Polnische Ostseeküste Urlaub in Polen: Warten auf deutsche Touristen

19. Juli 2020, 05:00 Uhr

Die Insel Wolin, Sopot mit seiner Seebrücke oder die Wanderdünen von Łeba – Polens Ostseeküste ist beliebt bei deutschen Urlaubern. Die wegen der Corona-Krise zeitweilig geschlossenen Grenzen sind seit 13. Juni wieder offen, es herrscht wieder Sommerstimmung – trotz Maskenpflicht. Doch noch fehlen die ausländischen Touristen.

Strand
Freie Platzwahl am Strand von Sopot. Bildrechte: Jacek Bieliński

Es ist deutlich entspannter als in anderen Jahren auf der Seebrücke von Sopot, der kleinen Nachbarstadt von Danzig. Rund zwei Millionen Urlauber besuchen eigentlich jedes Jahr die "Perle des Nordens", wie sie schon im 19. Jahrhundert genannt wurde. Nach dem Lockdown der vergangenen Monate sind nun die ersten Touristen wieder zurück, doch es sind vor allem Polen, die traditionell im eigenen Land Urlaub machen.

Die ausländischen Touristen, vor allem die Reisegruppen, fehlen fast komplett. Stadtführerin Joanna Kauder macht in einer normalen Saison eigentlich hunderte Führungen für deutsche Touristen. In diesem Jahr hat sie gerade einmal sieben Gruppen durch Sopot geführt. "Das ist für mich 99 Prozent weniger als ich sonst schon gehabt hätte seit März. Im vergangenen Jahr hatte ich teilweise in einem Monat zwei bis drei Tage frei. Und jetzt habe ich in einem Monat zwei bis drei Gruppen."

Und so warten neben den Stadtführerinnen auch die Verkäufer an den Souvenirständen auf Kundschaft. Neben den beliebten Magneten mit Ansichten von der Seebrücke gibt es aber auch in dieser Saison einen Verkaufsschlager, sagt Händler Marek Kniaziew: "Der Hit sind Windschutze, auf Polnisch Parawan, die das Abstand halten erleichtern."

Sommerurlaub mit Maskenpflicht

Joanna Glesner ist in Sopot geboren und aufgewachsen. Die Rentnerin genießt, dass nun das Leben auf die Straßen ihrer Heimatstadt zurückkehrt: "In den vergangenen Monaten habe ich die Monte-Cassino-Straße noch nie so leer gesehen. Die Strandeingänge und die Seebrücke, alles war gesperrt."

Doch mit ihren 65 Jahren gehört Joanna zur Risikogruppe und sorgt sich über die teilweise Unbekümmertheit der Leute. "Ich bin ein bisschen enttäuscht darüber, dass es mit den Öffnungen jetzt so schnell geht. Die Menschen halten den Zwei-Meter-Abstand nicht mehr ein und gehen ohne Maske in die Geschäfte. Ich weiß nicht, aber ich denke, das Virus kehrt wieder zurück."

Sopots stellvertretende Bürgermeisterin Magdalena Czarzyńska-Jachim beruhigt: Die Stadtverwaltung habe zahlreiche Vorkehrungen getroffen, um die Ausbreitung des Virus in der Sommersaison zu vermeiden. Hierzu gehören laut Jachim in den kommenden Wochen neben der verstärkten Kontrolle der Maskenpflicht in den Geschäften auch Informationskampagnen für Touristen.

Drei Frauen an einem Verkaufsstand.
Windschutze sind diese Saison der Renner an den Kiosken in Sopot. Bildrechte: MDR/Katarzyna Tuszynska

Welche Regeln gelten in Polen?

In ganz Polen besteht Maskenpflicht in Geschäften, dem Nahverkehr sowie Kirchen und öffentlichen Einrichtungen. Und wenn der in Polen geltende Zwei-Meter-Abstand nicht eingehalten werden kann, dann heißt es ebenfalls Maske tragen. In Restaurants und Cafés kann die Maske am Tisch dann abgelegt werden. Anders als in Deutschland sind in Polen Kinder nur bis vier Jahre von der Maskenpflicht befreit.

Ein Polizist spricht mit einem Radfahrer.
Fahrrad-Einheiten der Polizei kontrollieren die Einhaltung der Hygienevorschriften an der Promenade von Sopot. Bildrechte: MDR/Katarzyna Tuszynska

An den polnischen Ostseestränden gibt es in diesem Jahr zusätzliche Becken zum Händewaschen an den Strandeingängen. In Sopot hängen in jeder Umkleidekabine am Strand Spender mit Desinfektionsmitteln, ebenso in den öffentlichen Toiletten sowie in den Strandrestaurants und Strandbars. Und die Polizei kontrolliert die Durchsetzung der Hygienemaßnahmen.

Doch am Ende liege es bei jedem selber, die Regeln einzuhalten, sagt Magdalena Czarzyńska-Jachim, stellvertretende Bürgermeisterin von Sopot: "Es liegt an unserem gesunden Menschenverstand, Abstand zueinander zu halten. Weil wir dazu nicht erzogen wurden, wird es schwer, das zu erzwingen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir beispielsweise Menschen zählen, die den Strand betreten oder dass wir Zonen einrichten."

Eine Frau sitzt in einem Strandkorb und hebt die Daumen
Magdalena Czarzyńska-Jachim, stellvertretende Bürgermeisterin von Sopot, hofft noch auf eine gute Saison. Bildrechte: Jerzy Bartkowski

Mehr Freisitze und weniger Touristen

Gastronomen, die städtische Immobilien gepachtet haben, hat die Stadt von Mietzahlungen befreit. Um möglichst dieselbe Anzahl von Gästen im Außenbereich bewirte zu können, dürfen Restaurant und Bars ihre Sitze in den öffentlichen Bereich hinaus ausdehnen, für eine symbolische Pacht.

Stadtführerin Joanna Kauder macht ihren Job seit 15 Jahren. So eine Saison wie dieses Jahr hat sie noch nicht erlebt. Die Russen und die Amerikaner fehlen komplett in der Dreistadt, die Skandinavier, eine traditionell starke Reisegruppe, ebenso. Kreuzfahrtschiffe werden in diese Sommer gar keine mehr erwartet. Und die Deutschen?

Viele klene Verkaufsstände in einer Passage.
Nur wenige Touristen suchen derzeit nach Mitbringseln an den Verkaufsständen nahe der Seebrücke von Sopot. Bildrechte: MDR/Katarzyna Tuszynska

Deutsche fühlen sich sicher

Die Deutschen kommen langsam wieder, aber eher als Individualtouristen. Und Joanna wundert sich etwas über die deutschen Touristen, die schon wieder da sind: "Die Deutschen haben keine Angst, sie halten kaum Abstand, tragen keinen Mundschutz, höchstens im Hotel. Da gehe ich eher mehr auf Distanz. Die Deutschen sehen es sehr locker. Sie meinen, Corona zu bekommen, ist so wahrscheinlich, wie im Lotto zu gewinnen."

Für Joanna ist dieses Jahr so gut wie verloren. Denn die meisten Führungen wurden bereits um ein Jahr in die Saison 2021 verschoben. In der Zwischenzeit hält sich Joanna mit Online-Deutsch-Kursen über Wasser und freut sich über alle, die sich doch noch spontan zu einer Reise nach Polen entschließen.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 18. Juli 2020 | 07:20 Uhr

Ein Angebot von

Mehr aus Land und Leute

Mehr aus Osteuropa

Nachrichten

Soldaten der 24. Mechanisierten Brigade installieren Panzerabwehrminen und nicht explosive Hindernisse entlang der Frontlinie in der Nähe der Stadt Chasiv Yar. mit Audio
Soldaten der 24. Mechanisierten Brigade installieren Panzerabwehrminen und nicht explosive Hindernisse entlang der Frontlinie in der Nähe der Stadt Chasiv Yar. Bildrechte: picture alliance/dpa/Ukrainian 24th Mechanised Brigade via AP | Oleg Petrasiuk