Ungarn: Schärfere Gangart gegen Migranten und ihre Helfer
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22. Juni 2018, 17:36 Uhr
Die ungarische Regierung hat Gesetze und Gesetzesänderungen gegen Migration durchs Parlament gebracht. So wurde das Grundgesetz geändert und das sogenannte "Stop-Soros-Gesetz" gegen Flüchtlingshelfer verabschiedet. Geplant ist auch eine "Einwanderungs-Sondersteuer."
Seitdem vor drei Jahren Tausende Flüchtlinge auch in Budapest gestrandet waren, bestimmt das Thema Migration die Politik der regierenden Fidesz-Partei. In landesweiten Kampagnen stellt die Orbán-Regierung Geflüchtete als Bedrohung für unsere christliche Kultur dar, die westlichen Werte und die nationale Souveränität Ungarns bedrohen. Als einer der Hauptverantwortlichen für die großen Fluchtbewegungen wurde der ungarischstämmige US-Milliardär Georg Soros ausgemacht. Er organisiere und steuere die Masseneinwanderung in die EU, behauptet die ungarische Regierung.
Besiedlungsverbot per Grundgesetz
Nachdem die geforderten Gesetzesänderungen das Parlament passiert haben, wird es im ungarischen Grundgesetz künftig heißen, "Ungarn darf mit einer fremden Bevölkerung nicht besiedelt werden". Bedeutet: Ein Ausländer darf sich in Ungarn nur dann ansiedeln, wenn er entweder aus einem EU-Land stammt oder wenn die Behörden über seinen Asylantrag einzeln und positiv entschieden haben. Ein Recht auf Asyl will Ungarn nur denjenigen gewähren, die in ihren Heimatländern wegen ihrer Rasse, ihrer Nationalität oder ethnischen Zugehörigkeit, wegen ihres Glaubens oder ihrer politischen Einstellung verfolgt und bedroht werden.
Wer jedoch aus einem als sicher geltenden Land wie beispielsweise Serbien nach Ungarn kommt, dem soll kein Asyl gewährt werden, unabhängig davon, was er in seiner Heimat erdulden musste. Ungarn wolle selbst entscheiden, wen man ins Land lasse, heißt es zur Begründung. Mit der Änderung des Grundgesetzes soll die EU-Quoten-Regelung zur Verteilung von Flüchtlingen endgültig verhindert werden.
Haftstrafen für Gesten der Menschlichkeit
Die Abgeordneten stimmten auch über das sogenannte "Stop-Soros"-Gesetzespaket ab. Es richtet sich gegen Einzelpersonen und Organisationen, die Migration befördern. Wer "widerrechtliche Einwanderung" unterstützt, muss im schlimmsten Fall mit Haftstrafen rechnen. Das Gesetz ist an einigen Punkten schwammig formuliert. Um sich im Sinne dieser Reglung schuldig zu machen, genügt es offenbar schon, einem Flüchtling etwas Geld zuzustecken und ihm Auskünfte zu erteilen, fürchten viele. Helfer, die sich in einem Netzwerk organisieren, drohen ebenfalls Strafen.
Das Gesetz wurde mehrmals umgeschrieben und entschärft. Ursprünglich sollten sich NGOs, die vom Staat als "migrationsfördernd" eingestuft werden, wie in Russland beim Innenministerium registrieren und sich vom Geheimdienst durchleuchten lassen.
Sondersteuer für "migrationsfördernde Organisationen"
Bis vor einigen Tagen sah es so aus, als sei eine sogenannte Einwanderungs-Sondersteuer für "migrationsfördernde Organisationen" vom Tisch. Nun taucht sie jedoch im neuen Steuergesetz wieder auf. So müssen alle Organisationen, die eine Einwanderung befürworten, Medienkampagnen oder Seminare zum Thema Migration organisieren und dafür ein Netzwerk aufrechthalten, 25 Prozent ihrer Zuwendungen und Einnahmen als Sondersteuer bezahlen. Die so generierten Steuer-Einnahmen sollen unter anderem den ungarischen Grenzschutz mitfinanzieren.
Sicherheit muss Thema Nummer eins sein
Die ungarische Regierung verteidigt die geplanten Gesetzesänderungen unter anderem mit dem Verweis auf die durch die unkontrollierte Einwanderung gestiegene Terrorgefahr in Europa. Durch die Sicherung der ungarischen Grenzen vermeide man Masseneinwanderungen in die EU, sagte der ungarische Außenminister Péter Szijjártó dem ARD-Hauptstadtstudio: "Wenn wir unsere südliche Grenze schützen, wenn wir Milliarden Euro dafür ausgeben, dann schützen wir auch die Deutschen, die Österreicher, die nordischen Länder, und damit sind wir ja in einer tiefen und aktiven Solidarität mit diesen Ländern und Europa."
Über dieses Thema berichtet MDR AKTUELL auch im: TV | 22.06.2018 | 17:45 Uhr