Streit um Dreharbeiten für "Mission Impossible" Polen will alte Brücke nicht für Filmszene mit Tom Cruise opfern
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22. September 2020, 18:10 Uhr
Den ganzen Sommer lang sorgte das Thema in Polen für Aufregung: Tom Cruise sollte in der nächsten Folge von "Mission Impossible" eine der malerischsten Eisenbahnbrücken des Landes in die Luft sprengen. Doch das scheint nun vom Tisch zu sein - das 1905/1906 entstandene Bauwerk steht seit wenigen Tagen rechtsverbindlich unter Denkmalschutz.
Die alte Eisenbahnbrücke in der niederschlesischen Gemeinde Pilchowice ist 114 Jahre alt, hat zwei Weltkriege überstanden und war beeindruckende Kulisse in zwei polnischen Kinofilmen. Nun sollte sie wieder eine "Gastrolle" in einem Film bekommen - und zwar in der siebenten Folge von "Mission Impossible" mit Tom Cruise in der Hauptrolle. Die Dreharbeiten hätte sie aber höchstwahrscheinlich nicht überstanden. Für eine kurze Szene des Films sollte das alte Bauwerk in die Luft gesprengt werden.
Brückensprengung als Werbung für Niederschlesien?
Als die Pläne ruchbar wurden, ist in Polen heftiger Streit darüber entstanden. Anwohner, Industriekulturliebhaber und Denkmalschützer wollten die - zugegebenermaßen marode - Brücke nicht opfern. Und das obwohl die Warschauer Produktionsfirma Alex Stern, die für den polnischen Teil der Dreharbeiten für "Mission Impossible" zuständig ist, große Versprechen machte und die Sprengung des in die Jahre gekommenen Bauwerks als eine Wohltat für die gesamte Region darstellte: Die amerikanischen Filmemacher würden nämlich den Wiederaufbau der Brücke an gleicher Stelle finanzieren und sogar die Revitalisierung Eisenbahnstrecke großzügig unterstützen, die zu den malerischsten in Niederschlesien gehörte, bevor sie 2016 stillgelegt wurde. Die Filmszene mit Tom Cruise würde die Region zudem in der ganzen Welt bekannt machen und neue Touristenströme in die Region lenken, hieß es seitens der Produktionsfirma.
"Tom-Cruise-Brücke" unter Denkmalschutz
Dennoch formierte sich umgehend entschiedener Widerstand in der niederschlesischen Provinz. Als die Pläne der amerikanischen Filmcrew bekannt geworden waren, ersuchte die lokale Denkmalschutzbehörde das Kulturministerium, die historische Eisenbahnbrücke unter Denkmalschutz zu stellen. Mehr als 15.000 Menschen unterschrieben zudem eine Online-Petition für den Erhalt des Bauwerks. Der dazugehGegner der Brückensprengung spotteten, Tom Cruise möge doch statt ihrer alten niederschlesischen Eisenbahnbrücke lieber die Brooklyn Bridge in New York in die Luft sprengen und wieder aufbauen lassen.
Fakt ist: In Niederschlesien hat der Hollywoodstar inzwischen schlechte Karten, die "Tom-Cruise-Brücke" steht inzwischen unter Denkmalschutz. Ein entsprechender Beschluss ist vergangene Woche rechtskräftig geworden. Sollte die Brücke dennoch vorsätzlich zerstört werden, drohen den Beteiligten zwischen sechs Monaten und acht Jahren Gefängnis.
Tom Cruise muss andere Brücke suchen
Die Produktionsfirma soll dem Vernehmen nach bereits eine andere Brücke ins Auge gefasst haben, die Tom Cruise in der nächsten Folge von "Mission Impossible" in die Luft sprengen könnte - diesmal in der Region Großpolen, nahe des Dorfes Stobnica. Diese sieht zwar ähnlich aus, ist aber bei weitem nicht so spektakulär gelegen - sie überspannt lediglich einen nicht allzu breiten Fluss und ist damit auch deutlich kleiner.
Der Chef der Produktionsfirma äußerte sich in einem Zeitungsinterview mit der "Gazeta Wyborcza" verbittert über den rechtsverbindlichen Denkmalschutz. Die Brücke sei kein Baudenkmal gewesen, sie sei gezielt zu einem Baudenkmal erklärt worde, sagte er und verwies auf eine andere, ähnlich alte und nur fünf Kilometer entfernte Brücke, die nicht unter Denkmalschutz stehe und für die sich niemand interessieren solle. Es habe ein vernünftige, ruhige Betrachtung der gesamten Angelegenheit gefehlt, so der Filmproduzent weiter.
Stiftung erhebt Korruptionsvorwürfe
Der Chef einer Denkmalschutzstiftung, die sich in die Brückenrettung eingeschaltet hatten, hat aber schwere Geschütze aufgefahren: Piotr Lewandowski, Vorsitzender der Thesaurus-Stiftung ist davon überzeugt, dass die Produktionsfirma die Verantwortlichen bei der Bahn mit sieben Millionen Zloty (rund eineinhalb Millionen Euro) bestechen wollte, um die Zustimmung zur Brückensprengung zu erreichen, und hat deshalb Anzeige erstattet.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 05. August 2020 | 12:38 Uhr