Krieg in Nahost Israelische Armee umstellt Gaza-Stadt
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02. November 2023, 20:49 Uhr
Israels Armee hat nach eigenen Angaben die Hamas-Hochburg Gaza-Stadt umstellt. Augenzeugen berichten von heftigen Gefechten. Im Norden griff die israelische Armee Stellungen der libanesischen Hisbollah an. Israels Armeechef Halevi hält Treibstofflieferungen für Krankenhäuser im Gazastreifen unter Aufsicht für möglich.
- Augenzeugen berichten von schweren Gefechten zwischen israelischen Soldaten und Hamas-Kämpfern.
- Israel meldet heftige Gefechte mit libanesischer Hisbollah im Norden.
- Israel signalisiert Bereitschaft zur Lieferung von Treibstoff für Krankenhäuser in Gaza unter Bedingungen.
- Treibstoff wird nach Angaben der UNO im Gaza-Streifen "verzweifelt benötigt"
Rund eine Woche nach Beginn ihrer Bodenoffensive hat die israelische Armee nach eigenen Angaben Gaza-Stadt umstellt. Militärsprecher Daniel Hagari sagte, die Soldaten würden dort Posten der radikal-islamischen Hamas angreifen. Zuvor hatte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu über sein Büro erklären lassen, man befinde sich auf dem Höhepunkt der Schlacht. Details wurden nicht genannt.
Augenzeugen berichten von erbitterten Gefechten mit Hamas-Kämpfern
In Gaza-Stadt hat die Hamas ihren Sitz. Bei ihrem Vormarsch auf die größte Stadt im Gaza-Streifen stießen die israelischen Soldaten nach Angaben von Augenzeugen auf erbitterten Widerstand von Hamas-Kämpfern. Sie berichteten, das Gebiet von Gaza-Stadt sei die ganze Nacht zu Donnerstag über mit Mörsergranaten beschossen worden. Israelische Panzer und Bulldozer seien dabei, immer weiter vorzudringen. Der israelische Brigadegeneral Iddo Mizrahi sagte im Armee-Radio, die israelischen Truppen seien dabei, den Zugang zu Gaza zu sichern. Das Gelände sei allerdings teilweise vermint und mit Sprengfallen gesichert.
Bei den Gefechten hat die israelische Armee nach eigenen Angaben am Donnerstag mehr als 130 Hamas-Kämpfer "eliminiert". Unklar blieb, ob diese getötet wurden. Angaben zu eigenen Verlusten machte die Armee nicht.
Hamas-Kämpfer greifen aus Tunnelsystem an
Die Hamas hat ein weitreichendes Tunnelsystem im Gaza-Streifen aufgebaut. Aus diesen Tunnel greifen ihre Kämpfer immer wieder israelische Soldaten an, und ziehen sich dann wieder darin zurück. Israels Armee hat deshalb dieses Tunnelsystem besonders im Visier.
Heftige Gefechte mit der Hisbollah im Norden
Im Norden Israels lieferte sich die israelische Armee heftige Gefechte mit der libanesischen Hisbollah. Sie erklärte, Kampfflugzeuge und Hubschrauber hätten in der vergangenen Stunden Stellungen der Hisbollah im Libanon angegriffen. Zudem seien Artillerie und Panzer eingesetzt worden. Der Angriff sei eine Antwort auf Beschuss durch die Hisbollah von libanesischem Territorium aus.
Die vom Iran unterstützte Hisbollah erklärte ihrerseits, sie habe 19 israelische Militärposten mit Hilfe von Lenkraketen und Artilleriefeuer sowie anderen Waffen angegriffen. Seit Ausbruch des Krieges zwischen Israel und der Hamas hat es beinahe täglich militärische Auseinandersetzungen an der israelisch-libanesischen Grenze gegeben. Es gibt Befürchtungen, dass die Hisbollah eine neue Front zur Unterstützung der Hamas eröffnen und so Libanon in den Krieg hineinziehen könnte.
Israel stellt Treibstofflieferungen nach Gaza in Aussicht
Israels Armee signalisierte am Donnerstag ihre Bereitschaft, die Blockade des Gazastreifens unter bestimmten Bedingungen zu lockern. Armeechef Herzi Halevi sagte, Krankenhäuser, denen der Treibstoffe für Notstromaggregate ausgehe, könnten unter Aufsicht wieder beliefert werden. Israel wolle alles tun, damit dieser nicht in die Hände der Hamas gelange.
Treibstoff wird nach Angaben der UNO "verzweifelt benötigt"
Halevi erklärte, bislang sei keinem Krankenhaus im Gazastreifen der Treibstoff ausgegangen. Dagegen erklärte das von der radikal-islamischen Hama kontrollierte Gesundheitsministerium, dass 16 von insgesamt 35 Krankenhäusern in dem Küstengebiet wegen Treibstoffmangels keine Patienten mehr behandeln. Andere Kliniken könnten nur noch sehr eingeschränkte Versorgung leisten. Auch das UN-Nothilfebüro OCHA teilte mit, Treibstoff werde "verzweifelt benötigt für den Einsatz lebensrettender Ausrüstung".
Israel befürchtet Missbrauch von Treibstofflieferungen durch Hamas
Israel erlaubt die Einfuhr von Treibstoff in den Gazastreifen bislang nicht, weil es einen Missbrauch durch die dort herrschende Hamas befürchtet. Er diene den Islamisten etwa zur Belüftung des unterirdischen Tunnelsystems, von dem aus israelische Soldaten angegriffen werden könnten. Israel wirft der Hamas auch vor, sie habe Krankenhäusern Treibstoff für Kriegsziele weggenommen. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.
Die Berichterstattung aus dem Gazastreifen ist schwierig, da wegen der Kämpfe nur wenige Journalistinnen und Journalisten vor Ort sind. Informationen zu den Kampfhandlungen kommen vor allem von der israelischen Regierung und von der im Gazastreifen herrschenden Terrororganisation Hamas, die nur schwer überprüft werden können.
Was seit dem Hamas-Angriff am 7. Oktober passiert ist
Die von der EU und den USA als Terrororganisation eingestufte Hamas hatte am 7. Oktober einen beispiellosen Großangriff auf Israel begonnen. Dabei wurden nach israelischen Angaben etwa 1.400 Menschen getötet und 240 Menschen als Geiseln verschleppt. Die Hamas feuerte seitdem tausende Raketen auf Israel ab.
Als Reaktion auf den Hamas-Angriff hatte Israel den Gazastreifen abgeriegelt, massive Luftangriffe auf das Palästinensergebiet gestartet und eine Bodenoffensive begonnen. Erklärte Ziele der Offensive sind die Zerstörung der Hamas und die Befreiung der Geiseln.
Seit Beginn des Krieges vor knapp vier Wochen sind nach israelischen Angaben insgesamt 332 israelische Soldaten getötet worden. Durch die israelischen Angriffe wurden im Gazastreifen nach nicht unabhängig überprüfbaren Angaben der Hamas mehr als 8.700 Palästinenser getötet.
dpa, AFP (jks)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 02. November 2023 | 17:10 Uhr