Reaktionen Mehr als 100 Festnahmen bei Nawalny-Gedenken in Russland

17. Februar 2024, 20:19 Uhr

Nach dem Tod von Kremlkritiker Nawalny hat Russlands Polizei nach Oppositionsangaben bei Gedenkveranstaltungen über 100 Menschen festgenommen. Der Westen beschuldigt den Kreml, am Tod Nawalnys schuld zu sein. Die russische Regierung weist die Vorwürfe als inakzeptabel zurück.

Nach dem Tod von Kremlkritiker Alexej Nawalny ist die russische Polizei nach Angaben oppositioneller Kreise gegen trauernde Unterstützer vorgegangen. Wie die Bürgerrechtsorganisation Ovd-Info mitteilte, wurden in mehreren russischen Städten über 100 Menschen bei Gedenkveranstaltungen festgenommen.

Im Stadtzentrum von Moskau standen Menschen demnach Schlange, um an einer Gedenkstelle für Opfer politischer Repression Blumen abzulegen. Auch in St. Petersburg, Jekaterinburg und Nischni Nowgorod erinnerten Menschen mit Blumen, Fotos und Kerzen an Nawalny. In Berlin kamen Protestierende vor der russischen Botschaft im Stadtzentrum zusammen.

Die russische Jusitz hatte am Freitag nach Angaben der staatlichen russischen Nachrichtenagentur TASS mitgeteilt, dass der 47-Jährige Kremlkritiker in einer Strafkolonie im Norden Russlands, in der er inhaftiert war, zusammengebrochen und gestorben ist. Das Team von Nawalny bestätigte dessen Tod unter Berufung auf dessen Mutter. Sie war in das Straflager im Norden Russlands gereist und habe dort die Todesnachricht erhalten.

Die Nachricht vom Tod des Kremlkritikers löste international Bestürzung aus. In westlichen Staaten wurden sofort heftige Vorwürfe gegen die Führung in Moskau erhoben.

Scholz, Steinmeier und Baerbock machen Kreml verantwortlich

Bundeskanzler Olaf Scholz zeigte sich erschüttert über die Nachricht vom Tod Nawalnys. Dieser habe offenbar seinen Mut "bezahlt mit seinem Leben". Sein Tod diene als Zeichen, wie sich Russland verändert habe. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier schrieb in seinem Beileidschreiben an Nawalnys Witwe Julija, ihr Mann habe sich mit all seiner Kraft für eine demokratische Zukunft Russlands eingesetzt. Diese Zukunft wolle "das Regime von Präsident Wladimir Putin mit brutaler Macht verhindern". Außenministerin Annalena Baerbock würdigte Nawalny als Vorbild für Freiheit und Demokratie. "Genau deswegen musste er sterben."

Aufklärungsforderungen und Tötungsvorwürfe

UN-Generalsekretär Antonio Guterres forderte eine "umfassende, glaubwürdige und transparente Untersuchung" der Umstände von Nawalnys Tod. Auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg forderte die Regierung in Moskau eindringlich zur Aufklärung der Todesursache auf. Weniger zurückhaltend äußerte sich EU-Ratspräsident Charles Michel. Der Belgier erklärte: "Die EU hält das russische Regime für alleinverantwortlich für diesen tragischen Tod." Frankreichs Präsident Emmanuel Macron reagierte auf den Tod von Nawalny mit "Wut und Empörung".

US-Präsident Joe Biden machte Russlands Präsident Wladimir Putin für den Tod Nawalnys verantwortlich. Man wisse zwar nicht genau, was passiert sei, aber es gebe keinen Zweifel daran, dass der Tod Nawalnys eine Folge von Putins Handeln und dem seiner Verbrecher sei. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte bei einer Pressekonferenz in Berlin: "Es ist für mich offensichtlich: Er wurde getötet. Wie andere Tausende, die zu Tode gequält wurden wegen dieses einen Menschen."

Kreml bezeichnet Vorwürfe als inakzeptabel

Die russische Regierung bezeichnet die Kommentare westlicher Politiker zum Tod von Alexej Nawalny als inakzeptabel. Der russische Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow sagte nach Angaben der Nachrichtenagentur Interfax, die Äußerungen seien "absolut tollwütig". Es gebe noch keine genauen Informationen von Medizinern, Gerichtsmedizinern oder dem Strafvollzug. Trotzdem gebe es bereits Reaktionen aus dem Westen. "Es ist offensichtlich, dass das absolut überdrehte und absolut inakzeptable Aussagen sind."

Russlands Außenamtssprecherin Maria Sacharowa bezeichnete die Geschwindigkeit der Anschuldigungen der Nato-Staats- und Regeirungschefs bei Telegram als selbstentlarvend. "Die gerichtsmedizinische Untersuchung liegt noch nicht vor, aber der Westen hat seine Schlussfolgerungen bereits gezogen."

AFP,Reuters,dpa/epd (jst,lmb,kar,dni)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 16. Februar 2024 | 15:30 Uhr

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