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Die Tschechien lieben ihre Dieselautos. Doch nicht alle erfüllen die vorgeschrieben Abgaswerte. Nun kontrolliert die Polizei die Umweltsünder mit mobilen Messstationen.

MDR FERNSEHEN Fr 30.08.2024 08:07Uhr 00:37 min

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Umwelt Tschechien: Polizei macht Jagd auf qualmende Diesel-PKW

03. September 2024, 20:14 Uhr

Die tschechiche Verkehrspolizei hat ein neues Betätigungsfeld: Sie kontrolliert nicht mehr nur Geschwindigkeitsübertretungen und andere Delikte, sondern testet nun auch gezielt die Abgase von alten Diesel-PKW. Dazu ist sie mit mobilen Messstationen unterwegs. Nötig wurde das, weil viele Diesel die Abgasnormen nicht erfüllen.

Der tschechische Journalist Robert Schuster
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Wenn man als Autofahrer von einer Polizeistreife bei einer Verkehrskontrolle aufgehalten wird, kontrollieren die Beamten in der Regel den Führerschein und die Fahrzeugpapiere. In Tschechien kann es neuerdings nun auch passieren, dass die Polizisten zusätzlich auch die Abgaswerte des Wagens prüfen. Diese sollten zwar bei einem Auto, das regelmäßig das tschechische Pendant zum deutschen TÜV, die Station für die technische Kontrolle (STK) aufsucht, in Ordnung sein. Doch die Wirklichkeit ist oft eine andere. Auf Tschechiens Straßen sind viele ältere Diesel-PKW unterwegs, die schwarzen Rauch aus ihren Auspuffen blasen, obwohl die meisten von ihnen eine gültige Prüfplakette haben.

Mit mobilen Messstationen gegen "Stinker"

Um solche Dreckschleudern dingfest zu machen, führt die tschechische Verkehrspolizei seit Jahresbeginn in verschiedenen Regionen des Landes mobile Prüfungen der Abgaswerte durch. Das Ergebnis ist in vielen Fällen ernüchternd. In Přerov, im Osten Tschechiens, prüften die Polizisten Anfang August zehn Diesel-PKW. Keiner von ihnen erfüllte die Abgasnormen. Und das, obwohl alle Fahrzeughalter gültige Prüfdokumente von der STK vorlegten. Die Fahrer bekamen eine Frist von dreißig Tagen, um ihre Autos erneut messen zu lassen. Auch bei Kontrollen in Plzeň (Pilsen) und Liberec (Reichenberg) traf die Polizei viele "Stinker". Das Ganze zeugt nach Ansicht von Igor Sirota, Pressesprecher des größten tschechischen Automobilklubs UAMK, von zwei Problemen: "Erstens, dass in Tschechien zu viele alte Autos in Betrieb sind. Deren Durchschnittsalter beträgt 16,2 Jahre. Zweitens zeigt sich, wie schlecht der hiesige TÜV seine Arbeit verrichtet," sagte Sirota dem MDR.

Firmenlogo "STK" auf einem Gebäude
Station für technische Kontrolle – das Pendant zum deutschen TÜV Bildrechte: IMAGO / Pond5 Images

Warum immer mehr Tschechen alte Autos fahren

Seinen Worten zufolge wird jedes Auto auf Grund jener Normen auf Abgase getestet, die im Jahr seiner Herstellung gegolten haben. Das heißt aber unter anderem auch, dass jüngere PKW mit strengeren Regeln konfrontiert sind. Laut Sirota haben es also ältere Autos wesentlich einfacher, durch die Prüfung beim TÜV zu kommen. Das sei auch einer der Gründe, warum das durchschnittliche Alter der auf tschechischen Straßen fahrenden PKW immer höher wird. Noch vor einigen Jahren lag dieser Wert laut Sirota bei 13 bis 14 Jahren. In Deutschland betrage das Durchschnittsalter eines Personenwagens etwas über zehn Jahre, was in ungefähr auch dem Schnitt innerhalb der Europäischen Union entspricht. Spitzenreiter sei hier Luxemburg mit einem Schnitt von etwa sieben Jahren. Sirota weist auch darauf hin, dass es sich für viele Autobesitzer um eine Kostenfrage handle: Nicht nur ob man sich einen neuen oder neueren Wagen leisten könne, sondern ob man auch das Geld für dessen regelmäßige Instandhaltung habe, was ebenfalls Einfluss auf den technischen Zustand des PKW hat.

Kaum Beanstandungen durch den TÜV in Tschechien

Zudem weist der UAMK-Sprecher auch auf einen weiteren wichtigen Aspekt hin, der mitverantwortlich für die hohen Zahlen von alten PKW auf Tschechiens Straßen ist: "In Deutschland fallen beim TÜV jährlich 20 bis 25 Prozent der kontrollierten Personenautos durch, während in Tschechien es nur einstellige Prozentzahlen sind," so Sirota. Das zeuge davon, dass im tschechischen System der technischen Überwachung etwas nicht in Ordnung sei. Was genau das sein könnte, darüber wolle er allerdings nicht öffentlich spekulieren.

In Deutschland fallen beim TÜV jährlich 20 bis 25 Prozent der kontrollierten Personenautos durch, während in Tschechien es nur einstellige Prozentzahlen sind.

Igor Sirota, Pressesprecher des größten tschechischen Automobilklubs UAMK

Mit Tricks durch die Abgasprüfung

Ein Blick ins tschechische Internet reicht, um zu erfahren, wie man mit einem in die Jahre gekommenen Diesel beim tschechischen TÜV bestehen kann. So wird beispielsweise empfohlen, vor dem eigentlichen Messen der Abgase noch eine 30-Minuten dauernde Fahrt auf der Autobahn zu unternehmen, bei der die Drehzahl des Motors konstant über 3.000 Umdrehungen gehalten wird. Das führt zum Verbrennen eines Großteils der Partikel und somit zu wesentlich besseren Ergebnissen bei der Messung der Abgase. Wer das nicht tut, riskiert, dass bei einem alten und nicht extra vorbereiteten Diesel oft dichte dunkle Rauchschwaden aus dem Auspuff kommen, was natürlich nicht sein darf. Für viele alte Diesel-PKW ist dann schon Endstation bei der Prüfung.

Kritik am Vorgehen der Polizei

Die wenigsten Partikel scheidet ein warmer Dieselmotor aus. Das berücksichtigen auch die Verkehrspolizisten bei ihren mobilen Abgasmessungen. So werden die "verdächtigen" Dieselfahrzeuge beispielsweise oft nach längeren Steigungen aufgehalten, wenn deren Motoren gefordert sind. Im Falle von Problemen ist dann schon von Weitem sichtbar, dass etwas nicht in Ordnung ist, wie David Schön, einer der Pressesprecher des tschechischen Polizeipräsidiums, im Gespräch mit dem MDR erläutert: "Unsere Kollegen haben Erfahrung bei der Auswahl der Fahrzeuge, die Zwecks einer mobilen Kontrolle des technischen Zustands wie auch einer Kontrolle der Abgasnormen angehalten werden. Genauso wissen sie auch, wo sie eventuelle Verstöße gegen die Regeln am besten nachweisen können."

In verschiedenen Internet-Foren hagelt es seit geraumer Zeit Kritik an der Vorgehensweise der Polizei. Sie wird nicht selten als "unfair" bezeichnet und zwar deshalb, weil eben bei Diesel-Motoren erst nach ein paar Kilometern die richtige Betriebstemperatur erreicht wird und sich die Abgase erst dann in Richtung der Norm bewegen können. Das weisen die Polizisten von sich. Laut Polizeisprecher Schön wird erst dann mit der Messung begonnen, wenn alle vorgeschriebenen Voraussetzungen erfüllt sind, also auch die richtige Betriebstemperatur des Motors erreicht ist. "Seit Jahresbeginn haben wir auf dem Gebiet der gesamten Tschechischen Republik fast 300 Kontrollen unternommen und in 174 Fällen haben wir Verstöße gegen die Abgasnormen festgestellt."

Seit Jahresbeginn haben wir auf dem Gebiet der gesamten Tschechischen Republik fast 300 Kontrollen unternommen und in 174 Fällen haben wir Verstöße gegen die Abgasnormen festgestellt.

David Schön, Pressesprecher des tschechischen Polizeipräsidiums

Wie es aussieht, wird es für die mobilen Messstationen der Polizei auch in Zukunft viel zu tun geben. Diesel-Autos sind nämlich in Tschechien nach wie vor sehr beliebt, deren Markt-Anteil beträgt an die dreißig Prozent, Tendenz steigend. Einer der Gründe wird wohl der günstigere Preis für den Kraftstoff sein, wie auch ein immer noch sehr großes Angebot an gebrauchten Autos. Der schwarze Rauch von PKW, die in die Jahre gekommen sind, wird also aus dem Straßenbild Tschechiens nicht so schnell verschwinden.

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Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Heute im Osten | 14. September 2024 | 07:17 Uhr

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