollte dies nicht gelingen, könnten veränderte politische Kräfteverhältnisse Neuverhandlungen nötig machen.

AFP,dpa(amu,rnm)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 08. Juni 2023 | 21:00 Uhr

Mehr aus Politik

Nachrichten

Wolodymyr Selenkyj und Donald Trump laufen nebeneinander in einem Gang 1 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
1 min 26.02.2025 | 16:09 Uhr

Die USA und die Ukraine haben sich auf ein Rohstoff-Abkommen geeinigt. Demnach wollen beide Länder künftig gemeinsam Rohstoffe auf ukrainischem Gebiet fördern, unter anderem Seltene Erden für die Hochtechnologie.

MDR FERNSEHEN Mi 26.02.2025 14:55Uhr 00:35 min

https://www.mdr.de/nachrichten/welt/politik/video-usa-ukraine-rohstoffe-trump-100.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Video
Aus der Vogelperspektive: Viele Menschen begleiten mehrere Leichenwagen 1 min
Tote Hamas-Geiseln: Menschen in Israel begleiten Trauerzug der Bibas-Familie Bildrechte: Reuters
1 min 26.02.2025 | 10:57 Uhr

Die in Geiselhaft der Hamas getötete Schiri Bibas und ihre beiden kleinen Söhne werden am Mittwoch in Israel privat beigesetzt. Zehntausende Menschen begleiteten am Morgen einen Trauerzug.

MDR FERNSEHEN Mi 26.02.2025 09:38Uhr 00:47 min

https://www.mdr.de/nachrichten/welt/politik/video-israel-trauerzug-schiri-bibas-tote-geiseln-hamas-100.html

Rechte: Reuters, AP; AFP

Video

Nachrichten

Spitzenpolitiker der EU legen in Kiew Kränze nieder. Anlass ist der dritte Jahrestages des Krieges gegen die Ukraine. 1 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
1 min 24.02.2025 | 17:00 Uhr

In der Ukraine wird an den Beginn des russischen Angriffskriegs vor drei Jahren erinnert. An der Gedenkfeier in Kiew nahmen auch Spitzenvertreter der EU teil. Diese betonten, die Ukraine weiter unterstützen zu wollen.

MDR FERNSEHEN Mo 24.02.2025 15:41Uhr 00:59 min

https://www.mdr.de/nachrichten/welt/politik/video-krieg-ukraine-russland-eu-unterstuetzung100.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Video
Ein ausgebrannter Bus nach einer Explosion 1 min
Bildrechte: mdr
1 min 21.02.2025 | 12:05 Uhr

In einem Vorort von Tel Aviv sind Donnerstagnacht drei Busse explodiert. Menschen wurden nicht verletzt. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ordnete einen intensiven Anti-Terror-Einsatz im Westjordanland an.

MDR FERNSEHEN Fr 21.02.2025 10:48Uhr 00:27 min

https://www.mdr.de/nachrichten/welt/politik/video-explosion-busse-tel-aviv-100.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Video

Mehr aus der Welt

Ein Raktenstart 1 min
Mondlander "Athena" von privatem US-Unternehmen auf dem Weg ins All Bildrechte: EBU / Nasa
1 min 27.02.2025 | 10:25 Uhr

Die NASA hat eine neue Mission gestartet, um nach Wasser auf dem Mond zu suchen. Ein privates US-Raumfahrtunternehmen bringt dafür eine Sonde ins All. Auch Messtechnik aus Deutschland ist an Bord.

MDR FERNSEHEN Do 27.02.2025 09:14Uhr 00:44 min

https://www.mdr.de/nachrichten/welt/panorama/video-nasa-sonde-mond-wasser-100.html

Rechte: EBU / Nasa

Video
Der britische Premierminister Keir Starmer hält eine Rede während eines Empfangs in der Residenz des britischen Botschafters in Washington. mit Video
Der britische Premierminister Keir Starmer hält eine Rede während eines Empfangs in der Residenz des britischen Botschafters in Washington. Bildrechte: picture alliance/dpa/PA Wire | Carl Court

Nachrichten

Aus der Vogelperspektive: Tausende Menschen auf der Straße 1 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
1 min 26.02.2025 | 20:15 Uhr

In Israel haben Zehntausende Menschen einer von der Hamas getöteten Familie die letzte Ehre erwiesen. Eine deutsch-israelische Mutter und ihre beiden Söhne waren im Oktober 2023 in den Gazastreifen entführt worden.

MDR FERNSEHEN Mi 26.02.2025 19:01Uhr 00:24 min

https://www.mdr.de/nachrichten/welt/panorama/video-Israel-hamas-trauer-gaza-geiseln100.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Video