Ungarn Warum Regierungschef Orbán mit Schwarzenegger ins Fitnessstudio geht
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25. September 2024, 16:24 Uhr
Sport treiben oder Gulasch essen? Die Vorlieben von Politikern für das Fitnessstudio oder aber deftiges Essen haben eigentlich nichts mit ihrer Arbeit zu tun. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán legte vor Kurzem etwas anderes nahe und sorgte selbst dafür, dass die Körper von Spitzenpolitikern zu Gesprächsthemen in Politik und Medien wurden.
Viele in Ungarn haben sich die Augen gerieben, als Viktor Orbán Mitte September ungewohnte Bilder von sich selbst in den sozialen Medien verbreitete. Sie zeigten den ungarischen Ministerpräsidenten mit dem Schauspieler und US-Republikaner Arnold Schwarzenegger beim Training im Fitnessstudio, während dieser in Budapest zu Besuch war.
In der ungarischen Öffentlichkeit hatte es zwar schon ab und an Kommentare zur Statur Viktor Orbáns gegeben, aber vor einem halben Jahr wäre es noch undenkbar gewesen, dass sich der ungarische Premier beim Fitnesstraining zeigt. Stattdessen ließ er sich in den vergangenen Jahren lieber mit traditionellen ungarischen Gerichten ablichten oder sogar mit einem Schnapsglas in der Hand. Diese Posen gehörten zu seinem Image. Dass es jetzt eine Diskussion um das Äußere von Politikern gibt, geht zum Teil sogar auf Orbán selbst zurück.
Was Körpergewicht laut Orbán mit Patriotismus zu tun hat
Wie jedes Jahr skizzierte Orbán Ende Juli in Rumänien bei der Sommeruniversität seiner Fidesz-Partei seine Vision von der Welt. Die Veranstaltung im Nachbarland, in dem eine große ungarische Minderheit lebt, galt lange als Plattform für den ungarisch-rumänischen Dialog. Seine programmatischen Reden hier blieben allerdings zuletzt häufig wegen ihrer scharfen Polemik im Gedächtnis. In diesem Jahr sagte Orbán, dass eine "patriotische" junge Generation die "Liberalen in Slim-Fit-Outfits" bekämpfen sollte. Der Begriff "Liberale in Slim-Fit-Outfits" fand sich bald in den Schagzeilen wieder und es wurde allgemein angenommen, dass der Ministerpräsident bei dieser Anmerkung seinen politischen Konkurrenten Péter Magyar im Sinn hatte.
Zwar sieht sich Magyar nicht als Liberalen, allerdings hat sich der Polit-Neuling und Vorsitzende der Tisza-Partei in nur wenigen Monaten zum stärksten Herausforderer Viktor Orbáns entwickelt. Bei den Europawahlen holte Magyars Partei aus dem Stand knapp 30 Prozent der Wählerstimmen. "Vielen Dank für die Anmerkung zur Slim-Fit-Kleidung, Herr Ministerpräsident. Aber wir denken, dass auch sportliche, normal gekleidete Menschen Patrioten sein können", reagierte Péter Magyars Partei prompt auf Orbáns "Slim-Fit"-Äußerung.
Spitzenpolitiker als Vorbilder?
Auch darüber hinaus bot die Aussage des Premierministers in der Gesellschaft und auch in den Medien reichlich Gesprächsstoff. Ungarische Leitmedien kommentierten, dass Übergewicht ein Problem sei und dass Spitzenpolitiker mit gutem Beispiel vorangehen sollten. Ungarns größte unabhängige Wochenzeitung Hvg kritisierte, der Premierminister hätte gegenüber Péter Magyar Bodyshaming betrieben: "Der Premierminister eines Landes, in dem unter den führenden Todesursachen Krankheiten sind, die auf ungesunde Ernährung und zu wenige Bewegung zurückzuführen sind, stigmatisiert hier jeden, der nicht den gleichen Körperbau hat wie er", kommentierte die Zeitung.
Bodyshaming Als Bodyshaming wird die Diskriminierung bzw. Beleidigung von Menschen aufgrund ihres Körpers bezeichnet. Im Englischen heißt „to shame” jemanden beleidigen, beschämen.
Orbáns bringt sich mit Diät-Ankündigung ins Gespräch
Nun gab Premier Orbán im September bekannt, er hätte zwar wegen einer Verletzung zwischenzeitlich damit aufgehört, würde nun aber wieder trainieren und sogar eine Diät machen. Ob ihn dazu die politische Konkurrenz oder etwas anderes angespornt hat, ist zwar nicht bekannt. Fest steht aber, dass er es mit der Ankündigung und mit der Begegnung mit Arnold Schwarzenegger wieder in die Schlagzeilen geschafft hat.
Laut Boulevardzeitung Blikk trainiert der Premierminister mit Kettlebells - Kugelhanteln - die einst im Sowjet-Armeesport eingesetzt wurden. Dass sich Orbán gerade mit ihnen fit halte, während er regelmäßig für seine Russlandpoltik kritisiert wird, gab dem Ganzen in den Augen einiger Medien wiederum sogar einen geopolitischen Beigeschmack.
MDR (usc)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 16. September 2024 | 12:35 Uhr